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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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irritiert. Wer im Winter auf die Insel kam, kannte sie normalerweise wie seine Westentasche.
    »Ganz einfach«, sagte sie dann und erklärte ihm den Weg ins Süderende.
    »Danke«, sagte Thiel und meinte nicht nur die Auskunft, auch wenn die junge Frau hinter dem Ladentisch nicht wissen konnte, dass er noch etwas anderes meinte. Ein paar Minuten Wärme, ein ganz normales Gespräch.
    Im Supermarkt nebenan kaufte er, was er brauchte,
um seine Hand zu verarzten, dann machte er sich auf den Weg ins Süderende, das ihm genauso vertraut und fremd schien wie alles, was er bisher gesehen hatte.
    Das Ostsee-Hotel, an dessen Giebelturm noch der Schriftzug des FDGB durch das schäbige Hellblau der Fassade schimmerte, die Kolonial- und Weißwaren-Ruine schräg gegenüber. Dass von den drei klotzigen Ferienkasernen der Volkswerft nur noch eine den Blick auf den Deich versperrte, sah Thiel schon von Weitem. Dass aus dem Ferienheim Karl Krull das Godewind geworden war, merkte er erst, als er praktisch davorstand.
    Das Lokal war leer. Der Mann hinter dem Tresen musterte den einsamen Gast, ohne das Geschirrtuch beiseitezulegen, mit dem er Biergläser polierte.
    »Die Küche ist schon geschlossen«, sagte er, als Thiel sich auf einen Hocker an der Theke hievte. »Kaffee habe ich aber noch, und einen Grog können Sie auch haben, wenn Sie ihn bis um zwei ausgetrunken haben. Dann mache ich dicht.«
    Thiel entschied sich für den Grog und hätte gerne geraucht, aber als er kurz nach zwei wieder auf der Straße stand, fühlte er sich so elend, dass er den Tabak in der Tasche ließ.

9
    »Was willst du damit sagen?« Der Brandmeister trug dicke Wollsocken und Pantoffeln und hatte Pieplow nur widerwillig ins Haus gelassen. »Wir haben uns da draußen bis vier Uhr morgens den Arsch abgefroren und jetzt kommst du und behauptest, dass wir den Schuppen zerlegt haben?«
    »Ich behaupte gar nichts. Ich will nur wissen, in welchem Zustand das Haus war, als ihr abgerückt seid.«
    »Und warum, wenn ich fragen darf?«
    Es war inzwischen später Nachmittag und eigentlich unmöglich, dass Duve nicht wusste, worum es ging.
    »Weil das Haus unbewohnbar ist, und es ganz danach aussieht, dass da jemand nachgeholfen hat.«
    »Viel nachzuhelfen gab’s da nicht.« Duve pflegte mit regungslosem Gesicht die Kunst der Hiddenseer Minimalantwort.
    »Das heißt?«
    »Das Dach links vom Schornstein ist eingesackt. Kein Wunder, so morsch wie da alles ist.«
    »Was ist mit Fenstern und Türen?«
    »Was soll damit sein?«
    Pieplow spürte seinen Geduldsfaden wie eine gezerrte Sehne.
    »Verstehe ich dich richtig, dass sie heil und verschlossen waren, als ihr abgerückt seid?«
    »Allerdings.«
    »Und wer sich danach daran zu schaffen gemacht hat, weißt du nicht?«
    »Nee, sollte ich?«
    Allerdings, dachte Pieplow. So wie wahrscheinlich jeder im Dorf. Außer der Polizei natürlich.
    »Sonst noch was?« Duves Hand lag schon auf der Türklinke. Für ihn war der Fall erledigt. Es gab keinen Grund mehr, noch länger im kalten Flur Rede und Antwort zu stehen.
    »Das wär’s erst mal.« Pieplow trat den geordneten Rückzug an. »Aber sag denen, die es betrifft, dass es Konsequenzen haben wird, wenn ich sie zu fassen kriege.«
    »Mach ich.« Mit einem leichten Zucken der Mundwinkel deutete Duve ein Lächeln an, dann öffnete er die Tür.
     
    »Alle Achtung, Polizeiobermeister! Hört sich wirklich gut an.« Auch Kästner grinste, allerdings unverhohlener als der Brandmeister. »Und wie, bitteschön, sollen sie aussehen, deine Konsequenzen? Vorausgesetzt natürlich, du erwischst die Bösewichte.«
    »Das Mindeste wäre ja wohl, dass sie den Schaden beheben, den sie angerichtet haben.«
    »Aber klar doch. Du gehst jetzt los, fahndest nach den Spitzbuben, die deinem Knastbruder die Scheiben eingeschlagen haben, und verdonnerst sie zu Reparaturarbeiten an seiner Bruchbude. Viel Erfolg, kann ich da nur sagen.« Kästner stand so abrupt auf, dass sein Schreibtischstuhl gegen die Wand knallte.
    »Na, hör mal …«
    »Gar nichts höre ich. Anstatt diesen Kerl stante pede dorthin zurückzuschicken, wo er hergekommen ist, haben wir ihn sich hier einnisten lassen. Und was ist dabei herausgekommen?«
    Weil die Frage rhetorisch und ein in Rage geratener Kästner sowieso nicht zu bremsen war, zog Pieplow es vor zu schweigen.
    »Erst holt er Duve und seine Jungs bei Nacht und Nebel aus den Betten, weil er zum Heizen zu dämlich ist, dann verprügelt er Sigi Gau, und heute Morgen geht er

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