Braig & Neundorf 12: Schwabenehre
Firma Göttler«, erklärte der Wissenschaftler, »Sie sind informiert, was dort produziert wird?«
»Na ja«, Braig rang um die korrekte Formulierung, »Sensoren zur Steuerung von Antriebssystemen, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Da erinnern Sie sich richtig, ja. Sensoren in Miniatur- und Mikroausführung zur Steuerung von Antriebssystemen. Nach allem, was ich von Schmiedle erfahren habe, ist die Firma technologisch absolut führend, weltweit. Die liefern die ausgefeiltesten Produkte, die Sie sich vorstellen können. Und wissen Sie, wen sie in großem Umfang damit beliefern?«
Der Kommissar musste nicht lange überlegen, zu verstehen, worauf sein Gesprächspartner abzielte. »Sie sprechen von Firmen der Waffenindustrie?«
Maurer nickte, trommelte mit seinem rechten Zeigefinger auf den Schreibtisch. »Alles, was Rang und Namen hat. Die sind ganz heiß auf Göttlers Sensoren. Und das Know-how, das dahintersteckt. Äußerst heiß sogar, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Das Zeug ist hochbrisant. Die Firma und mehrere ihrer führenden Mitarbeiter wurden schon des öfteren unter Druck gesetzt.«
»Unter Druck gesetzt? Was wollen Sie damit sagen?«
»Sie wurden bedroht und erpresst.«
»Erpresst?« Braig warf seinem Gegenüber einen überraschten Blick zu. Wovon sprach der Mann? Wollte er sich wichtig machen? »Wer wurde erpresst?«
»Wer? Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Sie müssen schon in der Firma selbst vorsprechen. Ich kann Ihnen nur das wiedergeben, was ich von Schmiedle selbst hörte: Da sind wieder irgendwelche Erpresser am Drücker, erklärte er mir vor ein paar Wochen. Damals habe ich dem keine Bedeutung geschenkt. Jetzt sieht das aber ganz anders aus, meinen Sie nicht?«
17. Kapitel
Mario Aupperle war erst vor zwei Monaten zum Landeskriminalamt gewechselt. Der kleine, drahtige, von seinen jahrelangen Besuchen in verschiedenen Fitnessstudios und daheim im Keller betriebenen privaten Krafttraining unübersehbar gestählte Mann hatte nach seinem mit etwas Mühe errungenen Abitur in Rottenburg am Neckar und den darauf folgenden Monaten bei der Bundeswehr die vier Jahre in Anspruch nehmende Ausbildung des gehobenen Dienstes bei der Landespolizei Baden-Württembergs durchlaufen, die ersten eineinhalb Jahre als Einführung in sämtliche Polizeidienste in Rottweil und Tuttlingen, die restlichen zweieinhalb Jahre als Student an der Fachhochschule in Villingen-Schwenningen. Danach hatte es ihn als Kommissarsanwärter an die Dienststelle in Trossingen verschlagen, nicht allzu weit von seinem Elternhaus in Rottenburg entfernt.
Trossingen, das alte Musikstädtchen am südlichen Rand des Landes, atmete Ruhe und Gemütlichkeit in allen Winkeln. Hier zu leben war der Traum eines jeden Pensionärs und Rentners, die den Anblick des Türmles wie des nahen Albtraufs schätzten und mit einem weitgehend stressfreien und beschaulichen Dasein zufrieden waren. Für einen lebenslustigen jungen Mann von gerade einmal neunundzwanzig Jahren wirkte diese Gemütlichkeit und Behäbigkeit auf Dauer aber einschläfernd und ermüdend. Zwar hatte sich Aupperle privat wie beruflich auffallend oft in der Nähe der vor allem von weiblichen Studenten besuchten Musikhochschule aufgehalten und die attraktivsten Bekanntschaften dann ins Canapee oder ins Ben Venuto ausgeführt, war in der wärmeren Jahreszeit auch mit einigen der Damen ins doch recht frische Wasser des Naturfreibads getaucht, insgesamt jedoch hatte sich sein Eindruck nicht verflüchtigt, an Lebensjahren noch nicht weit genug fortgeschritten für diese provinzielle Idylle zu sein.
Irgendwann jedenfalls hatte er die meisten jungen Frauen Trossingens, auch einen Teil der heranwachsenden Weiblichkeit Rottweils, Tuttlingens und Villingen-Schwenningens kennengelernt, in der ein oder anderen Weise kontaktiert und etliche von ihnen – wie er das persönlich einschätzte – mit seiner individuellen Zuwendung beglückt, die sich bei etwas zögerlicher Reserviertheit der jeweiligen Frau auf psychischer Ebene, in sehr vielen Fällen aber durchaus in intensiven physischen Aktivitäten realisiert hatte. Trotz aller genussvollen Momente und faszinierenden Begegnungen hatte er jedoch keinen inneren Drang verspürt, sich auf eine einzige all der vielen wohlduftenden Blüten zu konzentrieren, war stattdessen der Verlockung verfallen, in anderen Regionen nach ähnlichen Schätzen zu suchen.
Die Chance, einen wenn auch vorerst auf
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