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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Brighton, »kam Senator Richards nicht in den Rat. Senator Tobey Richards, mein Freund und Weggefährte seit über dreißig Jahren. Du kennst ihn.«
    Eine Feststellung. Straner muss nicht antworten.
    »Er erschien einfach nicht zur regulären Sitzung. In drei Jahrzehnten ist das nicht vorgekommen. Richards war verlässlich. Wenn jemand noch verlässlicher war als er, dann ich selbst. Doch das tut nichts zur Sache.«
    Brighton atmet durch. Er scheint angegriffen.
    »Das Merkwürdigste war, niemand vermisste ihn! Ich fragte herum: Wo ist denn Richards? Sie behaupteten, keinen Senator Richards zu kennen. Es war gespenstisch. Nach der Sitzung ging ich in die Verwaltung. Ich wollte mir seine Akte geben lassen. Es gab sie nicht. Er war aus allen Unterlagen und Protokollen verschwunden. Es war, als hätte es niemals einen Senator Richards gegeben. Aber ich weiß, dass es ihn gegeben hat. Ich bin doch nicht verrückt.«
    Straner weiß, dass Brighton nicht verrückt ist.
    »Es muss ein Komplott sein. Sie haben ihn entführt, vielleicht ermordet. Ihn aus sämtlichen Dokumenten zu löschen, erfordert einen gewaltigen Aufwand. Das kann kein Einzelner sein. Es muss eine ganze Welt dahinterstecken!«
    »Haben Sie schon einen Verdacht?«
    »Es kann nur das Regime auf Zhid dahinterstecken. Richards hat diese Leute immer bekämpft. Das heißt: solange er noch existierte.«
    Der Senator sieht ihn an, als wäre in all den Rätseln ein furchtbarer Scherz verborgen.
    »Sie haben ihn ausgelöscht, mitsamt seiner Vergangenheit.«
    Straner bleibt stehen und sieht Brighton offen an.
    »Was verlangen Sie von mir?«
    Er braucht einen konkreten Auftrag.
    »Zhid«, sagt Senator Francis Brighton verächtlich. »Wir versorgen sie mit Hightech und mit Devisen. Dabei hassen wir sie, und sie hassen uns. Wir mästen sie, und sie würden uns am liebsten massakrieren. Dass unsere Ingenieure es nicht fertigbringen, von ihren Ressourcen unabhängig zu werden! Sie verschlingen die Hälfte unseres Volkseinkommens, die politischen und strategischen Kosten nicht eingerechnet.« Er seufzt und lässt die Blicke über die erhabenen Proportionen der Mall und ihrer Repräsentationsbauten schweifen. »Wir haben immer wieder versucht, dort zivile Verhältnisse einzuführen. Demokratie, Marktwirtschaft, Pressefreiheit. Aber Rohstoffwelten sind despotisch, das scheint ein Naturgesetz zu sein. Alle Reformen, die wir vertraglich erzwangen oder durch Mittelsmänner lancierten, sind im Sande verlaufen. Seit einer Generation haben wir uns jegliche Intervention verkniffen. Sie haben die höchste Geburtenrate der Galaxis, mag sein. Aber auch die höchste Kindersterblichkeit. Die höchste Korruption, ein flächendeckendes organisiertes Verbrechen, Menschenhandel, Folter und Mord. Eine Mischung aus Mittelalter und Despotenwirtschaft. Technisch und gesellschaftlich rückständig. Dabei höchst vital. Sie überschwemmen die Galaxie mit Auswanderern, wobei es mich wundernehmen sollte, wenn einer davon kein Maulwurf wäre, der nur darauf wartet, sein Stichwort zu erhalten, um eines der anderen Systeme zu unterwandern. Wir haben immer wieder versucht, diese Missstände abzustellen, schon im eigenen Interesse, wir haben Ärzte geschickt, Lehrer, Manager, Politikberater. Es hat alles nichts gefruchtet. Sie wursteln weiter, als müsse es so sein. Man scheut sich, Wörter wie Zentralregierung oder Staat oder dergleichen auszusprechen, wenn von Zhid die Rede ist. Man weiß nicht, wovon man spricht, wenn man von Zhid spricht, eigentlich müsste man jeden einzelnen dieser Wüstenflöhe vorladen, und dann würde man ebenso viele Auskünfte erhalten, wie es dort Menschen gibt, Millionen! Was sage ich: Milliarden!«
    »Waren Sie jemals dort?«
    »Gott bewahre!« Brighton stöhnt empört auf. »Ich werde meinen Fuß nicht in dieses Staubloch setzen, dieses Rattennest, dieses Gewusel von Ungeziefer …«
    Er löst den Blick von den Säulen der Großen Halle der Vollkommenen Vernunft.
    »Du wirst das für mich tun.«
    Straner schöpft Hoffnung.
    »Geh nach Zhid.« Brightons Stimme ist für einen Augenblick sonor und volltönend, so wie man sie aus dem Senat kennt. Wenn er das Wort nimmt, beherrscht er das Gremium. Seine Meinung hat Gewicht, sein Rat wird gehört.
    Dann besinnt er sich. Sie sind nicht allein an diesem Vormittag auf der Mall. Hier und da gehen kleine Gruppen dahin, Senatoren mit ihren Redenschreibern und Adjutanten, Unterhändler der verschiedenen Fraktionen, Angestellte der

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