Bragg 04 - Dunkles Verlangen
als sie Patricia gesehen hatte. Es gab nur eine Antwort. Es sprach alles dafür, dass Patricia aus dem Reich der Toten zurückgekehrt war, um wieder die Rolle seiner Ehefrau zu übernehmen. Für Jane selbst blieb da nur die Rolle der Mätresse. Hatte Nicholas nicht selbst gesagt, dass er für sie »sorgen« würde? Jane wusste, dass sie Nicholas nicht einfach an eine andere Frau abtreten konnte, erst recht nicht an seine erste Liebe. Sie konnte und wollte nicht seine Mätresse sein, nachdem sie einmal seine Frau gewesen war. Sie ballte die Fäuste. Und das alles genau in dem Augenblick, da er gerade angefangen hatte, seine Liebe für sie zu entdecken.
»Hör doch bitte auf zu weinen«, sagte der Earl mit zittriger Stimme. »Sie ist im Augenblick ohnehin nicht hier, sie ist nach Clarendon gefahren. Hier wird sie auf keinen Fall wohnen, egal, was passiert.«
Jane sah ihn an, fasste ihn vorne an seinem Hemd. »Nicholas, schlafe bitte mit mir«, sagte sie verzweifelt. »Schlafe jetzt bitte mit mir – sofort.«
»Jane«, wehrte er vorsichtig ab.
Ihre Finger verkrallten sich in sein Haar. Sie zog seinen Kopf zu sich herunter und küsste ihn mit ihrer ganzen Verzweiflung, ihrer ganzen Liebe. Er setzte sich nicht mehr zur Wehr, ließ sich sogar von ihr anstecken, sich von ihr entflammen. Jane zog ihn auf sich, riss an seinem Hemd, bis die Knöpfe davonflogen. Er küsste sie leidenschaftlich, betastete ihre Brüste.
Es war das letzte Mal, das wusste sie ganz genau.
»Komm zu mir«, schrie sie und biss ihn in die Lippe. »Komm zu mir, Nicholas, jetzt sofort!«
»Jane!«
Mit bebenden Händen öffnete sie seine Hose, schob sie nach unten, entblößte seine mächtig angeschwollene Männlichkeit. Der Earl atmete scharf ein, als sie ihn in den Hals biss, mit den Fingernägeln tiefe Spuren in seinen Rücken grub. »Nicholas!«, schrie sie weinend.
Er schob ihre Röcke hoch und drang in sie ein. Und dann vermählten sie sich in leidenschaftlicher Verzweiflung, wurden eins, während sich ihre Tränen auf ihren Wangen vermischten. Und als es vorbei war, konnte Jane nicht mehr weinen, weil sie restlos leer war.
Der Earl streichelte ihr Gesicht und ihr Haar, hielt sie eng umschlungen. »Wir finden eine Lösung«, sagte er wieder.
Sie versuchte zu lächeln, konnte es aber nicht.
Kapitel 50
Der Earl hatte seinen Anwalt um einen Besuch gebeten. jetzt stand er bedrückt und nervös in seinem Arbeitszimmer und konnte sich einfach nicht beruhigen. Er ging erregt in dem Raum umher. Diese verdammte Frau! Wäre sie doch nur tot, dachte er. Allein der Gedanke an Patricia brachte ihn zur Weißglut.
Er hörte, wie Jane Thomas draußen in der Halle bat, eine Kutsche kommen zu lassen. Der Earl rannte sofort zur Tür und blieb dort stehen. Sie hob den Kopf und sah ihn an.
Sein Blick galt nicht ihr, sondern dem Schrankkoffer, der in der Halle stand, und das Blut wich nicht nur aus seinem Gesicht, sondern aus seiner Seele.
»Ich kann hier nicht bleiben, Nicholas«, sagte Jane ruhig.
Er sah sie verwirrt an. »Dann willst du mich also verlassen?«
»Es ist besser, wenn ich in die Gloucester Street zurückkehre«, sagte sie mit bebenden Lippen.
»Du darfst aber nicht gehen.«
»Ich kann hier nicht bleiben«, rief sie, noch bleicher als er. »Ich bin nicht mehr deine Frau, Nicholas, oder hast du das vergessen?«
Der Schmerz war grausam. »Jane, ich habe dir doch gesagt, dass wir eine Lösung finden.«
»Oh ja«, sagte sie verbittert. »Sicher gibt es eine Lösung! Eine ganz nahe liegende sogar.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Trotzdem ist sie deine Frau, und ich kann hier nicht bleiben.«
»Bitte gehe nicht«, sagte er heiser.
»Denk doch mal nach. Denk doch nur an die Kinder. Wir können sie doch nicht schon wieder in einen Skandal hineinziehen, Herrgott!« Ihr Mund zuckte unkontrolliert, während Tränen aus ihren Augen stürzten.
Wäre es nur um ihn selbst gegangen, hätte ihn ein weiterer Skandal nicht geschreckt. Doch er musste jetzt an Jane und an die Kinder denken, sie schützen. Tatsächlich wäre es in den Augen der Gesellschaft ein eklatanter Verstoß gegen alle Regeln des Anstands und der Sitte gewesen, wenn Jane nach Patricias Rückkehr aus dem Reich der Toten in seinem Haushalt geblieben wäre. Aber auch dieses Argument vermochte seinen unerträglichen Schmerz nicht zu lindern.
»Ich … ich gehe jetzt besser«, sagte Jane in die Stille hinein. Der Earl schwieg. Er sah, wie sie wegging, und staunte
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