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Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Titel: Bragg 04 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
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ein Herz und trat ein. Doch sie war ganz allein in dem Raum.
    Was für eine Erleichterung. Was für eine Enttäuschung.
    Auf dem Sideboard standen zugedeckt noch die vorgewärmten Servierschüsseln und -platten. Sein Platz am Tisch war leer. Auch der Teller war nicht mehr da, nur das benutzte Besteck lag noch achtlos hingeworfen auf dem weißen Tischtuch. Jane konnte ihn fast körperlich spüren, zumindest bildete sie sich das ein. Für sie war kein Gedeck aufgelegt. Kurz entschlossen steuerte sie die Küche an, wo wohl ein Dutzend Bedienstete herumalberten. Auf einer schmierigen Arbeitsfläche lag bereits das Fleisch, das man dem Earl offenbar als Mittagessen vorzusetzen gedachte. Die Lammkeule war nicht einmal eingewickelt. Jane sah sich angewidert um. Die Spüle war mit schmutzigen Töpfen voll gestellt. Der Boden war völlig ungepflegt. Die ursprünglich einmal weißen Wände hatten einen hässlichen Grauschleier und hätten dringend einen frischen Anstrich gebraucht.
    »Mylady, kann ich etwas für Euch tun?«, fragte Molly. Jane sah sie lächelnd an.
    »Ja, würdest du mir bitte im Frühstückszimmer ein Gedeck auflegen. Ich werde dort nämlich« – sie zögerte – »in Zukunft das Frühstück einnehmen.« Natürlich wollte sie alle Mahlzeiten gemeinsam mit ihm einnehmen. Doch vielleicht war es besser, dieses Ziel Schritt für Schritt anzusteuern. »Molly, warum kümmert sich eigentlich niemand darum, dass die Arbeitsflächen regelmäßig gereinigt werden?«
    »Wie bitte, Mylady?«
    »Wer hat hier die Verantwortung?«, fragte Jane würdevoll.
    »Hier, ich«, sagte ein rundlicher Mann in der weißen Uniform des Küchenchefs. Er sah sie mit leuchtenden Augen an. Solch ein engelsgleiches Geschöpf hatte der gute Mann in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. »Ich heiße Frankel, Mylady.«
    »Frankel …« Sie suchte nach den richtigen Worten. »Würden Sie diese Lammkeule dort drüben bitte den Hunden vorwerfen und Seiner Lordschaft zum Mittagessen etwas anderes servieren?« Sie sah ihn lächelnd an. »Wie wäre es, wenn Sie die Arbeitsflächen reinigen lassen, bevor Sie mit dem Kochen anfangen?« Sie hielt inne, wusste nicht recht, ob sie ihn gekränkt hatte. Dann sah sie ihn wieder mit einem herzlichen Lächeln an. »Ich glaube, in dieser Küche fehlt eine Frau.«
    »Ganz recht, Mylady!«, pflichtete Frankel ihr inbrünstig bei. Die beiden sahen sich strahlend an.
    »Bereiten Sie jetzt bitte zuerst das Mittagsessen für den Earl. Wenn Sie damit fertig sind, lassen Sie bitte sämtliche Arbeitsflächen und Schränke gründlich putzen und sorgen Sie bitte dafür, dass die Küche mal ausgefegt und nass gewischt wird. Und – was noch wichtiger ist: Lassen Sie die Töpfe und Pfannen gründlich reinigen.« Mein Gott, was es in dieser Küche alles zu tun gab. Allerdings musste sie die Arbeiten persönlich beaufsichtigen, alles andere hatte ohnehin keinen Sinn. »Fehlt es etwa an Personal?«, fragte sie arglos, obwohl sie ganz genau wusste, dass es daran nicht lag.
    »Nein, Mylady.« Frankel gab den Küchenhelfern Anweisungen. Er strahlte vor Vergnügen: ein General, der seine Armee vor einer großen Dame exerzieren lässt. Jane hatte keine Sekunde daran gezweifelt, dass man ihren Befehlen Folge leisten würde. Für sie war es völlig normal, dass ihr Lächeln, ihre Schönheit und ihr angenehmes Wesen andere Menschen augenblicklich für sie einnahmen.
    Molly stand immer noch unschlüssig da. Sie beobachtete skeptisch, wie Jane ihre Anweisungen gab. Jane sah sie neugierig an. »Mylady«, sagte Molly, »ist das mit Seiner Lordschaft abgesprochen?«
    Eine leichte Röte huschte über Janes Wangen. »Seine Lordschaft hat gewiss nichts dagegen einzuwenden.«
    Molly sah sie zweifelnd an.
    Anschließend ging Jane wieder ins Frühstückszimmer und wartete dort auf das Gedeck, das Molly ihr bringen sollte. Und dann tauchte er plötzlich wie eine Erscheinung vor ihr auf.
    Er ritt auf einem herrlichen Pferd im vollen Galopp draußen vor den großen Bogenfenstern um die Ecke. Im Galopp. Und dann ging es im vollen Galopp über die herrlichen, perfekt gepflegten Rasenflächen. Rasenfetzen und Erdklumpen spritzten gegen die Fensterscheiben. Sein Hengst war schwarz wie der Teufel. Der Earl ritt ohne Sattel. Rappe und Reiter schienen zu einem Wesen verschmolzen: einer geisterhaften Kreatur, einem Centaur vielleicht, einem rätselhaften mythischen Wesen. Der Earl galoppierte mit einem höllischen Tempo davon. Er hinterließ eine Spur

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