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Brandwache

Brandwache

Titel: Brandwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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Bedeutung des Wortes Restriktion, nehme ich
an?« sagte er.
    Er war ein alter Scheißer, fünfundvierzig, vermutete
ich. Das Alter, in dem auch Dear Daddy war. Er sah einigermaßen
gut aus, vermutlich turnte er wie ein Verrückter, um wegen der
Neulingsmädchen seinen alten Bauch zurückzuhalten. Selber
schuld, wenn er einen Bruch bekam. Wahrscheinlich fickte er auch den
Plastiksack, wie Daddy, um den Namen der Familie fortzuführen.
Beim Knaller Jesus, es sollte ein Gesetz dagegen geben.
    »Sie sind eine Treuhand-Studentin, Octavia?«
    »Das ist richtig.« Hast du gedacht, ich trüge
einen so beschissenen Namen wie Octavia, wenn ich es nicht
wäre?
    »Keine Eltern?«
    »Nein. Eine bezahlte Ersatzmutter. Treuhandname bis
einundzwanzig.« Ich beobachtete sein Gesicht, um zu sehen,
welchen Eindruck meine Worte auf ihn machten. Auf diese Art habe ich
schon eine Menge erschrockener Gesichter zu sehen bekommen.
    »Dann existiert niemand, dem wir schreiben könnten,
außer Ihren Rechtsanwälten. Keine Möglichkeit, Sie
von der Schule zu verweisen. Und die Restriktion scheint keine
merkliche Wirkung auf Sie auszuüben. Ich weiß nicht recht,
was daraus wird.«
    Ich wette, daß du es nicht weißt. Ich fuhr
fort, ihn zu beobachten, und er fuhr fort, mich zu beobachten;
vielleicht fragte er sich, ob ich seine geliebte Tochter sein konnte;
ob diese kostspielige Wichserei in den Plastikbeutel das zur Folge
gehabt haben konnte, was er zu knallen vorhatte.
    »Wie genau lautete der Ausdruck, mit dem Sie Ihre
Dorment-Mutter belegt haben?«
    »Fotze«, sagte ich.
    »Ich habe mich selbst ein- oder zweimal danach gesehnt, sie
so zu nennen.«
    Der aufbauende Teil des Verhörs. Ich wartete und war mir
ziemlich sicher, was kommen würde.
    »Kehren wir zu dieser Party zurück. Ich hörte, die
Jungen haben etwas Neues auf der Pfanne. Was ist es?«
    Diese Frage hatte ich nicht erwartet. »Ich habe keine
Ahnung«, erwiderte ich; dann erkannte ich, daß ich meinen
Schutz heruntergelassen hatte. »Denken Sie, ich würde es
Ihnen sagen, wenn ich es wüßte?«
    »Nein, selbstverständlich nicht. Ich bewundere das. Sie
sind eine noch ziemlich junge Dame, wissen Sie. Freimütig,
loyal, zudem sehr hübsch, wenn ich das so sagen darf.«
    Ahaaaa. Und zufälligerweise ergibt es sich, daß du
eine Aufgabe für mich hast; stimmt’s?
    »Meine Sekretärin hat den Dienst quittiert. Sie
bevorzugt jüngere Männer, wie sie sagte; aber wenn das
stimmt, was mir so zu Ohren kommt, würde sie mit mir besser
fahren. Es ist ein guter Job. Viele Extras. Es sei denn,
natürlich, Sie hallen es wie meine Sekretärin und ziehen
Männern Knaben vor.«
    Sehr gut, das war der Ausweg. Keine jungfräulichen Novizinnen
mehr, keine Restriktion mehr. Sehr verführerisch. Nur, daß
er wenigstens fünfundvierzig war, und irgendwie geht mir der
Gedanke gegen den Strich, von meinem eigenen Vater geknallt zu
werden. Bedaure, mein Herr.
    »Wenn Sie das Problem mit der Treuhandschaft
beschäftigen sollte, versichere ich Ihnen, daß sich das
nachprüfen läßt.«
    Lügner. Niemand kennt seine Kinder. Das ist der Grund,
weshalb wir diese Treuhandnamen aus dem Märchenbuch tragen,
damit wir nicht an Daddys Tür klopfen und sagen können:
»Hi, ich bin deine geliebte Tochter.« Der Treuhandvertrag
schützt sie vor derartigen Szenen. Nur manchmal, wenn man einem
Scheißer wie diesem Verwalter gegenübersteht, fragt man
sich, wer hier eigentlich wen schützt.
    »Erinnern Sie sich, wie ich meine Dormentmutter genannt
habe?« fragte ich.
    »Ja…«
    »Das sind Sie auch – nur doppelt.«
    Jetzt habe ich Restriktion für den Rest des Jahres und ein
gottverdammtes Alarmarmband um mein Handgelenk verschweißt.
     
    »Ich weiß, was sie haben«, flüsterte mir
Arabel in der Klasse zu. Es war das erste Mal, daß ich sie
seitdem zu Gesicht bekam. Das verfluchte Alarmarmband gab schon Laut,
wenn ich auch nur unerlaubt masturbierte.
    »Was denn?« fragte ich ziemlich desinteressiert.
    »Ich erzähle es dir nachher.«
    Ich traf sie draußen, in einem Sturmwind fliegender Zweige
und Baumwollflocken. Das Luftumwälzungssystem war wieder einmal
ausgerastet.
    »Es sind Tiere«, sagte sie.
    »Tiere?«
    »Kleine widerliche Viecher; ungefähr so lang wie ein
Arm. Tessel heißen sie. Widerwärtige kleine braune
Tiere.«
    »Ich glaub’ es nicht«, sagte ich. »Dazu sind
mehr als Tiere nötig. Das gehört zum elementaren
Unterrichtsstoff in der Schule. Sind sie bioverbessert?«
    »Du meinst Pheromone und

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