Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer
hat mein Alter ihm …?«
Aupperle verstand nicht, worauf ihre Frage zielte, sah der Bedienung hinterher, die mit wippenden Hüften zu einem Nachbartisch eilte. Knackiges Hinterteil, überlegte er, aber mit den Kurven der Tussi an meinem Tisch kann sie nicht mithalten. Er musterte die drahtigen Fesseln der Frau, wandte seinen Blick erst ab, als er die Frage seiner Gesprächspartnerin hörte.
»Er hat ihm die Fresse poliert, wie?«
»Die Fresse poliert?« Aupperle wusste nicht, von wem und von was die Rede war. »Wer hat wem die Fresse poliert?«
»Na, Sie haben doch mit Fitterling angefangen, nicht ich.«
Er wandte den Kopf zur Seite, um der Rauchwolke ihrer Zigarette auszuweichen, die geradewegs auf ihn zuschwebte, hörte die Stimme einer fremden Frau.
»Hallo. Was darf ich Ihnen bringen?«
Aupperle sah auf, blickte der Bedienung mitten ins Gesicht. Sie hatte seiner Gesprächspartnerin ein Glas Wasser serviert, war jetzt ganz auf ihn konzentriert. Ein hübsches, junges, kaum zwanzig Lenze zählendes Ding. Muntere, dunkle Augen, volle, rote Lippen, in der oberen Körperhälfte – soweit erkennbar und nicht push-up-mäßig vorgetäuscht – ganz gut bestückt. Oder trug sie gar nichts darunter?
Er schaute genauer hin, konnte sich nicht zu einem endgültigen Urteil entschließen. Seltsamer Stoff. Hatten sich doch sonst nicht so, die meisten Weiber. Blickdicht. Fast jedenfalls.
»Ja, was denn jetzt?«
»Ach so, ein großes Cola«, sagte er. »Coca, nicht Pepsi. Mit Eis.« Was sonst wohl? Doch kein Bier bei der Hitze!
Er sah ihr zustimmendes Nicken, widmete, als sie davonlief, seine Aufmerksamkeit erneut ihrem knackigen Hintern. Ob die solo war? Oder wenigstens willig, einer neuen Begegnung nicht abgeneigt?
»Mein Gott, ziehen Sie das Mädchen doch gleich komplett aus«, maulte es hinter der Qualmwolke. »Ist die nicht etwas zu jung für Sie?«
Aupperle wedelte sich die Sicht auf den Tisch wieder frei, versuchte sich zu konzentrieren. Zu jung für ihn? Was bildete die Tussi sich eigentlich ein? Die war doch nur eifersüchtig, weil er offen zu erkennen gab, dass außer ihr noch andere weibliche Wesen existierten. Eingebildete Zicke, dämliche. »Christian Fitterling«, sagte er laut. »Ihr ehemaliger Freund.«
»Mein Gott, wollen Sie nicht gleich ein Megaphon benutzen, damit es ja der gesamte Marktplatz hört?« Sie nahm einen kräftigen Zug von ihrer Zigarette, blies den Rauch in seine Richtung. »Hat mein Alter ihm jetzt die Fresse poliert, ja oder nein?«
Aupperle wurde hellhörig. »Ihr Alter? Sie sind verheiratet? Weshalb sollte er das tun?«
Seine Gesprächspartnerin schüttelte den Kopf. »Sie haben wohl überhaupt keinen Durchblick, wie?«
Er versuchte, den Rauch zur Seite zu pusten, nahm die Frau ins Visier. »Was ist mit Ihrem Mann? Er weiß von Ihrer Beziehung zu Fitterling?«
Vanessa Reuter brach in ein solch lautes Gelächter aus, dass die beiden jungen Männer am Nachbartisch überraschte Blicke zu ihr herwarfen. »Mein Gott, jetzt packen Sie doch endlich aus! Was wollen Sie mit Fitterling?« Sie hatte Mühe, sich zu beruhigen, hustete kräftig.
Ihr aggressives Gehabe nervte ihn zusehends. »Er ist tot«, antwortete er deshalb kurz und knapp, seine Gesprächspartnerin aufmerksam fixierend.
»Wie bitte?« Das Lachen erstarb ihr binnen einer Sekunde. »Fitterling?« Sie starrte ungläubig zu ihm her.
Aupperle nickte.
»Wie? Ein Unfall?« Die Zigarette war ihr aus der Hand gefallen, qualmte auf dem Boden vor sich hin. Sie schien es nicht zu bemerken.
»Mord«, sagte er.
Die Frau erstarrte, so kam es ihm vor, zur Statue, verharrte für Sekunden in derselben steifen Pose. Sie stierte zu ihm über den Tisch, blankes Entsetzen in der Miene.
War das gespielt? Er wusste es nicht.
»Hier ist Ihr Salat.« Die junge Bedienung ließ den kleinen Teller samt Serviette und Besteck vor ihr nieder, wünschte ihr einen guten Appetit.
Vanessa Reuter schien langsam wieder zum Leben zurückzufinden. »Fitterling«, zischte sie. »Scheiße.« Sie wartete, bis die Bedienung gegangen war, warf ihm einen prüfenden Blick zu. »Aber Sie wollen mir jetzt nicht erklären, dass das mein Alter war?«
»Das wissen Sie besser als ich«, gab er zur Antwort.
Sie fand keine Zeit, sich auf ihren Salat zu konzentrieren, behielt ihr Gegenüber im Blick. »Ich? Wo ich mich die ganze Zeit vor ihm verstecke? Sie haben Humor.«
»Sie verstecken sich vor Ihrem Mann? Weshalb?«
Die Frau griff nach der Serviette, wickelte
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