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Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer

Titel: Braig & Neundorf 13: Schwaben-Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Maultaschen an, nicht nur mit Fleischfüllung, nein, auch mit Gemüse und Kräutern, also vegetarisch und aus biologischem Anbau. Und so haben wir lange nachgedacht und kamen dann auf die Idee von Fitterlings Liebestäschle. Wir haben auch über dem Namen gebrütet, sind jetzt aber zufrieden, seit wir sehen, wie die Leute reagieren. Der Name soll ruhig zeigen, dass wir die Liebestaschen in dieser Region herstellen. Und was den Inhalt betrifft, da haben wir uns extra von Biologen und Lebensmittelchemikern der Universität Hohenheim beraten lassen. Wir arbeiten auf wissenschaftlicher Basis, um das klar zu sagen, seriös. Für Fitterlings Liebestäschle werden nur Pflanzen und Kräuter verwendet, denen die Biologen aphrodisierende Wirkung zuschreiben. Und je nachdem, wie sie diese Pflanzen mischen, schmecken die Liebestäschle völlig verschieden. So bieten wir sechs«, sie betonte die Zahl ausdrücklich, »verschiedene Geschmacksrichtungen an.«
    »Genau sechs?«, fragte Braig.
    »Sechs«, erklärte Kerstin Svedholm, »aber nicht mit x. Obwohl wir natürlich genau diese Assoziation erzielen wollten.« Sie zeigte ein fröhliches, unverkrampftes Lachen. »Viele Lokale sind begeistert. Wir haben den Verkauf der Liebestäschle ganz neu aufgezogen. Herr Fitterling, also Michael, verkauft sie persönlich. Angezogen wie ein liebestoller Dandy, parfümiert von Kopf bis Fuß, damit die Kunden sofort auf unser neues, schrilles Produkt aufmerksam werden. Er hat sich lange geziert, so sagt man, ja? Aber natürlich geht er so nur zu den Lokalen, die wir mit den Liebestäschle beliefern wollen, nicht zu den anderen. Um Gottes willen, die würden total erschrecken und nie mehr etwas bei Fitterling bestellen!«
    Braig sah ihr ausgelassenes Lachen, erinnerte sich an Michael Fitterlings seltsame Aufmachung und die penetrante Parfümwolke, die ihn umgeben hatte, als er dem Mann zum ersten Mal begegnet war. Er hatte ihn für affektiert gehalten, war ihm sofort ablehnend und misstrauisch gegenüber getreten. Nur seines auffälligen Outfits wegen?
    »Die außergewöhnliche Kleidung und die intensive Verwendung des Parfüms wurde von Ihnen geplant?«, vergewisserte er sich.
    Die junge Frau musterte sein Gesicht, nickte zustimmend. »Wir haben ein völlig neues Konzept für die Firma entwickelt: Von der Rezeptur der Liebestäschle bis zu deren Verkauf. Da soll alles Hand in Hand gehen, die neue Produktlinie in ein stimmiges Umfeld eingebettet sein. Fitterlings Liebestäschle in sechs Geschmacksrichtungen sollen einen neuen aufgeschlossenen Kundenkreis erschließen, Leute, die gerne leben, lustige Überraschungen lieben und mit der heutigen Zeit optimal zurechtkommen. Da kannst du nicht einen hyperkorrekten, in einen anthrazitgrauen Anzug verpackten Vertreter schicken, dem die Seriosität und Langeweile ins Gesicht geschrieben stehen. Ein schrilles Produkt verlangt eine schrille Darstellung, sonst hast du keine Chance auf unseren übersättigten Märkten.« Sie hielt einen Moment inne, fuhr sich mit einem Papiertaschentuch über die Stirn und die Wangen. »Herr Fitterling hat sich dagegen gewehrt, er wollte nicht so auftreten. Wir haben lange mit ihm gekämpft, ja, ich glaube, so muss ich das ausdrücken, bis er einverstanden war.« Sie zeigte ein breites Grinsen, zwinkerte ihren Gesprächspartnern spitzbübisch zu.
    »›Mein Gott, wenn das einer von unseren alteingesessenen Kunden sieht‹, jammerte er, als wir seine Kleidung und das Parfüm zusammenstellten. Parfüm und Rasierwasser.« Sie lachte laut. »Wir haben sein Auftreten gecastet, die Aufnahmen gemeinsam analysiert, seine Bewegungen und seine Aussprache optimiert. Die Firma kann sich keine anderen Verkäufer leisten, dazu ist unser Budget zu begrenzt. So blieb ihm nichts übrig, als mitzuspielen. Und wir bestanden auf dieser Performance. Du hast ihn gesehen und gerochen?« Sie betonte das letzte Wort, griff sich mit der rechten Hand an die Nase, drückte sie schelmisch zu. »Nicht auszuhalten, wie?«
    »Das kann man so sagen, ja«, bestätigte er.
    »Aber es hat Erfolg«, fuhr sie fort. »Noch weit mehr, als wir erwartet haben. Wenn der Verkauf auch nur annähernd auf einem ähnlichen Niveau bleibt wie bisher, sind sie alle Sorgen los. Die Firma ist gerettet.«
    »Aber der Bruder von Herrn Fitterling, dem das Unternehmen zur Hälfte gehört, war nicht damit einverstanden«, meldete sich Neundorf zu Wort.
    »Christian?« Kerstin Svedholms Miene verdüsterte sich augenblicklich. »Ich

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