Bran
Männer sich zwischen den Waschungen erholten. Hier und da versuchte er einem Gespräch, dem er ohne Interesse folgte, eine Wendung zu geben, die zu einem rangkorianischen Gesandten namens Richards führte. Aber er rief keine Reaktion hervor, die Anlass zu weiterreichen Rückschlüssen geboten hätte.
Wie denn auch?
Wenn das Volk auf der Straße nicht wusste, ob die Tochter des Großkhans eine rechtmäßige Infantin oder ein Bastard war, wie sollte es über geheime Verhandlungen Bescheid wissen, die vor mehr als einem Menschenleben stattgefunden hatten und ergebnislos abgebrochen worden waren. 30 Jahre, 25 nach hiesiger Zeitrechnung, waren eine lange Zeit. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag kaum höher, was bei den verheerenden hygienischen und medizinischen Zuständen kein Wunder war. Und doch quollen die Straßen über vor Leben.
Das Volk schien Kinder auszuschwitzen wie ein Morast in der Sonne Qecha-Fliegen.
Andererseits war der Name Tobey Richards immer noch in aller Munde. Die Leute spuckten aus vor ihm. Er war nur so tief in ihren Sprachschatz und ihre Redewendungen eingesunken, dass es unmöglich war, die Wurzel dieses Wortgebrauchs zu rekonstruieren.
Was sollte er hier? Er konnte den Auftrag Auftrag sein lassen. Die Geldmittel, die Brighton ihm zur Verfügung gestellt hatte und die noch kaum angetastet waren, waren gewaltig, zumal nach ihrer hiesigen Kaufkraft. Er konnte bis ans Ende seiner Tage davon leben, sich jeden Nachmittag die Muskeln ölen lassen und jede Nacht ein anderes Mädchen mit aufs Zimmer nehmen. Der finanzielle Background seiner Mission war ebenso unerschöpflich wie Zhids Angebot an Vergnügungen. Ein Leben hätte nicht ausgereicht, um auch nur einen wesentlichen Teil davon in Anspruch zu nehmen. Natürlich musste er irgendwann Vorsorge für den Fall treffen, dass Brighton die Konten sperrte. Aber das war das geringste Problem. Er hatte schon damit begonnen, die Mittel auf Kanäle umzuleiten, zu denen nur er Zugang hatte und die nicht zurückverfolgt werden konnten. Auf einer Welt des Kirgol-Clusters, wo die rangkorianische Bankenaufsicht machtlos war, keine große Sache, zumal Brighton selbst die Summen in ausgesprochen dubiosen Transaktionen hin und her bewegt hatte.
Aber darum ging es nicht. Längst hing er viel tiefer in der Sache drin. Es hatte mit seiner Ehre zu tun. Das letzte Gespräch mit dem Senator hatte ihm eine Beleidigung zugefügt, die er nicht auf sich sitzen lassen konnte. Seit diesem Vormittag auf Rangkor stand nicht mehr Richards im Vordergrund, ob er nun Senator oder Untersekretär gewesen war, sondern Brighton selbst, dem er zu gerne an den Karren gefahren wäre. Er war inzwischen überzeugt davon, dass Francis Brighton etwas zu verbergen hatte. Und er würde nicht ruhen, bis er es herausgefunden und an das helle, schonungslose rangkorianische Tageslicht gezerrt hatte!
Wie es dem Ritual dieser Aufenthalte entsprach, ließ er sich neu einkleiden. Dann streunte er durch die abendlich glühenden Gassen des Viertels, um etwas zu essen. Es gab hervorragende Restaurants. Warum sich mit Garküchen abgeben, wenn man in den vornehmsten Lokalen einkehren konnte! Ein Filet vom Gazellenadler, die im ganzen Cluster gerühmte zhidaische Spezialität, kostete so viel wie das Monatsgehalt eines städtischen Angestellten. Aber was machte das? Es war eine Summe, deren Abgang ihn nicht umbrachte.
Als er ins Freie trat, war es immer noch unerträglich heiß.
Das Restaurant war klimatisiert gewesen. Die Rückkehr an die brodelnde Luft der Metropole kam dem Eintritt in ein Schwitzbad gleich. Er hätte auch dem Wein nicht so freigebig zusprechen sollen. Jetzt ließ er seine Wangen pulsieren und machte ihm das Atmen schwer.
Der Schatten senkte sich zwischen die Wohntürme wie kohliges Schwarz in Bergwerksschächte, Brocken und Blöcke von Finsternis, an denen man sich mit versengten Händen vorantasten musste. Er ließ sich treiben. Hatte er ein Ziel? Wenn es ihm zu viel wurde, konnte er ein Fahrzeug mieten und sich zum Ministerium befördern lassen. Dort wartete ein kühles Zimmer auf ihn.
Dann stand er vor einem Ensemble, das ihm auf dunkle Weise vertraut vorkam. Mehrere sechseckige Wohnsilos bildeten einen asymmetrischen Platz, der einmal mehr im Finster eines Blackout lag. Der Fallwind, der zwischen den kilometerhohen Türmen nach unten stürzte, und die Abluft, die aus den höhlenartigen Eingängen und den Schachtöffnungen der Untergrundbahn wehte, zerrten an
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