Bran
gewesen, wenn Celja nicht so verstockt gewesen wäre.
»Du hast mein Volk entehrt.«
»Mein Volk.« Dabei wusste man nicht einmal, ob sie als Serafidin sprach oder als Zhidaerin. »Dein Volk scheint ein Problem mit seiner Geschichte zu haben.«
»Diese Geschichte geht dich überhaupt nichts an!«
»Vielleicht schon.« Er ging ein paar Schritte auf und ab. Dann blieb er stehen und fasste sie ins Auge. »Wann war dieses Attentat?«
»Mordal feierte vor Kurzem 25-jähriges Thronjubiläum.«
Straner musste im Kopf umrechnen. Das zhidaische Jahr war etwas länger als das rangkorianische. Es wussten ziemlich genau 30 Jahre seiner eigenen Zeit sein. Er machte sich im Kopf einen Vermerk. Es kam nicht oft vor, dass er die Funktionen seiner Implantate dafür einsetzte. Aber in diesem Fall konnte es sein, dass er noch einmal darauf zurückgreifen musste.
Sie gingen zum Ministerium zurück.
»Eines ist dir ja hoffentlich klar?«
»Hm?« Straner war in Gedanken.
»Dieser Mann war alles, aber kein Veteran der Salzkriege. Eher schon ein Pensionär unserer Geheimpolizei.«
»Er hat gesagt, er hat auf Kirgol gekämpft!«
Cejla blieb stehen. »Du willst ein Agent sein?«
Er zwinkerte ihr zu.
»Jedenfalls dürftest du deiner Akte gerade eine interessante Seite hinzugefügt haben.«
»Wenn diese Akte so geführt wird wie euer Staatsarchiv, ist mir darum nicht bange.«
Ohne noch etwas zu erwidern, verschwand sie in einem der Eingänge des Ministeriums.
Kapitel 4: Die Suche
Die Blocks waren schwer auseinanderzuhalten. Achthundert oder tausend metrische Einheiten hoch, meist in stumpfen rostroten oder mattgelben Farbtönen gehalten. Ein Wald bedrohlicher Stelen. Sechs- und achteckige Türme, Basaltsäulen so hoch wie Gebirge. Sie trugen keine Nummern. Lediglich am Grad der Verwitterung konnte man sie unterscheiden. An manchen trat der nackte Stahlbeton hervor, billigstes Material, das bröckelte und kopfgroße Klumpen in die Tiefe spie. Bei anderen hatten die Einwohner in einer gemeinsamen Aktion begonnen, die tragenden Pfeiler zu versiegeln und die groben, an roh behauenen Fels erinnernden Mauern zu streichen, waren aber nur bis zum zwanzigsten oder dreißigsten Stockwerk gekommen. Teilweise drang fahles Licht aus den blinden Fensterreihen, teilweise ragten die riesigen Silos schwarz und tot wie schweigende Monolithen in den Morgenhimmel, der in einem sandfarbenen Ocker über den Straßenschluchten glühte.
Straner hatte sein Tattoo deaktiviert. In den ärmeren Vierteln erregte es Aufsehen. Implantate und andere Upgrades waren hier kaum verbreitet. Sie gaben ihren Träger sofort als Fremden zu erkennen, und das war seinem Auftrag nicht gerade förderlich.
In jedem dieser Türme wohnten Zehntausende von Menschen. Natürlich kannten sie sich nicht persönlich. Aber Aussehen, Kleidung und Dialekt verrieten doch sofort die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Block. Er musste sich also auf seinen eigenen Orientierungssinn verlassen.
Nach einigem Umherirren glaubte er, den richtigen Turm identifiziert zu haben. Eine Menschentraube umlagerte den Haupteingang. Wie Termiten am Tag des Schwärmens quollen sie aus dem dunklen Loch. Manche drängten hinein, andere kämpften sich nach draußen. Sanitätsdienste waren vorgefahren. Beamte der Staatspolizei gestikulierten hilflos. Dialekte schwirrten durcheinander.
Es waren in der Hauptsache Kirgoler und Azraler, die dieses Viertel bewohnten, die wildesten Stämme des Planetenclusters, den Zhid beherrschte. Raue Zeitgenossen, überwiegend Nomaden, Schmuggler, Bergleute, die in die mächtigste Stadt in diesem Teil der besiedelten Galaxis gekommen waren, um Arbeit zu suchen. Die wenigstens hatten ein reguläres Auskommen. Alle anderen bildeten Subkulturen, Ghettos, rivalisierende Mafias.
Straner drückte sich durch einen Seiteneingang und schob sich drinnen in die Haupthalle, die fast die ganze ebenerdige Etage des Wohnsilos ausmachte. Es war dunkel. Irgendwo flackerte fahl eine defekte Notbeleuchtung vor sich hin. Leblose Leiber wurden aus Trümmern aus Beton und Stahl gezogen. Jemand schrie. Ungelenke Lichtreflexe ließen Blutlachen aufglimmen und wieder unter den Bemühungen der chaotischen, unkoordinierten Rettungstrupps verschwinden.
Alte Weiber jammerten. Straner erkannte die Priesterin, bei der man vor einer Elevatorfahrt Votivbildchen und Glück bringende Zettelchen erwerben konnte. Sie schrie auf die Menge ein, aber es war ein fremder Dialekt, von dem er
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