Brandhei
darüber gesprochen.
Als Lösung hatte er ihr eine Stelle in seiner Immobilienfirma angeboten, was Callie so deutete, dass er an der Darlehensgewährung zweifelte.
Sie sollte Daten erfassen, es war eine Anfängerstelle, aber sie konnte dort mehr Geld verdienen als hier auf Blue Flame. Michael hatte ihr angeboten, sie könne eines seiner Häuser in Three Rocks zu sehr günstigen Konditionen mieten. Das hatte er ihr zwar seit Richards Tod schon zahllose Male angeboten, sie hatte es jedoch nie auch nur in Betracht gezogen. Ebensowenig wie jetzt.
Allein, gestresst und besorgt, ließ sie den Kopf in die Hände sinken und rieb sich die Schläfen. Als das Telefon klingelte, blickte sie auf die Wanduhr und stellte einigermaßen entsetzt fest, dass es schon nach neun war. »Blue Flame.«
»Ich suche Tucker Mooney.«
Eine Frauenstimme, die – wie Callie hätte wetten können – mit falschem englischem Akzent sprach. Seltsam. Tucker hatte in jungen Jahren zwar ein buntes Leben geführt, aber seit seinem Aufenthalt auf der Ranch hatte er keinerlei Kontakt mit irgendjemandem aus diesem früherem Leben gepflegt. Das war Teil der Abmachung gewesen, als Jake ihm vor zwei Jahren die Stelle verschafft hatte. Tucker hatte keinen Blick zurückgeworfen.
Er hatte einen engen Freundeskreis in der Stadt, zu dem
auch einige junge Frauen gehörten, eine von ihnen war Macy, die Massagetherapeutin, die auch die Leute auf der Ranch behandelte. Callie kannte sie alle, aber die Frau am Telefon kannte sie nicht. »Es tut mir leid, aber Tucker ist heute Abend in die Stadt gefahren.«
»Oh, verdammt.« Nachdem die Frau ihren europäischen Akzent fallen gelassen hatte, klang ihre Stimme unüberhörbar wie die einer ärgerlichen Amerikanerin.
»Kann ich ihm etwas ausrichten?«
»Und Jakey?«
»Wie bitte?«
»Jake Rawlins. Mein anderer Sohn. Ich weiß, dass er bei Ihnen ist; sein Gesicht prangt auf jeder Zeitung in San Diego, also habe ich bei seiner Wache angerufen. Dort hat man mir gesagt, wo ich ihn finden kann.«
»Äh …«
»Sagen Sie ihm, seine Mutter ist am Apparat. Und beeilen Sie sich, Schätzchen, ich habe nicht den ganzen Abend Zeit. Dies ist ein Ferngespräch.«
9
Jake hatte jeden Abend brav seine physiotherapeutischen Übungen absolviert. Sie waren zeitaufwendig und ein wenig schmerzhaft, doch er wollte unbedingt wieder als Firefighter arbeiten – Gott, wie sehr er sich danach sehnte.
Trotzdem, er konnte den Fitnessraum nicht ausstehen. Kein Zweifel, das lag an der Demütigung, die er erlebt hatte, als Callie ihn dort gerettet hatte. Danach hatte er seine Übungen im Pferdestall gemacht, weshalb ihm jetzt wohler zumute war.
Heute Abend ging er zwischen die Pferdeboxen, die beide Seiten säumten. Die neugierige Sierra sah ihm zu. Er blieb stehen, um sie zu tätscheln und sich ihre Flanken anzuschauen; die Wunden waren schon ein wenig verheilt. Während er dort stand, steckte Moe den Kopf aus der Box. Bevor Jake klar wurde, was das bedeutete, öffnete das Pferd das Maul und biss ihm in die Gesäßtasche, in der sein Handy steckte. »Hey!«
Ohne loszulassen, beäugte Moe ihn neugierig.
Jake riss sich los und legte die Hand auf die Tasche. »Was zum Teufel ist dein Problem?«
Moe schnaubte und wandte sich ab.
Jake rieb sich den Hintern. »Ich könnte dich in die Klebstofffabrik schicken. Darüber bist dir hoffentlich im Klaren.« Er schaute den treulosen Moe an, dann schüttelte er über sich selbst den Kopf: Wieso scherte es ihn überhaupt, dass das Pferd ihn nicht ausstehen konnte? Immer noch murmelnd, begann er, seine Klimmzüge an einem Querbalken zu machen. Er kam bis drei, dann fingen seine Schulter- und Oberarmmuskeln an zu zittern.
Er zwang sich bis zum fünften Klimmzug. Schließlich ließ er sich baumeln, keuchend. Sein Physiotherapeut hatte zehn verlangt, danach sollte er das Training auf drei Sets à zehn steigern. Er schaffte das genauso wenig, wie er zum Mond hüpfen konnte; dabei hatte es eine Zeit gegeben, wo er Klimmzüge praktisch ohne Ende machen konnte. Jetzt, während er dort hing, versuchte er darüber nachzudenken, wie das Leben ohne seine Arbeit als Firefighter aussehen könnte.
Nein. Über diese Brücke ging er nicht, noch nicht. Mit enorm zittrigen Armen zwang er sich zum sechsten und siebten Klimmzug, dann ließ er sich auf den Boden fallen.
Moe steckte den Kopf erneut aus der Box und wieherte.
»Ja«, sagte Jake, flach auf dem Rücken liegend, während ihm die Schulter irrsinnig wehtat.
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