Bragg 04 - Dunkles Verlangen
wollte sie alles tun, damit er endlich begriff, was für ein großartiger Mann er in Wahrheit war. Und genauso wichtig: Sie nahm sich vor, Vater und Sohn wieder zusammenzuführen.
Jane war glücklich. Erst jetzt fing alles für sie an – für sie selbst und den Earl, aber auch für die Kinder. Hier und heute begann für sie alle ein wundervolles Leben. Und die Dunkelheit würden sie hinter sich zurücklassen. jetzt galt es erst einmal, die von Liebe und Leidenschaft erfüllte Gegenwart zu genießen. Und danach erwartete sie eine Zukunft, die noch viel herrlicher zu werden versprach.
Der Nachmittag auf dem See verstrich unter Lachen und liebevollem Geplänkel nur allzu rasch. Als sie dann in der Kutsche mit dem Wappen des Hauses Dragmore heimfuhren, tat Jane es Chad gleich, der links von seinem Vater saß und eingeschlafen war. Sie legte den Kopf an Nicks rechte Schulter, und ihre Lider wurden immer schwerer. Der Earl streichelte ihren Arm, und sie nickte ein.
»Wir sind jetzt zu Hause«, sagte der Earl nach einer Weile in ihr Ohr. »Chad, aufwachen, mein Junge.«
Eine verschlafene Reisegesellschaft entstieg der Kutsche. Nicole, die in Janes Armen lag, fing – aus dem Schlaf geschreckt – an zu weinen, und Chad hielt seinen Vater bei der Hand.
Thomas erwartete sie bereits an der Tür, und Molly eilte sofort herbei, um Nicole entgegenzunehmen. Der Butler war schneeweiß im Gesicht.
»Thomas, was ist denn los?«, fragte der Earl besorgt.
Jane war inzwischen wieder hellwach und bemerkte, dass der stets so gefasste Thomas völlig außer sich war. Seine Augen waren so weit aufgerissen, als hätte er gerade ein Gespenst gesehen. »Euer Lordschaft«, rief er. »Ihre Frau.«
»Meine Frau?«, sagte der Earl und sah Jane an. Jane drängte sich plötzlich näher an ihn, spürte, dass Gefahr im Verzug war.
»Nicht Lady Jane«, stammelte Thomas atemlos. »Die andere.«
Der Earl sah ihn ungläubig an und kniff die Augen zusammen. »Rede kein dummes Zeug, Thomas«, sagte er.
»Doch, wirklich«, sagte Thomas. »Lady Patricia ist hier.«
»Was?«
»Sie ist hier – im Salon, und zwar lebendig, nicht tot.«
Und dann erschien eine blendend schöne blonde Frau hinter Thomas. Ihre ganze Erscheinung war so hoheitsvoll wie hochmütig. Mit einem Blick registrierte sie alles: Chad, Jane, Nicole und Molly, den Earl. »Hallo, Euer Lordschaft«, sagte sie kühl.
»Mein Gott«, stammelte Nick und starrte sie sprachlos an.
Auch Jane starrte die schöne Frau – seine Frau – ungläubig an. Und dann sank sie ohnmächtig zu Boden.
Kapitel 49
Bevor der Earl Jane vom Boden aufhob und mit ihr ins Haus eilte, bedachte er Patricia mit einem ungläubigen, hasserfüllten Blick. »Thomas«, brüllte er, »bring Tee und Whiskey und Riechsalz.«
Er stürmte in die Bibliothek, legte Jane dort wie ein kostbares Stück Porzellan auf das Sofa und strich ihr das Haar aus der Stirn. »Jane«, sagte er ganz leise und zärtlich. »Jane, wach auf.«
Obwohl er nichts hörte, verspürte er plötzlich ihre Feindseligkeit und Verachtung. Als er sich umdrehte, sah er seine erste Frau, die in der Tür stand und ihn bei seinen Bemühungen beobachtete. »Wie romantisch«, sagte sie.
»Du widerliches Weibsstück«, schleuderte er ihr entgegen und kümmerte sich dann wieder um Jane.
»Papa!« Chad kam mit bleichem Gesicht in den Raum gerannt, hinter ihm die Gouvernante Randall. »Was ist mit Jane? Ist sie tot?« Er fing an zu weinen, obwohl er sich mannhaft bemühte, die Tränen zurückzuhalten.
»Nein, sie hat nur einen kleinen Schwächeanfall«, sagte der Lord. »Chad, sei ein guter junge und gehe jetzt mit Miss Randall nach oben. Mach dir keine Sorgen, Jane ist bald wieder gesund. Geh jetzt lernen.«
Chad gestattete seiner Gouvernante widerstrebend, ihn bei der Hand zu nehmen. Er ging mit ihr aus dem Raum und drehte sich unterwegs immer wieder nach Jane um. Jane stöhnte. Der Earl streichelte ihre Wange und holte sie langsam in die Gegenwart zurück. »Wach auf, Liebling«, murmelte er. »Jane, wach auf.«
Thomas brachte ein Glas Whiskey herein. »Der Tee dauert noch einen Augenblick«, sagte er und reichte dem Earl das Glas. Von Patricia nahm der Butler hoheitsvoll keine Kenntnis.
Jane blinzelte und öffnete dann die Augen.
Der Earl half ihr, sich im Liegen etwas aufzurichten. »Du hast einen schweren Schock bekommen«, sagte er grimmig. »Das gilt für uns alle hier. Komm, trink das«, sagte er und führte das Glas an ihre
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