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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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investieren.
    Nein – ich möchte meinen durch jahrelangen Zigaretten-
und Kaffeemissbrauch malträtierten Magen nicht mit den euren in eine Waagschale
werfen, um zu sehen, wer als erster auf der Lethal-Weapon-Extrem-Achterbahn in
eine Schlange Niederländer kotzt.
    »Sicher. Samstag?«
     
    Mein Bruder hatte seine Kinder mit festem Schuhwerk versehen
und vor die Tür gesetzt.
    Als ich vorfuhr, um sie einzusammeln, wurde mir wieder
bewusst, welche Unbillen das Leben bereithalten kann. Die Sonne schien genau
richtig, nicht zu warm, nicht zu kühl. Die Kinder strahlten um die Wette, mein
Wagen ging nicht spontan in Flammen auf: Aller Wahrscheinlichkeit nach würden
wir nun tatsächlich nach Bottrop fahren und Batman, Robin, Elmar the Fudd und
Horst, den verhaltensgestörten Großparkplatzrentner, zu Gesicht bekommen.
    Bevor ich bremste, checkte ich rasch, ob man sich per WAP
bei einem Jesuitenkloster bewerben konnte, aber mein Handy offerierte als
einzigen Treffer die Möglichkeit, sich Urbi et Orbi als
polyphonen Klingelton downzuloaden. Ich blieb Sünder – und wir starteten.
     
    So, wie bekannt ist, dass am australischen Great Barrier
Reef die meisten Weißhaie dümpeln, verhält es sich auch mit dem Umstand, dass
auf der A2 zwischen dem Kreuz Recklinghausen und der Ausfahrt Bottrop die
meisten motorisierten Idioten unterwegs sind.
    Wir benötigten 34 Minuten bis zur Ausfahrt, und ich musste
unterwegs dreimal den Mittelfinger und einmal mein selbst laminiertes Schild KIPP
TOT UM, ARSCHGESICHT! ins Spiel bringen. Gute Quote für einen Samstag.
    Die restlichen 800 Meter bis zum Parkplatz atmeten wir flach
und beobachteten Familien, die wie Frühstücksfleisch in Mittelklassewagen
geschichtet waren. Das taten wir 45 Minuten – eine Dreiviertelstunde, die für
immer aus meinem Leben verschwand und durch nichts mehr aufzuholen ist, von
einem knackigen Wachkoma mal abgesehen.
    »Sind wir bald da?« krähte es von hinten, und ich erwiderte,
dass wir schon die ganze Zeit da seien, aber von Lemmingen in Treckingsandalen
am Eintreten gehindert würden.
    Prompt bekam ich die Quittung in Form einer absolut
synchronen Ansage, dass die beiden müde seien, Durst hätten, ihnen kalt wäre,
die Füße weh täten und dass sie überhaupt eine Stunde auf den Arm wollten, aber
wenn’s ginge nicht bei mir. Peter Lustig, der verschütt gegangene Nemo oder
Shrek würden hingegen klargehen.
    »Peter Lustig geht kaputt, wenn ihr ihn anspringt. Der Mann
ist der Johannes Heesters unter den Basteldeppen. Nemo hat eine verkrüppelte
Flosse und Shrek riecht nach Scheiße.«
    Die Kinder zuckten zusammen, aber ich war noch nicht fertig.
    » Und er wird von Sascha Hehn gesprochen.«
    Schweigen aus dem Fond.
    Ein gutes Argument zur rechten Zeit kann viel bewirken.
     
    An der Kasse gönnte ich mir ein brillantes Wortspiel: »Ich,
mitnichten.«
    Sofort öffnete sich ein grell geschminkter Mund über einer
Bugs-Bunny-Bluse und sagte im Ton eines Grabredners: »48 Euro 80.«
    Ich lachte schrill auf.
    »Spaß beiseite. Ein Erwachsener, zwei Kinder. Die Leute
hinter mir kenne ich nicht.«
    »48 Euro 80.«
    Ich wirbelte herum, um zu prüfen, ob eine meiner Nichten die
wiederauferstandene Terracotta-Armee getroffen und eingeladen hatte. Nein.
    Auch die litauische Eishockey-Nationalmannschaft war nicht
da, um mit ihren behandschuhten Griffeln auf mich, ihren spontan erwählten
Zahlmeister, zu zeigen.
    »Ich …«, setzte ich an.
    »48 Euro 80.«
    Ich überlegte kurz, der Frau gewisse Dienstleistungen
anzubieten oder der Großfamilie hinter mir meine gebrauchten Adidas-Treter zu
verschachern, aber der Vater hielt selbst nach jemandem Ausschau, der ihm eine
Hypothek auf seine Nieren geben würde.
    Ich griff in meine Gesäßtasche und fummelte Papiergeld
hervor.
    Das Geräusch verschwindenden Geldes passt so gar nicht zu
Duffy Ducks Version von »That’s Entertainment«, die aus unsichtbaren Boxen
durch das Kassenareal knallte, aber der Matrone mit dem Hasen auf der Kutte
schien das völlig gleichgültig zu sein.
    Als wir durch die Drehkreuze gingen, erzeugten diese ein so lustiges
»Mööööp«, dass ich leise aufwimmerte.
    48 Euro 80.
    Mööööp.
     
    Die Kinder liefen voraus und ich trottete hinterher.
    Der ganze Park wurde mit sich wild überkreuzender Musik
beschallt, und das in brüllender Lautstärke. Der Soundtrack von »Gladiator« prallte
auf die hysterische Fanfare der Looney Tunes, dumpfes Batman-Streicher-Gewabere
verquirlte sich mit

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