Brandung des Herzens
richtige Gegend zu finden und das Geld für den Start zusammenzubekommen.«
Caleb warf Willow einen Blick von der Seite zu, der teils belustigt war, zum größten Teil jedoch ungläubig. »Südstaatenlady, jeder, der hier draußen überleben will, denkt so. Es geht einem einfach in Fleisch und Blut über. So wie man sich Landmarken vor und hinter sich einprägt, denn auf dem Hinweg sieht alles anders aus als auf dem Rückweg. Aber egal, ob man kommt oder geht, dieses Land ist eines der schönsten, das Gott jemals erschaffen hat, und so wild, daß sich selbst der Teufel heimisch fühlt. Wenn hier ein Mann nicht ständig die Augen offenhält und die Ohren spitzt, wird er bald als Leiche enden.«
»Warum willst du dann hier eine Ranch aufbauen?«
Calebs Lächeln bot weder Trost noch echten Humor. »Weiter im Osten und in Kalifornien besitzen schon andere Männer das gute Land. Nicht hier. Hier kann ein Mann soviel gutes Land haben, wie er zu erkämpfen bereit ist. Ich bin kein schlechter Kämpfer, Willow, und ich habe auch keine schlechte Hand mit Vieh.«
»Ist es das, was du dir wünschst - dich hier anzusiedeln und Rancher zu werden?«
Caleb nickte nachdenklich, ließ seinen Blick erneut über das Land schweifen, statt die Frau anzusehen, die ihn aus großen, haselnußbraunen Augen anschaute.
»Man findet auch Berge und Lichtungen wie diese hier ein paar Tagesritte weiter südlich des Gebiets von San Juan«, sagte er. »Das Weideland ist gut, aber man müßte sich jeden Morgen erst die Apachen und Komantschen vom Hals schaffen, und das Vieh würde mehr Pfeile im Rücken stecken haben als ein Stachelschwein Stacheln. Macht nicht viel Spaß. Bringt auch nicht viel Profit.«
Eine Weile blickte Willow auf die fernen Berggipfel. Dann musterte sie wieder den Mann mit den harten Zügen, der jede
Richtungsänderung der Brise durch Wald und Gras registrierte, dessen scharfer Blick jede Bewegung prüfte auf der Suche nach einer, die von Menschen stammte. Oder eher von Männern.
Comancheros.
Unbehagen erfaßte Willow. Sie hatte nicht erwartet, daß der Westen zivilisiert sein würde, war sich aber auch nicht wirklich darüber im klaren gewesen, was solch ein völliger Mangel an Zivilisation bedeutete. In gewisser Weise war es, als befände man sich im Krieg. Ständige Wachsamkeit war erforderlich, weil Unaufmerksamkeit tödliche Folgen haben konnte. Das bekümmerte Willow nicht sonderlich, denn sie hatte sich während des Krieges daran gewöhnt, immer auf der Hut zu sein. Sie hatte eine gewisse Fertigkeit darin entwickelt, auf Geräusche zu lauschen, leicht zu schlafen und beim ersten Anzeichen von Gefahr mit ihrer Mutter im Wald zu verschwinden.
Aber dieses weite, wilde, außergewöhnliche Land war nicht wie ihre Farm. Hier war sie von Calebs Kraft, seiner Geschicklichkeit im Kampf, seinem Wissen in einem Ausmaß abhängig, das sie ängstigte.
Er hat mich vor dem gewarnt, was kommen würde, sagte sie sich im stillen. Er hat mir die Gefahren klargemacht.
Sie fröstelte unwillkürlich, als die Worte einer vergangenen Unterhaltung in ihrem Gedächtnis widerhallten. Dort, wo ich Sie hinbegleite, gibt es überhaupt kein Gesetz. Dort draußen in den Bergen paßt ein Mann auf sich selbst auf, weil es sonst keiner für ihn tun wird.
Und eine Frau? Was tut sie ?
Eine Frau findet einen Mann, der stark genug ist, sie und die Kinder, die sie ihm gebären wird, zu beschützen.
Es schien weit länger als ein paar Tage her zu sein, seit Willow Calebs Warnung gehört und mißachtet hatte - in dem trügerischen Gedanken, das, was vor ihr lag, könne nicht gefährlicher als der Krieg sein, den sie bereits überlebt hatte. Es schien Jahre her zu sein, seit sie Denvers simple Bequemlichkeit hinter sich gelassen hatte und in ein Land hinausgeritten war, das mit jedem Schritt gen Westen wilder und unbezähmbarer wurde.
Und dennoch, auch mit diesem Wissen hätte sie keinen jener Schritte gegen die Sicherheit des Ostens eingetauscht, den sie verlassen hatte. Trotz der Gefahr hatte die wild zerklüftete Silhouette der Rockies etwas an sich, was ihr Blut schneller in den Adern pulsieren ließ und ihre Seele beschwingte.
Willow schloß die Augen und lauschte auf die gedämpften Geräusche des Landes um sich herum. Eines der Pferde schnaubte und stampfte mit den Hufen. Ein Sattel knirschte, als Caleb sein Gewicht verlagerte. Ein Vogel rief weit draußen auf der Wiese. Es gab keine Gerüche nach Rauch, gesägtem Holz oder frisch
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