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Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Titel: Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Haenni
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Hattest du am Bahnhof auch Schwierigkeiten, ein Taxi zu erwischen?«, will sie sich weiter informieren.
    Ich erröte leicht. »Eigentlich nicht.«
    »Machst du hier Ferien?«, setzt sie ihre Fragerei fort. »Zum Baden?«
    »Ja, auch. Das habe ich für morgen vorgesehen. Im Friedrichsbad«, antworte ich.
    »Hat dort nicht der amerikanische Schriftsteller Mark Twain Inspiration gesucht und Transpiration gefunden?«, fragt sie.
    »Stimmt, das habe ich auch irgendwo gelesen. Dazu ist sogar ein Zitat überliefert: ›Here at the Friedrichsbad you lose track of time within 10 minutes and track of the world within 20.‹ «
    Ellen lacht und läßt damit offen, ob sie den Spruch besonders witzig findet oder bloß an seiner Übersetzung scheitert.
    »Und was tust du hier, Ellen«, frage ich, als hätte ich selbst bereits erschöpfend Auskunft gegeben.
      »Ich mache Abklärungen zu Johannes Brahms«, antwortet sie.
    Hab ich’s doch geahnt! Dass sie mir so leichthin die Wahrheit sagt, überrascht mich allerdings. Neugierig hake ich nach: »Was sind das für Abklärungen?«
    »Weißt du, Hanspudi …« Sodann unterbricht sie sich selbst, um abrupt das Thema zu wechseln. »Entschuldige. Ich merke gerade, dass ich mit dem Hanspudi Mühe habe. Hast du etwas dagegen, wenn ich dich wieder Hanspeter nenne?«
    Ich bedaure ihren Themawechsel und verneine. »Nein, kein Problem.«
    » Hanspudi tönt in meinen Ohren nach Pudel oder Bauch«, entgegnet sie.
    »Erhebst du damit Anspruch auf deinen vollen Namen, Eleonore?«
    »Nein, nein. Ellen ist okay.«
      Zum Kaffee gibt’s Panna cotta an pfeffriger Himbeersauce. Eine kleine Sünde auf einem riesigen Dessertteller. Ein großer Abend, was das Kulinarische anbelangt. Ein Flop hingegen, was das Geheimnis um Ellens Mission betrifft. Nicht das Geringste habe ich ihr entlocken können. Leider habe ich sie auch nicht dafür gewinnen können, mich ins Thermalbad zu begleiten. Dabei herrscht morgen doch gemischter Betrieb!

     
    *

     
    Am zweiten Tag meines Aufenthalts besuche ich Mirós Murmeltier und das weiße Haus dahinter.
    Über interne Rampen durchquere ich eine offene Folge von hellen Ausstellungsräumen. Das gefilterte Tageslicht beleuchtet variantenreich die kostbaren Exponate. Selbst die Toiletten hinter dem Museumsshop lohnen eine Visite. Der Bau erinnert an das Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona. Eine gute Erinnerung. Wieso sollte ein Stararchitekt wie Richard Meier seine bewährten Sterne nicht an verschiedenen Orten funkeln lassen? In der Malerei garantiert Repetition den wiedererkennbaren Stil. Er wird vom breiten Publikum gesucht. Die Freude am Wiedererkennen scheint dem Entdeckergeist überlegen.
    Anschließend locken die Thermalquellen am Fuße des Schlosshügels. Das Friedrichsbad beeindruckt mit pompösem Portal und großzügiger Eingangshalle. Umso beengender wirken danach die modernen Umkleidekabinen. Ich absolviere einen Badeparcour über 16 Stationen. Splitternackt. Dampf- und Sprudelbäder, Tauchbecken sowie Massagen sorgen für maximale Entspannung. In den Becken tümpeln auffallend viele Asiaten. Bleiche Japanerinnen mit rasierter Scham hüpfen unter reich verzierten Kuppeln von Wanne zu Wanne. Das größte Becken unter der schönsten Decke ist leider mit unangenehm kaltem Wasser gefüllt. Statt mich lang darin zu räkeln und mit dem Kopf im Nacken die gold- und bronzefarbenen Rocailles zu bewundern, fliehe ich in das kniehohe Nass eines handwarmen Sprudelbads. Alle paar Minuten durchquert eine gestrenge Aufsichtsperson in weißer Bekleidung die vernebelten Räume. Es herrscht, abgesehen von den Wassergeräuschen, absolute Stille, klinische Sauber- und Anständigkeit. Die Japanerinnen vermeiden jeglichen Blickkontakt. Sie verzichten glücklicherweise auch auf das mädchenhafte Gekicher, das bei andrer Gelegenheit nervt.
    Ich genieße die Unterwassermassage der Luftdüsen und ergebe mich einem mäandrischen Gedankenfluss. Wäre die Sache am Florentinerberg nicht geschehen, erinnerten die letzten Tage an Urlaub. Nicht zu vergessen die kulturellen Höhepunkte oder die überaus erfreuliche Begegnung mit Eleonore Günther. Leider reist sie bereits heute in die Schweiz zurück. Ihre unverhoffte Eile hat mich überrascht. Es sei von Beginn weg so geplant gewesen, hat sie sich entschuldigt. Sie hat mich mit einem baldigen Wiedersehn in Thun vertröstet.
    Abgeschlossen wird die feuchte Tour im Friedrichsbad in einem kreisrunden Ruheraum. Hier herrscht

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