Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer
die Gabel aus der Umhüllung, stocherte im Salat. »Ihr seid doch ein seltsamer Verein«, brummte sie. »Bei euch weiß anscheinend die rechte Hand nicht, was die linke gerade tut.«
Aupperle musterte die Wunde auf ihrer Wange, benötigte nicht lange, zu verstehen. »Sie stehen unter Polizeischutz?«
Vanessa Reuter schob sich ein Salatblatt in den Mund, kaute langsam. »Schutz?«, maulte sie. »Dafür habt ihr doch viel zu wenig Leute. Wurde mir jedenfalls so erzählt.«
»Was ist mit Ihrem Mann?« Er sah die Bedienung zum Tisch kommen, lächelte der jungen Frau zu, bedankte sich für das Glas, das sie vor ihm abstellte.
»Er hat mich erwischt«, nuschelte sein Gegenüber. Sie hatte sich eine kleine Portion Selleriesalat in den Mund geschoben, kaute. »Als ich mit Christian aus dem Hotel kam.«
Aupperle trank von seiner Cola, wartete auf weitere Erklärungen.
»Ich hatte keine Ahnung, dass er mir hinterherspioniert. Aber er musste seit Wochen davon gewusst haben.«
»Sie trafen sich mit Fitterling in einem Hotel?«
»Manchmal.« Sie stocherte in ihrem Salat, stippte ein grünes Blatt auf die Gabel. »Je nachdem, wie wir gerade Lust hatten.«
»Wie lange ging das?«
Vanessa Reuter schaute von ihrem Teller auf, warf ihm einen gereizten Blick zu. »Fast zwei Jahre«, zischte sie.
»Fast zwei Jahre?« Er verharrte mitten in seiner Bewegung, mit der er das Glas erneut an den Mund führen wollte, schaute seine Gesprächspartnerin mit überraschter Miene an. »So lange?«
Sie legte die Gabel samt dem grünen Salatblatt zurück auf den Teller, starrte angestrengt zu ihm her. »Wir wollten zusammenziehen«, erklärte sie mit schrillem Unterton. Ihre Augen schienen ihn zu durchbohren.
»Aber dann hatte er plötzlich kein Interesse mehr«, warf er ein.
Sie konnte sich die Antwort sparen, ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Der Hass auf den Mann drang ihr aus allen Poren.
Mein Gott, die war es, überlegte er. Die ist dermaßen in Rage, dass sie sich kaum noch auf ihrem Platz halten kann. Die hat den Kerl von der Straße gefegt. Die Trennung von ihm war zu viel. Das ist ihr wunder Punkt. »Haben Sie ihn deshalb die Geigelfinger Steige hinuntergestürzt?«
»Die Geigelfinger Steige?« Sie starrte ungläubig zu ihm her, lachte laut los. »Dort ist es passiert?« Den Kopf schüttelnd packte sie ihre Gabel, schob sich das Salatblatt in den Mund. »Das ist gut«, sagte sie lachend und kauend, »das ist wirklich gut.«
»Was soll daran gut sein?«
Vanessa Reuter holte sich die nächste Portion, ließ sie sich schmecken. »Er ist eine der Serpentinen hinunter …« Sie verschluckte den Rest des Satzes, schnaubte laut. »Das ist gut.«
Er merkte, dass sie ins Reden kam, trank von seinem Glas. Es schmeckte süß und süffig, war genau richtig temperiert, gerade so, wie er es liebte.
»Er raste immer wie ein Verrückter in die Kurven, bremste erst in letzter Sekunde. Und dann ergötzte er sich an meinem ängstlichen Gesichtsausdruck, wenn es mal wieder gerade noch gereicht hatte. Je lauter ich schrie, je mehr ich in Panik geriet, desto besser fühlte er sich. Wie ein pubertierender Teenie.«
»Haben Sie es deshalb dort getan?« Aupperle wischte sich die Reste der klebrigen Flüssigkeit von den Lippen, betrachtete sein Gegenüber aufmerksam.
»Jetzt hören Sie doch endlich auf mit dem saudummen Gelaber!« Vanessa Reuter hielt einen Moment still, warf ihm einen wütenden Blick zu. »Dass ich es dem Dreckskerl gönne, heißt noch lange nicht, dass ich mit seinem Tod zu tun habe. Wie soll es überhaupt passiert sein, ich dachte, er ist zu schnell in die Kurve …«
»Er wurde von der Straße abgedrängt. Von einem anderen Fahrzeug.«
»Oh.« Sie pfiff laut durch die Lippen, bewegte den Kopf zustimmend auf und nieder. »Alle Achtung. Da hat sich tatsächlich jemand die Mühe gemacht?«
»Was für ein Auto fahren Sie?«
»Ich?« Sie gönnte sich eine Gabel voll Maissalat, kaute genüsslich. »Gar keines«, antwortete sie dann grinsend. »Pech, was? Seit ich von meinem Alten getrennt lebe, kann ich keine großen Sprünge mehr machen. Wenigstens habe ich jetzt wieder einen Arbeitsplatz.« Sie wies in die Richtung der Wilhelmstraße. »Tut mir leid, dass ich Sie enttäuschen muss.«
»Das holt Sie nicht aus der Schusslinie. Autos kann sich jeder mieten, alle Typen, ob von seinem Partner getrennt oder nicht. Und Fakt ist und bleibt, dass Sie vor wenigen Tagen damit gedroht haben, Christian Fitterling über den Haufen zu
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