Brandfährte (German Edition)
er irgendeinen Ansatz, eine Möglichkeit übersehen, wie sich Hermann Schmidtbauer besser erinnern könnte? Doch ihm fiel nichts ein.
Als er die Tür zu seinem Büro wieder öffnete, nickte ihm der angehende Geowissenschaftler triumphierend zu und tippte auf das Blatt Papier vor sich.
Mit einem Schritt war Steenhoff neben ihm.
Auf dem Papier standen genau zwei Wörter.
14
Navideh Petersen starrte entgeistert auf das linierte Blatt Papier, das Steenhoff ihr auf die Computertastatur gelegt hatte.
«Und was soll das?»
«Unser Konditormeister aus Celle konnte sich doch noch an etwas erinnern», sagte Steenhoff zufrieden.
Sie tippte auf das fast leere Blatt. «Aber hier steht nur ‹irgendwie› und ‹umzu›. Tut mir leid Frank, aber ich verstehe partout nicht, warum du dich über diese zwei Wörter so freust.»
Sie sah ihn zweifelnd an.
Steenhoff schenkte sich einen Kaffee ein und bot ihr automatisch auch einen an.
Petersen schüttelte seufzend den Kopf. «Vielleicht erinnerst du dich dunkel, dass ich in den knapp zwei Jahren, die wir hier in unserem kleinen Büro zusammensitzen, nur Tee trinke.»
«Unser Mörder hat eine sprachliche Auffälligkeit», fuhr Steenhoff ungerührt fort. «Er benutzt in jedem zweiten Satz das Füllwort ‹irgendwie›.»
«Hm.» Petersen schien wenig beeindruckt.
«Das ist wie ein kleiner …», Steenhoff suchte einen Moment lang nach einem Bild, «ja, wie ein linguistischer Fingerabdruck. Außerdem hat er am Telefon davon gesprochen, dass er Findorff und umzu als lebenswerten Stadtteil empfindet.»
Er schenkte sich Kaffee nach.
«‹Umzu› ist ein typisch bremischer Ausdruck. Er wird nur hier benutzt. Grammatikalisch ziemlicher Unsinn, aber selbst gebildete Bremer benutzen ihn. In Hamburg oder Niedersachsen dagegen würden dich die Leute irritiert anschauen, wenn du ihn gebrauchst.» Petersen nickte anerkennend. «Dank Hermann Schmidtbauer wissen wir jetzt also, dass unser Täter aus Bremen stammt.»
Sie zögerte. «Aber möglicherweise lebt er inzwischen nicht mehr hier, sondern irgendwo ‹umzu›?»
«Da er Maike Ahlers ständig verfolgt hat, können wir mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass er in der Nähe, also vermutlich auch in der Stadt wohnt», erwiderte Steenhoff.
Er ging zu einem Flipchart, die in der Ecke des Raumes stand, und malte ein Strichmännchen auf das Papier.
«Also: Was wissen wir bisher über unseren Täter?»
Er sah Petersen aufmunternd an.
«Er ist zwischen 35 und 55 Jahre alt, schlank und gut aussehend», referierte sie. Sie machte eine Pause. «Was immer das heißt. Kennst du Kojak, unseren Kollegen aus einer alten Fernsehserie in den USA ? Die Serie wurde neulich im Fernsehen wiederholt. Vanessa fand diesen polierten Glatzkopf doch tatsächlich attraktiv! Ich dagegen fand ihn richtig hässlich.»
«Du hast recht. Das Attribut gut aussehend ist ziemlich vage», räumte Steenhoff ein. «Was gibt es noch?»
«Er ist penetrant, hartnäckig und gefährlich.»
«Und er mordet mit viel Umsicht», ergänzte Steenhoff.
Petersen sah ihn fragend an.
«Denk nur mal an die Fenster, die unser Täter in der Wohnung von Maike Ahlers auf Kipp gestellt hatte, um dem Feuer mehr Sauerstoff zuzuführen», sagte Steenhoff. «Außerdem hat er sein Opfer nicht einfach getötet und dann die Wohnung angesteckt, sondern er hat Maike Ahlers bewusstlos zurückgelassen. Sie atmete noch kurz vor ihrem Tod Rauchgas ein, und wir mussten nach der Obduktion der Leiche davon ausgehen, dass es sich um einen tragischen Unfall handelte.»
Die beiden Ermittler schwiegen einen Moment lang.
Dann nahm Petersen den Faden wieder auf. «Wir wissen auch, dass er nicht von Anfang an vorhatte, sie zu töten. Schließlich hatte er seine Handynummer beim Vermieter hinterlassen und sich als guter Bekannter vorgestellt. Das hätte er wohl kaum gemacht, wenn er zu dem Zeitpunkt schon mörderische Absichten gehabt hätte.»
«Und er war mit einem Messer bewaffnet», sagte Steenhoff. Er schrieb das Stichwort auf das karierte Papier des Flipcharts. «Unser Mann hat vor einigen Wochen alle vier Reifen von Maikes Wagen zerstochen.»
«Kann das nicht auch die Tat von irgendeinem Besoffenen gewesen sein?», wandte Petersen ein.
«Nein.» Steenhoff griff sich die Autoschlüssel des Dienstwagens und sah seine Kollegin auffordernd an. «Wir haben einen Termin im Revier im Bremer Osten. Auf dem Weg dorthin erzähle ich dir, warum ich überzeugt bin, dass es unser Mörder war,
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