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Brandung des Herzens

Titel: Brandung des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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bißchen wütend. Ganz sicher fühlte sie sich nicht verletzt durch Calebs beleidigenden Mangel an Manieren, oder?
    Ohne ein weiteres Wort machte Caleb kehrt und stapfte dorthin zurück, wo Deuce wartete. Er stieg in den Sattel mit der lässigen, kraftvollen Eleganz eines Berglöwen und drückte dem Wallach behutsam seine Sporen in die Seiten. Augenblicklich setzte das Pferd zum Handgalopp an. Caleb hielt das Tempo für eine gute halbe Stunde, dann ließ er Deuce im Schritt weitergehen. Zehn Minuten später trieb er den großen Wallach zu langsamem Galopp an, dann zu schnellem.
    Und nach diesem Schema ging es immer weiter durch die kalten, langen Stunden der Nacht -Galopp, Schritt, Trab, Schritt, Galopp, ohne die Chance, einen Augenblick auszuruhen. Willow tat, was sie konnte, um Ishmael zu schonen, aber es gab nichts, was sie hätte tun können, um ihre eigenen Kräfte zu sparen. Zu Anfang prüfte sie die Position des Großen Bären jedesmal, wenn das Pferd in Schritt fiel, dann immer seltener. Es war einfach zu entmutigend. Die Sterne schienen kaum weiterzuziehen am mattschwarzen Nachthimmel. Manchmal hätte Willow schwören können, daß sie sich rückwärts auf ihrer Bahn bewegten.
    Nach einigen Stunden ignorierte Willow die Sterne, die sie förmlich zu verhöhnen schienen. Sie bemerkte auch kaum noch den Unterschied zwischen Schritt und Handgalopp. Im Trab zu reiten, wurde zunehmend schmerzhafter. Grimmig versuchte Willow, Ishmaels Last zu erleichtern, aber ihren steifen, kalten Muskeln fehlte die gewohnte Schnelligkeit und Geschmeidigkeit. Als Ishmael unvermittelt stehenblieb, hätte der plötzliche Gangartwechsel sie fast aus dem Sattel geschleudert. Verdutzt blinzelnd schaute Willow erneut zu den Sternen hinauf und begriff, daß auch die längste Nacht einmal ein Ende hatte. Ein blasses, graues Licht, Vorbote der Morgendämmerung, breitete sich am östlichen Himmel aus.
    Erschöpft strich sich Willow die immer noch feuchten Locken aus dem Gesicht. Sie sah, daß Caleb sie von dem vielberittenen Weg hinunter in eine der vielen schmalen, tiefen Senken zwischen Bodenfalten in der Landschaft geführt hatte. Ein kleiner Bach, nicht breiter als ihre Hand, schimmerte im langsam heller werdenden Licht. An seinen Ufern wuchsen üppige, dichte Weidenbüsche, so hoch wie ein großer Mann, die Schutz vor dem kalten Wind boten, aber auch ein gutes Versteck abgaben. Offensichtlich war Caleb mehr an der letzteren Eigenschaft interessiert. Er begann, ein Pferd nach dem anderen flußabwärts vom Lager an den Sträuchern anzubinden, wo sie Zugang zum Wasser hatten und zu den vereinzelten Flecken von Gras, die zwischen Gruppen von Buschwerk wuchsen.
    Erst als sich Caleb ihr mit einem Seil und einem Pflock in den Händen näherte, wurde Willow bewußt, daß sie immer noch unbeweglich auf Ishmael saß, zu benommen und kraftlos, um auch nur abzusteigen.
    »Machen Sie sich an die Arbeit, Südstaatenlady. Sie haben einen Führer eingestellt, keinen persönlichen Sklaven. Sehen Sie zu, daß Sie ein paar trockene Zweige finden, aber versuchen Sie nicht, ein Feuer anzuzünden. Todsicher würden Sie ein Signal in die Luft hinaufschicken, das man den ganzen Weg bis zurück nach Denver sehen könnte.« Caleb wies mit dem Daumen auf einen der Packsättel, die er Trey, seinem zweiten Pferd, abge-nommen hatte. »Da drüben sind Kaffee, eine Speckseite und Mehl. Können Sie kochen?«
    Willow nickte stumm.
    »Dann legen Sie mal los«, befahl er. »Wenn die Sonne über diesen Hügel da steigt, werde ich das Lagerfeuer löschen. Was auch immer bis dahin nicht gekocht ist, werden wir roh essen müssen, oder wir verzichten ganz darauf.«
    Willow wollte absitzen, mußte jedoch feststellen, daß ihr rechtes Bein nicht gehorchen wollte. Es war eingeschlafen. Sie benutzte beide Hände, um ihr Bein über den Sattelknauf zu heben, und biß die Zähne zusammen, weil der Schmerz zurückkehrte, als das Blut wieder zu zirkulieren begann.
    Caleb beobachtete sie aus schmalen Augen. Er hatte gewußt, daß der Ritt hart für Willow werden würde - wie hart, das hatte er allerdings nicht geahnt. Nur mit Mühe widerstand er dem Drang, sie von ihrem Pferd zu heben und zu einem weichen Lager im Dickicht der Weidenbüsche zu tragen. Aber es hatte länger gedauert, einen sicheren Platz zum Rasten zu finden, als er ursprünglich erwartet hatte. Wenn Willow ihm jetzt nicht zur Hand ging, würde ihre einzige Nahrung aus Schiffszwieback oder kaltem Rauchfleisch und noch

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