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Brandbücher - Kriminalroman

Brandbücher - Kriminalroman

Titel: Brandbücher - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Ebbert
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gekommen und baute sich direkt vor Samuel und seinem Vater auf. Er stellte sich gerade hin und wirkte größer als sonst. »Von der neuen Verordnung habt ihr ja gehört, was?«
    Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Wer hatte nicht davon gehört?
    »Das kommt davon, wenn man sich mit uns anlegt. Ruckzuck ist man weg vom Fenster. Wartet nur ab, ihr kommt auch bald dran!«
    Für Samuel sah es so aus, als wollte Bruno den Arm hochstrecken und gleich ›Heil Hitler!‹ rufen. Doch Bruno tat so, als müsse er seine Haare zurechtlegen, die ähnlich frisiert waren wie die Hitlers. Wortlos verließ er den Laden, nicht ohne ein weiteres Mal gegen den Tisch zu treten. Diesmal fester, sodass ein Bein abbrach und die Bücher vom Tisch rutschten. Weder Samuel noch sein Vater reagierten schnell genug, um sie aufzufangen.

11
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    Ein Viertel bei uns h a t für ihn gestimmt. Heute stand es in der Zeitung. Zuerst dachte ich, das wäre ein Glück und wir wären ihn los. Dann habe ich gesehen, dass fast die Hälfte der Deutschen ihn gewählt hat. 43,9 Prozent! Ich kann gar nicht glauben, dass woanders so viele so denken wie er. Immerhin hat mehr als die Hälfte ihn durchschaut. Aber was nützt uns das.

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    Bis jetzt hat er uns verschont. Ab heute wird es ernst. Ich weiß gar nicht mehr, was ich hoffen soll. Er will das zurück, was die Deutschen nach dem Krieg a b geben mussten. Ob er das so einfach bekommt? Soll ich hoffen, dass es einen Krieg gibt und er besiegt wird? Ich erinnere mich, wie es im letzten Krieg war. Die Alten haben gedacht, wir Kinder hätten nichts gemerkt. Bei uns zu Hause gab es genug zu essen. Das haben wir selbst angebaut. Wir mussten nie Essen kaufen. »Wat nich bie uss wöss un wat wie nich sölws maken könnt, dat giwt nich!«, hat Mutter immer gesagt und Großmutter auch.

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    Es war nicht schle c ht, was Mutter und Großmutter machen konnten. Ah, dieses Apfelkompott. Wie die Äpfel zuerst gekocht wurden und ich dann die Flotte Lotte drehen durfte. Das könnte ich heute auch machen, aber Samuel und Herr Weizmann mögen kein Apfelkompott. Da mache ich aus den Äpfeln, die ich von zu Hause mitbringe, lieber Apfelpfannkuchen.

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    Wer weiß, wie lange ich Apfelpfannkuchen für Herrn Weizmann und Samuel machen kann. Gestern habe ich gesehen, wie sich auf dem Kirchhof zwei Männer unterhalten haben. Als ich an ihnen vorbeiging, haben sie aufgehört zu sprechen. Mir kam es so vor, als hätte d er eine mit seinem Kopf auf mich gezeigt.

    »Dag uk, mien Deern!« Karina erschrak, als ein alter Mann sich plötzlich neben sie stellte und sie ansprach. »Ick do die nix«, sagte er, als er sah, wie Karina zusammenzuckte. Er verzog seinen Mund zu einem Grinsen, das Karina erneut erschauern ließ. In dem runzeligen Gesicht klaffte ein Loch an der Stelle, an der Menschen üblicherweise Zähne besaßen. »Jo, jo, dat Oller!« Karina war erstaunt, dass sie den Mann trotz der fehlenden Zähne gut verstehen konnte. »Ick häb miene Tande vergäten«, fuhr der Mann fort.
    Karina sah sich suchend um. Am liebsten hätte sie dem merkwürdigen alten Mann den Rücken zugedreht. Ihre gute Erziehung hinderte sie daran. Außerdem die Erinnerung an ihren Großvater, der vor seinem Tod nach kurzer Krankheit auch sehr alt ausgesehen hatte.
    »Säch es, büs du nich de kleene Bessling?« Karina hatte sich gewünscht, dass die alte Frau, die sich ihr näherte, sie von dem Mann erlösen würde. Stattdessen sprach sie sie an, als müssten sie sich kennen. Innerlich dankte Karina ihren Großeltern dafür, dass sie sich untereinander immer im Platt des Münsterlandes unterhalten hatten.
    Ehe sie antworten konnte, mischte sich der zahnlose Mann ein. »Du häs rächt, Lisbeth. De Deern süht ut wie Besslings Kotrin dümols!«
    Karina fragte sich, über wen die beiden sprachen. In ihrer Liste der Familienmitglieder gab es keine ›Kotrin‹. Es gab lediglich ihre Großtante Katharina und sie selbst. Sie hieß ebenfalls Katharina, zumindest offiziell, hatte den Namen aber schon als Teenager in Karina geändert. Mit Verspätung fiel ihr ein, dass ›Kotrin‹ womöglich Katrin heißen sollte, kurz für Katharina. So wie die beiden wirkten, konnte es durchaus sein, dass sie von ihrer Tante sprachen.
    »Ich heiße Karina Bessling«, stellte sie sich eilig vor. »Eigentlich heiße ich Katharina wie meine Großtante, die hier aufgewachsen ist.« Karina wartete gespannt, wie die alten Leute auf diese Information reagieren

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