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Brandung des Herzens

Titel: Brandung des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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ihr die sinnliche Verlockung angeboten. Sie hatte sie zurückgewiesen. Soweit es ihn betraf, war die Sache damit erledigt. Liebchen oder nicht, sie hatte ein Recht, sich ihre Männer auszusuchen.
    »Gehen Sie schlafen, Willow.«
    Calebs Stimme war so kühl wie der Wind, der durch die Berge heulte. Sie blinzelte, überrascht über den plötzlichen Wechsel von sinnlicher Wärme zu unpersönlicher Kälte.
    »Backsoda«, erklärte sie.
    »Was?«
    »Backsoda würde helfen, die Stiche zu lindern.«
    »Ich würde lieber Ihre warme kleine Zunge über meine Wunden lecken fühlen.«
    Willow schnappte hörbar nach Luft.
    »Gehen Sie schlafen, Südstaatenlady. Jetzt sofort.«
    Der Schein des Feuers ließ Calebs Augen in einem Goldton brennen, der klarer und heißer als die Flammen war. Willow wagte einen Blick in seine Augen und konnte sich nicht entscheiden, ob sie vor Caleb weglaufen oder sich ihm nähern sollte. Die Sehnsucht, sich in seine Arme zu werfen, war so zermürbend, daß Willow sich hastig erhob und in einem großen Bogen um Caleb herum zu der Schlafstelle im Eibendickicht ging.
    Doch auch, als Willow auf dem duftenden Bett ausgestreckt lag, konnte sie nicht einschlafen. Immer wieder hörte sie in Gedanken Calebs Worte, sah die Leidenschaft in seinen Augen flackern, fühlte die gleiche Leidenschaft tief in ihrem eigenen Körper brennen. Eine ganze Weile lag sie ruhig da, horchte auf den Nachtwind, der einen frischen Hauch über das Land brachte, und fragte sich, was wohl passiert wäre, wenn sie die sinnliche Herausforderung in Calebs Augen angenommen hätte.
    Gerade als Willow in Schlaf hinüberglitt, schwebten die ersten weichen, schwermütigen Klänge der Mundharmonika zum Mond hinauf. Sie erkannte das Lied, ein Klagelied für einen jungen Mann, der im Krieg gefallen war, auf Anhieb. Die Töne weinten leise, Kummer verwandelte sich in Musik und spielte mit schmerzlicher Süße. Tränen brannten hinter Willows Lidern, während sie sich an vergangene Sommer erinnerte, an eine Zeit, als das Haus der Morans von fröhlichen männlichen Stimmen und dem Lachen ihrer Mutter erfüllt gewesen war, glücklich und zufrieden, ihren Ehemann, ihre fünf großen Söhne und eine Tochter um sich zu haben, deren Haar so golden war, daß es einen Engel hätte neidisch machen können.
    Andere Balladen folgten auf »Danny Boy«, alte Lieder, die
    Calebs Vorfahren vor über einem Jahrhundert nach Amerika gebracht hatten, Balladen und Klagelieder aus England und Irland, Schottland und Wales. Caleb kannte sie alle. Er ließ sie in der samtschwarzen Dunkelheit erklingen, mit einer Geschicklichkeit, die Willow bezaubert lauschen ließ. Sie konnte ihn durch die Öffnung unter dem grünen Baldachin am Feuer sitzen sehen; ein matter Lichtschein beleuchtete sein Gesicht, Schatten zuckten bei jeder Bewegung seines Körpers über seine Züge.
    Als Willow langsam eindöste, verschwamm Caleb zu einer überirdischen Vision vor ihren Augen, kraftvoll und stark, ein Erzengel, dessen harmonische Stimme so rein war wie sein Körper bezwingend; doch am bezwingendsten war die leidenschaftliche Verheißung, die in seinem Inneren loderte, ein dunkles Feuer, das Willow verlockte, ihr Himmel und Hölle zugleich versprach, zwei Körper, die zu einer einzigen hellen Flamme miteinander verschmolzen.
    Der Geruch von Regen und Wald durchdrang alles. Wasser prasselte herab und rann von der Ölplane herunter, die Caleb über den Eibenästen befestigt hatte. Der Unterschlupf bot genug Platz, um aufrecht unter dem grünen Baldachin sitzen zu können, aber Caleb war so groß, daß er mit dem Kopf an die untersten Zweige stieß. Gelegentliche Windböen ließen den Wald aufseufzen und rüttelten an dem Astdach. Bis jetzt hatte es gehalten. Regenrinnsale krochen an Fichtenästen herunter und tropften in die strategisch plazierte Blechtasse, mehrere Teller und den Kaffeetopf. Zwar waren weder Caleb noch Willow naß, aber besonders behaglich und trocken war ihnen auch nicht zumute.
    »Drei von der gleichen Sorte«, sagte Caleb und breitete seine Karten fächerförmig auf seinem Sattel aus, der ihm als Tisch diente.
    Stirnrunzelnd betrachtete Willow ihre eigenen Karten. Eine schwarze Königin, ein roter Bube und drei Karten mit verschieden hoher Punktzahl blickten ihr entgegen.
    »Nichts«, sagte sie. »Ich glaube, mir fehlt irgend etwas bei diesem Spiel.«
    Caleb schaute Willow unter dichten schwarzen Wimpern hervor an, während er die feuchten Karten einsammelte und sie

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