Brandung des Herzens
hatte ihnen zärtliche Lügen zugeflüstert, während er Spitzenbänder aufknüpfte und die weiche Glut darunter plünderte. Das war’s, was Willow vermißte, all die glatten Lügen und geschliffenen Manieren eines Gentlemans.
Wenn Caleb Willows Körper besitzen wollte, würde er seine heftige Wut auf ihren Liebhaber zügeln müssen. Dann wäre er-vielleicht-inder Lage, seine Leidenschaft und sein Verlangen zu beherrschen, die sich bis in seine Knochen fraßen.
Mit einem gemurmelten Fluch griff Caleb nach seinem Hut und Gewehr und glitt in einer geschmeidigen Bewegung aus dem Unterschlupf heraus. Hinter ihm atmete Willow langsam aus, fragte sich, warum Caleb jedesmal so bissig und aufs äußerste gereizt auf das Thema Ehe und Matthew Moran reagierte.
»Ich will die Gegend auskundschaften«, sagte er jetzt von draußen. »Ich werde mehrere Stunden fortbleiben. Zünden Sie kein Feuer an.«
»In Ordnung«, antwortete Willow.
Sie wartete, lauschte angestrengt, wagte kaum zu atmen, als sie sich an die Wildheit in Calebs Stimme erinnerte. Aber sie hörte nur die Windböen, die die letzten Reste des Unwetters vertrieben. Als sie vorsichtig aus dem Dickicht schlüpfte, war sie allein, und die Sonne ergoß einen Katarakt goldener Hitze über das Land. Wolken wichen mit jeder Minute weiter zurück und enthüllten mit frischem Schnee bedeckte Gipfel.
»Caleb hatte recht«, sagte Willow laut vor sich hin, in der Hoffnung, der Klang ihrer Stimme würde die Einsamkeit bannen. »Weiter oben in den Bergen hat es geschneit. Aber andererseits behält Caleb immer recht, nicht? Deshalb habe ich ihn auch als Führer eingestellt.«
Willows Körper durchlief ein Schauder bei der Erinnerung an die Grimmigkeit in Calebs Stimme, als er sie über Matthew ausgefragt hatte. Es war, als fühlte sich Caleb irgendwie durch die bloße Existenz ihres Bruders beleidigt.
»Nicht meines Bruders«, korrigierte sie sich selbst hastig. »Meines Ehemannes. Ich darf das nicht vergessen. Matthew ist mein Mann, nicht mein Bruder.«
Und dennoch konnte Willow an nichts anderes denken als an das erregende Funkeln in Calebs Augen, als er zugeschaut hatte, wie sie sich den Honig von den Fingern leckte, an den rauchigen Klang seiner Stimme, als er sie fragte, ob sie seine kleine Verletzung küssen würde, um sie zu lindern. Es hatte sie verlockt, so sehr verlockt, und er hatte es deutlich gemerkt. Er begehrte sie, sie fühlte sich zu ihm hingezogen, und er glaubte, sie wäre verheiratet.
Flammende Röte kroch plötzlich von Willows Brüsten bis hinauf zu ihren Haarwurzeln, als sie begriff, daß Caleb sie wahrscheinlich bestenfalls als Flirt betrachtete und schlimmstenfalls als...
Liebchen.
Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Es wäre ja nur noch für ein paar Tage. Eine Woche vielleicht. Dann würden sie bei den fünf Gipfeln angekommen sein, und Matthew würde sie finden, und sie könnten alle über ihre notwendige Tarnung als verheiratete Frau lachen. Aber bis dahin brauchte Willow ihre Tarnung nötiger als jemals zuvor.
Caleb war ein wildes, süßes Feuer in ihrem Blut.
8 . Kapitel
Ein neugieriger, prickelnder Schauer der Erregung überlief Willow bei dem Gedanken an den Mann, dessen unberechenbares Naturell und spitzbübisches Lächeln sie ständig aus der Fassung brachten. Doch sie zwang sich energisch, an etwas anderes zu denken, konzentrierte sich statt dessen auf das Sonnenlicht, das rein und intensiv vom Himmel strahlte und die Dunstschleier über der regennassen Landschaft auflöste. Obwohl der Boden kühl war, erwärmte sich die Luft rasch, bis es fast heiß wurde.
Die Pferde waren aus dem Schutz des Waldes hervorgekommen und grasten am Rand der Lichtung. Sie fraßen hungrig, hoben von Zeit zu Zeit wachsam die Köpfe, waren aber ansonsten entspannt. Ihre Ruhe gab Willow die Gewißheit, daß niemand in der Nähe herumschlich. Eine Weile beobachtete sie, wie ihr nasses Fell in der sich rapide erwärmenden Luft dampfte, fühlte sich getröstet von der vertrauten Gegenwart ihrer Araber. Innerhalb einer Stunde würden die Pferde und auch die Wiese wieder trocken sein.
Willow kroch in den Unterschlupf und holte das Gewehr, eine Decke, Lavendelseife, Calebs Kavalleriehemd und ihr sauberes Mieder und die langen Batistunterhosen. Wieder forschte sie bei Ishmael nach irgendwelchen Anzeichen dafür, daß sie nicht allein auf der Wiese wäre, doch der Hengst schien keine Gefahr zu wittern. Beruhigt ging Willow zu dem kleinen Bach und folgte
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