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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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er wortlos hinausgehen wollen. An der Staatsanwältin vorbei, die noch nicht entschieden hatte, wie es in der Sache weitergehen sollte. An Willeke
vorbei, der Anstalten machte, ihn aufzuhalten. An der Oberkommissarin und ihrem Kollegen, die stumm und sichtlich verwirrt das Geschehen verfolgt hatten. Und natürlich an Ehmke mit seinem selbstsicheren Grinsen.
    Aber dann blieb er doch stehen. Ruhig, die Hände in den Jackentaschen, ohne einen Gedanken daran, ob klug war, was er tat.
    »Denk nicht, dass du davonkommst, Ehmke. Ich kriege dich. Und wenn ich nochmal fünfzehn Jahre in den Knast gehe – ich werde mit dir abrechnen. Irgendwann. Auf meine Weise. Darauf kannst du Gift nehmen.«
    Er ging aus dem Raum, über den Flur, der jetzt nicht mehr nach Stiefelfett und altem Linoleum roch, und durch die große Tür der Polizeidirektion. Es war Mitternacht und so kalt, dass sein Atem wie Rauch davonwehte.

28
    Der Streifenwagen stand auf seinem Platz neben dem Rathaus. Thiel zögerte, bevor er die Stufen zur Wachstube hochging. Er nahm die Mütze ab und fuhr sich durchs Haar. Schon wieder betrat er freiwillig eine Polizeistation.
    Nicht, dass das noch zur Gewohnheit wurde.
    Er klopfte.
    »Herein!«
    »Moin, Pieplow.«
    »Was wollen Sie?« Pieplow hatte nur kurz den Kopf gehoben und widmete sich wieder dem Tagesbericht, obwohl es bis dato nichts zu vermerken gab außer der Tatsache, dass Polizeiobermeister Pieplow erst am Nachmittag zum Dienst erschienen war.
    »Ich wollte … Also, ich bin wieder da.«
    »Ja und?«
    »Mensch, Pieplow, ich hätte nicht einfach abhauen sollen. Tut mir leid. Aber ich musste da weg. Ich hab’s einfach nicht mehr ertragen.«
    »Aber klar! Sie ertragen es nicht. Sie müssen weg. Scheißt der Hund doch drauf, wie es den anderen dabei geht.«
    »Haben Sie sich etwa Sorgen um mich gemacht?« Thiel grinste. Wobei die Vorstellung, jemand sorgte sich um ihn, durchaus ihren Reiz hatte.
    »Wissen Sie was, Thiel? Ich hab’s satt. Und zwar bis oben hin. Ihre Alleingänge, Ihr Selbstmitleid, den ganzen Alle-sind-gegen-mich-Scheiß!« Pieplows Wutausbruch war kurz, aber heftig. Er hatte in einem zu weichen Gästebett schlecht geschlafen. Er hatte Kopfschmerzen, weil er Wein nicht vertrug und sich trotzdem von Willeke immer wieder hatte einschenken lassen. Und er hatte den ganzen Tag die Meldung gefürchtet, dass man Thiels Leiche gefunden habe. Aus dem Hafenbecken gefischt, unter einem Zug hervorgezogen, in irgendeiner Absteige von einem Strick abgeschnitten.
    »Und wo waren Sie, wenn ich fragen darf?«
    Thiel zuckte mit den Schultern. »Überall und nirgends. Einfach nur rumgelaufen. In ein paar Kneipen gewesen.« Den Rest der Nacht hatte er auf dem Bahnhof verbracht. Angesoffen, ungewaschen, hungrig. Wie ein Penner. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er in keiner Sekunde daran gedacht hatte, ins Hafenbecken zu springen. So gesehen, ging es ihm eindeutig besser als noch vor ein paar Wochen.
    »Was ich eigentlich wollte … außer mich bei Ihnen melden, meine ich … also … was ist nun mit Ehmke?«
    »Woher soll ich das wissen?«, sagte Pieplow. »Bevor irgendetwas entschieden wurde, haben sie Willeke und mich nach Hause geschickt.«
    »Und jetzt?«
     
    Jetzt gab es mehrere Möglichkeiten. Pieplow und Willeke hatten die halbe Nacht damit verbracht, jede einzelne zu durchdenken, und waren dabei zusehends betrunkener und betrübter geworden. Was, wenn gar nicht erst gegen Ehmke ermittelt würde? Was, wenn sich weder Beweise noch Zeugen fanden, die Rohrbachs Aussage stützten?
    Am besten, hatte Willeke bei der dritten Flasche Wein phantasiert, am besten wäre natürlich ein Geständnis.
    Von Ehmke?
    Von Ehmke. Man müsste ihn in die Mangel nehmen. Nach allen Regeln der Kunst. Immer wieder. Bis er mit der Wahrheit herausrückte.
    Pieplow hatte sich Mühe gegeben, nicht laut zu lachen.
    Obwohl …
    Es war nur eine Idee. Eine vage Vorstellung von der Wirkung eines unerbittlichen, zermürbenden Blicks, dem keine Lüge entging. Unter dem man sich nackt fühlte. Ausgeliefert an die Angst vor der eigenen Erbärmlichkeit.
    »Interessanter Gedanke«, hatte Willeke gesagt und Wein nachgeschenkt. »Einen Versuch ist es wert. Zumal wir, soweit ich das erkennen kann, nichts zu verlieren haben.«
    Ein paar Stunden später und noch nicht wirklich nüchtern, hatte Pieplow am Ortsrand von Waase vor der darßbunten Tür gestanden.

29
    Es dauerte fast zwei Wochen, bis die Staatsanwältin auf Ostwalds Angebot einging.

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