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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Ellenbogen auf dem Tisch ab. «Ich kann mich noch dunkel an die Zeugin erinnern.»
    «Was genau weißt du noch?»
    «Alles Wichtige steht in der Anzeige.»
    «Und das Unwichtige?»
    «Das ist vergessen, sobald die Leute hier wieder raus sind.»
     
    Maler ließ sich an die Lehne zurückfallen, sodass das Holz bedenklich knackte. «Mann, habt ihr im Präsidium eigentlich eine Vorstellung davon, wie viele Leute hier in jeder Schicht aufkreuzen und mit welchen Geschichten die uns vollquatschen? Wenn man da nicht dichtmacht, wird man bekloppt.»
    «Das kann ich bestätigen», mischte sich Petersen erstmals ein. «Ich war vor drei Jahren noch im Revier Gröpelingen eingesetzt. Wahnsinn, mit was man da Tag für Tag bombardiert wird.» Sie nickte Georg Maler bestätigend zu. «Trotzdem kann ich mich an manches bis heute noch erinnern. Haben Sie Frau Ahlers zufällig noch vor Augen?»
    Der Wachhabende deutete ein Nicken an.
    «Frank, gib dem Kollegen doch mal eben die Fotos, die wir von ihr haben.»
    Steenhoff tat wie ihm geheißen. Es war das alte Spiel. Derjenige, bei dem die Chemie stimmte, übernahm die Führung in der Befragung. Der Schutzpolizist schaute sich die Bilder scheinbar desinteressiert an.
    «Ja, das ist die Dame.» Seine Stimme klang abschätzig.
    «Weißt du noch, ob sie sehr wütend über die Sachbeschädigung war oder eher sprachlos oder vielleicht ängstlich?»
    Der Mann verschränkte die Arme über der Brust. Es sah aus, als würde seine enge Uniform an den Nähten unter den Armen aufplatzen.
    «Nein. Na ja, sie war sehr nervös, irgendwie gehetzt», sagte Georg Maler. «Ich glaube, sie verdächtigte irgendjemanden aus ihrem Bekanntenkreis, die Reifen zerstochen zu haben, und wollte, dass wir uns den vorknöpfen.» Er lachte trocken. «Die hatte Vorstellungen.»
    «Und warum haben Sie das nicht gemacht?», fragte Petersen freundlich.
    «Hier muss ich jetzt mal eingreifen», mischte sich der Revierleiter ein. «Ihr wisst genauso gut wie wir, wenn die Beweise für solch eine schwere Beschuldigung fehlen, geht das bei der Staatsanwaltschaft aus wie das Hornberger Schießen.»
    «Vielleicht hätte der Beschuldigte die Sachbeschädigung ja auch zugegeben», sagte Steenhoff provozierend.
    «Träum weiter, Kollege», konterte Georg Maler scharf.
    «Sie wussten aber, dass jemand in derselben Nacht das Rad von Maike Ahlers beschädigt hatte?», fuhr Petersen ruhig fort.
    «Ja.» Der Wachhabende zuckte gleichgültig mit der Schulter. «Ein lächerliches Alltagsdelikt. Schadenshöhe unter 25  Euro.»
    «Aber in der Kombination könnte es etwas anderes bedeuten, nämlich Stalking.»
    Georg Maler sah seinen Vorgesetzten hilfesuchend an. «Von Stalking hat die Anzeigenerstatterin aber nichts gesagt.»
    Steenhoff schnellte nach vorn. «Das muss ein Verbrechensopfer auch nicht. Es ist deine Aufgabe, so etwas zu erkennen und beim leisesten Verdacht den Fall an den Stalkingbeauftragten der Inspektion weiterzuleiten.»
    «Muss ich mir das anhören?», wandte sich Georg Maler wütend an den Revierleiter.
    «Weißt du eigentlich, wie viele Verrückte hier auflaufen? Heute Mittag war eine da, die hörte Stimmen aus ihrem Wäscheschrank. Die war hundertprozentig überzeugt, dass ihre Nachbarin sie seit 15  Jahren ausspioniert. Und gestern wollte so ein junger Kerl Anzeige gegen die Scientologen erstatten, weil sie ihn angeblich seit Ostern mit Richtmikrophonen abhören.»
    Georg Maler redete sich in Rage.
    «Mann, ihr sitzt da warm und trocken im Präsidium und meint uns erzählen zu können, wie wir an der Basis unseren Job machen sollen! Vergiss es.» Der Wachhabende schlug zornig mit der geballten Faust auf den Tisch, ging hinaus und ließ die Tür geräuschvoll hinter sich zufallen.
    Der kleine Raum füllte sich mit einer beklemmenden Stille. Fritz Desser fasste sich als Erster.
    «Ich hoffe, ihr wollt nichts davon machen?»
    Steenhoff schnaubte. «Das würde die Frau auch nicht wieder lebendig machen. Aber ich dachte wirklich, die Kollegen in den Revieren wären mit dem Phänomen besser vertraut und wüssten, wie sie damit umzugehen haben. Sieh zu, dass ihr das thematisiert. So blind dürfen wir als Polizisten einfach nicht mehr sein. Wenn die Journalisten das mitkriegen, reißen sie uns den Kopf ab. Und wenn die es nicht schaffen, erledigt das der Präsident. Der hat erst vor ein paar Monaten öffentlich verkündet, dass die Bremer Polizei im Kampf gegen Stalking bundesweit ganz vorne liegt.»
    Fritz Desser presste

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