Brandherd
haben.«
»In der Regel ist das richtig«, stimmte ich zu. »Meiner Erfahrung nach trifft es nur dann nicht zu, wenn der Angreifer planlos ist und sich als Psychotiker entpuppt.«
»Wer immer Sparkes' Farm niedergebrannt hat, war alles andere als planlos, wenn Sie mich fragen«, sagte Marino.
»Sie ziehen also in Betracht, dass der oder die Täter in diesem Mordfall eher im Umkreis des Besitzers zu suchen sein könnten?«, fragte Vessey, der nun ganz langsam die Schädeldecke mit der Lupe absuchte.
»Wir müssen alles in Betracht ziehen«, sagte ich. »Doch mal abgesehen von einigen anderen Dingen, die dagegen sprechen - ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Sparkes selbst alle seine Pferde umgebracht hat.«
»Vielleicht musste er sie ja umbringen, um den Mord zu vertuschen«, meinte Marino. »Dann würden die Leute genau das sagen, was Sie eben gesagt haben.«
»Alex«, sagte ich, »wer immer ihr das angetan hat, hat alles darangesetzt, damit dieser Schnitt spurlos verschwand. Und wenn nicht eine Glastür auf sie gefallen wäre, wäre praktisch nichts von ihr übrig geblieben, das uns irgendeinen Anhaltspunkt für das geliefert hätte, was da vorgefallen ist. Wenn wir beispielsweise kein Gewebe gefunden hätten, hätten wir nicht erfahren, dass sie tot war, ehe das Feuer ausbrach, weil wir dann keinen Kohlenmonoxid-Test hätten machen können. Was wäre also passiert? Sie wäre als Unfalltod eingeordnet worden , es sei denn, wir hätten bewiesen, dass Brandstiftung vorlag, wozu wir bis jetzt nicht in der Lage sind.«
»Ich selbst habe keinerlei Zweifel daran, dass es sich hier um einen klassischen Fall von Brandstiftung zur Vertuschung eines Mordes handelt«, sagte Vessey.
»Weshalb soll einer aber dann noch am Tatort herumtrödeln, um jemand zu schneiden?«, sagte Marino. »Warum bringt er sie nicht um, fackelt die Bude ab und nimmt die Beine untern Arm? Und hinzu kommt, dass diese Irren, wenn sie jemanden verstümmeln, es drauf anlegen, dass die Leute ihr Werk auch bewundern. Herrje, die legen die Leichen in einem Park aus, an der Straßenböschung, auf einem Joggingpfad, mitten im Wohnzimmer, eben genau da, wo alle sie sehen können.«
»Vielleicht will diese Person ja nicht, dass wir etwas sehen«, sagte ich. »Und deshalb dürfen wir offiziell auch keinesfalls wissen, dass derjenige diesmal seine Visitenkarte hinterlassen hat. Und ich glaube, wir sollten die umfassendste Computersuche durchführen, zu der wir überhaupt imstande sind, um rauszufinden, ob irgendwo schon einmal etwas auch nur entfernt Ähnliches vorgekommen ist.«
»Wenn Sie das machen, beziehen Sie aber einen Haufen anderer Leute mit ein«, sagte Marino. »Programmierer, Analysten, die Typen, die die Computer beim FBI und in den großen Polizeipräsidien wie Houston, L. A. und New York bedienen. Ich garantiere Ihnen - irgendeiner hält nicht dicht, und als Nächstes kann man den ganzen Scheiß in den Nachrichten hören.«
»Nicht unbedingt«, sagte ich. »Kommt drauf an, wen man fragt.«
Wir ergatterten ein Taxi auf der Constitution und baten den Fahrer, aufs Weiße Haus zuzuhalten und dann que r durch zum 600. Block der Fifteenth Street zu fahren. Ich hatte die Absicht, Marino ins Old Ebbitt Grill einzuladen, und um halb sechs mussten wir auch nicht Schlange stehen, sondern bekamen sofort eine mit grünem Samt ausgeschlagene Nische. Ich hatte schon immer ein besonderes Vergnügen an den Buntglasfenstern, Spiegeln, Messinggaslampen mit den flackernden Flammen gehabt. Schildkröten, Wildschweine und Antilopen waren über der Bar angebracht, und die Barmänner schienen niemals müde zu werden, ganz gleich, welche Tageszeit es war. Ein vornehm aussehendes Ehepaar hinter uns unterhielt sich gerade über Eintrittskarten zum Kennedy Center und über ihren Sohn, der im Herbst in Harvard anfangen sollte, während zwei junge Männer darüber debattierten, ob man das Mittagessen auf die Spesenrechnung setzen könne. Ich parkte meinen Pappkarton auf dem Stuhl neben mir. Vessey hatte ihn mit endlosen Metern Klebeband wieder verschlossen.
»Vielleicht hätten wir einen Tisch für drei verlangen sollen«, sagte Marino und sah den Karton an. »Sind Sie sicher, dass der nicht stinkt? Was, wenn jemand 'ne Mütze davon mitkriegt?«
»Der stinkt nicht«, sagte ich und schlug meine Speisekarte auf.
»Und ich glaube, es wäre klug, das Thema zu wechseln, damit wir essen können. Der Burger hier ist so gut, dass sogar ich ab und zu schwach werde
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