Brandbücher - Kriminalroman
eine neue Scheibe einsetzt. Ohne Erfolg.
Karina parkte ihr Auto vor der Münsterländer Morgenpost neben einem Porsche, wie sie ihn in den letzten Tagen hier noch nicht gesehen hatte. Im Gegensatz zu Stuttgart, wo er ihr an jeder Ampel begegnete. »Ich dachte, hier fahren sie eher Rad«, murmelte sie und betrachtete das Fahrzeug genauer. Als Ingenieurin und gebürtige Stuttgarterin war sie Expertin für diese Edelmarke und pfiff anerkennend. Sie schaute auf das Nummernschild. Ein Frankfurter Kennzeichen mit einer einprägsamen Buchstaben-Zahlen-Kombination: PM-1000.
Sie öffnete die Tür zur Geschäftsstelle der Zeitung und ging an den Empfangstresen.
»Guten Tag. Das ist ja ein schickes Auto«, bemerkte Karina zur Begrüßung.
Die Frau am Empfang wusste gleich, wovon die Rede war. »Das gehört unserem Außenreporter Pelle Maibaum. Unser Chef fährt einen Mercedes.« Bei der Erwähnung des Namens fiel Karina wieder ein, was sie Martin Kleine fragen wollte. Das hatte sie über der Durchsicht der Unterlagen ihrer Tante und anderen angenehmen Dingen, die mit ihrer Recherche nichts zu tun hatten, völlig vergessen. Sie ärgerte sich jedoch nur kurz, hier war sie schließlich direkt an der Quelle.
»Ach, Herr Maibaum arbeitet auch für Sie?«, säuselte sie. »Ich habe doch kürzlich in Stuttgart etwas von ihm gelesen.« Das war zwar gelogen, aber es half.
Die Frau hinter der Informationstheke warf sich stolz in die Brust und strahlte Karina an. »Ja, der Herr Maibaum schreibt für die großen Zeitungen. Er hat mal ganz klein bei uns angefangen, heute ist er Sportreporter, er ist oft im Fernsehen zu sehen und er kümmert sich um Kattes Boxer. Das ist der Bruder von Herrn Tengelkamp, ein ehemaliger Boxer, wissen Sie? Jetzt trainiert er nur noch.«
Karina nickte eifrig und drückte sich die Daumen, dass niemand die Frau in ihrem Redefluss unterbrach. Wenn sie die Zeichen richtig deutete, hatte sie hier einen absoluten Fan von Pelle Maibaum vor sich, und die Chance musste sie nutzen. Sie brauchte nicht einmal Fragen zu stellen, die Informationen sprudelten nur so aus der Empfangsdame heraus. »Katte hat ein Boxstudio in Frankfurt, und PM, wir nennen ihn immer so, macht die PR für den Laden.«
Heute, dachte Karina und sah das ›Pelle Maibaum‹ unter dem Artikel aus dem Diözesanarchiv deutlich vor sich. Aber jeder hat mal klein angefangen, ging ihr durch den Kopf, da sagte die Frau schon: »PM hat als Volontär bei der Kirchenzeitung angefangen, dann hat ihn unser Chef entdeckt.«
»Wie lange ist Herr Maibaum denn jetzt schon hier?«, das interessierte Karina besonders.
»So lange wie ich, wir haben beide zusammen vor etwa 25 Jahren hier angefangen. Damals war alles anders und viel kleiner«, sinnierte die Frau hinter dem Tresen und verlor sich in einem Bericht darüber, wie die Zeitung expandierte. Karina war froh, als das Telefon klingelte und den Redefluss unterbrach. So tief wollte sie in die Geschichte der Zeitung auch nicht einsteigen.
»Moment, ich frage die Dame hier mal«, sagte die Frau ins Telefon und dann zu Karina: »Sind Sie Frau Bessling?«
Karina nickte. Jo Tengelkamp erwartete sie also so dringlich, dass er am Empfang nachfragte? Sie war gespannt, was er zu den Abschriften der Postkarten sagen würde, die sie mit Martin für ihn zusammengestellt hatte.
»Guten Tag, Frau Bessling«, begrüßte Jo Tengelkamp Karina. Dieses Mal wurde sie in sein Büro geführt, das mit einer schalldichten Tür versehen war, wie die Ingenieurin in Karina direkt bemerkte. Ob er nicht wollte, dass jemand mitbekam, was in seinem Büro vorging?
»Nehmen Sie doch Platz. Darf ich Ihnen einen Kaffee bringen lassen?« Karina blieb auf der Hut, gerade weil der Verleger sich viel smarter und freundlicher gab als bei ihrem letzten Besuch.
»Wie gefällt Ihnen denn unser kleines Städtchen?«, erkundigte sich Jo Tengelkamp und schob ihr die Schale mit den teuren Pralinen hin. Karina ließ sich nicht so leicht ködern, und dieses Gesülze zum Einstieg, das in Management-Kursen geübt wurde, konnte er sich auch sparen. Wenn schon Small Talk, dann sollte er ihr etwas über seine Zeitung und seine Familie erzählen.
»Ich habe gerade das Auto von PM vor der Tür gesehen«, sagte sie daher und nutzte absichtlich die in Zeitungskreisen gebräuchliche Abkürzung, um den Eindruck zu erwecken, dass sie Pelle Maibaum persönlich kannte. Um das zu unterstreichen, ergänzte sie: »Ich wusste gar nicht, dass er auch für Sie
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