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Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Titel: Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Menge Maultaschen produziert und verkauft werden. Wahrscheinlich war ein Großteil der Einwohner Geigelfingens bei der Firma beschäftigt, hing das wirtschaftliche Wohl und Wehe des Ortes weitgehend von der Prosperität des Familienbetriebs ab. War es den Brüdern nicht gelungen, sich auf einen gemeinsamen, die aktuellen Probleme bewältigenden Weg zu einigen?
    »Die beiden Herren sind sich nicht einig, wie die Firma weiter betrieben werden soll?«, brachte er seine Vermutung zum Ausdruck.
    Maria Sälzle ließ einen lauten Seufzer hören. »Sie gebet koi Ruhe, oder?«
    »Es gehört zu meinem Beruf, keine Ruhe zu geben.«
    »Bin i froh, dass i et bei de Kriminaler bin.«
    Braig ließ sich nicht beirren. »Wie sehen die Differenzen aus?«, beharrte er.
    »Was soll i da sage? Mir wisset halt et, ob mir allein noch a Chance hent.«
    »Was heißt das? Die Firma soll verkauft werden?«
    »Hano ja, darüber gibt es halt Streit.« Sie hielt inne, drückte erschrocken ihre linke Hand auf den Mund. »Also et, dass Sie jetzt denket«, versuchte sie, ihr letztes Wort aus der Welt zu schaffen, »die beide Herre hättet …«
    Doch, überlegte er, genau das denke ich. Ein Freud’scher Versprecher, es war ihr herausgerutscht, bevor sie ihren Redefluss hatte bremsen können. Und er hatte die Genugtuung, an der richtigen Stelle angesetzt zu haben. Es gab Streit zwischen den Brüdern, Streit darüber, ob die Firma verkauft werden sollte oder nicht. An wen auch immer. Streit um das gemeinsame Erbe. Auseinandersetzungen um den Besitz, das Einkommen. Ein uraltes Motiv für Mord und Totschlag. Eine geradezu klassische Wurzel unzähliger Verbrechen. Er musste dranbleiben, die Hintergründe aufdecken. Vielleicht befand er sich schon auf der richtigen Spur. »Wer will die Firma kaufen? Es gibt Interessenten?«, fragte er.
    Die Frau winkte nervös mit beiden Händen ab. »Das dürfet Sie mi et frage. Die kommet aus Italien. Ein großer Konzern. Gegen die hent mir keine Chance.«
    »Aber einer der Herren ist nicht damit einverstanden.«
    »Der Michael«, erklärte Maria Sälzle, »der will das et. Aber der Christian …“ Sie verstummte, wandte den Kopf zur Seite, winkte mit beiden Händen ab. Braig sah die Tränen, die aus ihren Augen perlten.
    Christian Fitterling, der Mann, der in dieser Nacht ums Leben gekommen war, hatte die Maultaschenfabrik also verkaufen wollen, soviel hatte er verstanden. Ganz im Gegensatz zu seinem Bruder. Was auch immer die Beweggründe dafür waren. Das schnelle Geld zu machen? Das sinkende Schiff noch rechtzeitig zu verlassen, bevor es vollends abgesoffen war? Vielleicht war die Firma schon so verschuldet, dass es gar nicht mehr viele Gelegenheiten gab, noch Gewinn aus ihrem Verkauf zu schlagen?
    Er musste die finanzielle Situation des Unternehmens genau überprüfen, um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, Michael Fitterling zudem befragen, weshalb er mit der Veräußerung des Unternehmens nicht einverstanden war. Weil er einen anderen Weg aus der schwierigen Situation zu kennen glaubte? Oder weil er der Auffassung war, dass man familiäres Erbe, mühsam aufgebauten Besitz nicht gerade so mir nichts dir nichts – und sei es auch noch so gewinnversprechend – aus den Händen gab?
    »I kann es et verstande«, erklärte Maria Sälzle, »ausgerechnet jetzt, wo der Christian endlich wieder a neues Glück gfunde hat.«
    Braig, aus seinen Gedanken gerissen, suchte den Sinn ihrer Aussage zu ergründen. »Von welchem Glück sprechen Sie?«
    »Hano ja, die Eva, seine neue Frau.«
    »Herr Fitterling ist frisch verheiratet?«
    Seine Gesprächspartnerin wedelte mit ihrer Rechten abwehrend durch die Luft. »Noi, das net. Aber sie sind zueinander zoge, endlich, vor zwei Monat. Seit seiner Scheidung hat er nichts Festes mehr gehabt.«
    »Er war dabei, eine feste Beziehung einzugehen.«
    »Wenn Sie das so formuliere wollet, ja. Und neulich hat er auch vom Heirate gsproche. Zum ersten Mal wieder.«
    »Bisher war davon nicht die Rede?«
    »Seit seiner Scheidung vor über fünf Jahren et mehr, noi. Er hat einfach et den Mut zu einer neuen Verbindung aufbracht.« Sie hob wie zur Entschuldigung für das Verhalten ihres Vorgesetzten die Hände, schob die Unterlippe nach oben. »Obwohl es mi ja nix angeht, et wahr«, fügte sie dann hinzu.
    Braig wollte sich gerade eingehender nach dem Privatleben des Getöteten erkundigen, als es an der Tür klopfte und ein kleiner, auffallend gut angezogener Mann das Büro betrat. Er grüßte,

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