Brandzeichen

Steine, Mineralien und Gesteinsbildungen mit. Und immer mehr fortgeschrittene Geologiestudenten der Bartram-Universität kommen zu uns, um unsere Referenzsammlung für ihre Forschungen zu benutzen. Ich arbeite bei allen Ausstellungen eng mit der geologischen Fakultät zusammen. Unsere geologischen Exponate sind eine unserer Stärken.«
    Diane wusste, dass das stimmte. Die Geologieabteilung allein hatte das Ansehen des Museums in den Augen der benachbarten Universitäten beträchtlich erhöht.
    »Es freut mich, dass Sie sich hier wohl fühlen. Ich möchte nur, dass Sie wissen, dass Sie jederzeit alle Ihre Optionen wahrnehmen können, wenn wieder einmal ein Headhunter Kontakt zu Ihnen aufnehmen sollte.«
    »Kein Problem. Aber da gibt es noch etwas anderes: Keiner von denen kann mir die Freiheit bieten, die ich hier genieße. Außerdem finde ich es schön, dass es in diesem Museum keine interne oder äußere politische Einflussnahme gibt. Das ist vor allem Ihr Verdienst. Ich kann mich hier ganz auf die Sammlungen konzentrieren und muss mich nicht ständig um irgendwelche empfindlichen Egos oder politischen Anliegen und Programme kümmern. Bei anderen Museen ist das leider nicht der Fall. Dies ist ein guter Ort.«
    RiverTrail war wirklich ein guter Ort. Diane betrachtete es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben als Direktorin, dass dies so bleiben würde.
    Kendel wurde wegen irgendeiner dringenden Angelegenheit in ihr Büro zurückgerufen, und Diane wechselte in ihren anderen Job, den der Leiterin des Kriminallabors, wo ebenfalls eine wichtige Angelegenheit auf sie wartete.
    »Wir haben jetzt die Obduktionsberichte von Blake Stanton und Marcus McNair«, sagte Neva.
    »Bringen Sie sie bitte in mein Osteologielabor«, sagte Diane im Vorbeigehen. Obgleich es sicher entspannender war, die Hände von der Aufklärungsarbeit zu lassen, hatte sie jetzt genug von dieser Enthaltsamkeit. Es lag einfach nicht in ihrer Natur, sich aus allem, was interessant war, herauszuhalten.
    Neva, David und Jin folgten ihr auf den Fersen. Als Diane sich hinter ihren Schreibtisch gesetzt hatte, reichte ihr Neva alle Berichte, einschließlich der Tatort- und Obduktionsfotos.
    Diane begann mit McNairs Autopsiebericht. Todesursache war der Kopfschuss. Den Schuss in die Brust hätte er eventuell überlebt. Dann schaute sie die Tatortfotos durch. Es war seltsam, McNair tot daliegen zu sehen, ohne das süffisante Lächeln, das ihn zu Lebzeiten ausgezeichnet hatte.
    Als Nächstes legte sie McNairs und Stantons Obduktionsfotos nebeneinander und verglich vor allem die Kopfwunden. Beide hatten mitten auf der Stirn eine Schusswunde von ähnlicher Größe. Um McNairs Wunde gab es eine größere verbrannte Fläche. Dagegen wies keine von beiden Schmauchspuren auf. Deren Abwesenheit hatte Rankin zwar notiert, aber daraus keine Schlüsse gezogen. Rankin ging in seinen Berichten selten über das hinaus, was er ganz sicher wusste.
    »Habt ihr mir nicht erzählt, dass der leitende Ermittler glaubt, die Schüsse seien aus größerer Entfernung abgegeben worden?«, fragte Diane.
    »Ja«, sagte Neva.
    »Die Ermittler hier in Rosewood haben nicht viel Erfahrung mit Schusswunden, die eine Schusswaffe mit Schalldämpfer verursacht hat«, sagte Diane. »Und da an beiden Tatorten niemand etwas gehört hat, gehe ich davon aus, dass ein Schalldämpfer benutzt wurde.«
    Diane drehte die Fotos um, damit alle sie betrachten konnten. »Schaut euch einmal McNair an. Der Ermittler dachte, es sei keine Kontaktwunde, da es keine Pulverrückstände gibt. Aber solche Schmauchspuren fehlen oft, wenn ein Schalldämpfer benutzt wurde. Dieser rote Ring um die Wunde sind Verbrennungen, die das Mündungsfeuer verursacht hat. Man kann deutlich sehen, dass er erythematös ist, also gerötet ist und wie eine Entzündung aussieht, und nicht etwa abgeschürft, wie es bei einer Schusswaffe ohne Schalldämpfer der Fall wäre. Wenn wir diesen Schalldämpfer finden, werden wir in seinem Innern wahrscheinlich Gewebereste des Opfers entdecken.«
    Neva nahm das Foto in die Hand und musterte es. Jin schaute ihr dabei über die Schulter. David lehnte sich derweil zurück. Das Studieren von Obduktionsfotos gehörte nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.
    »Wenn ihr euch dagegen Blakes Wunde anschaut«, fuhr Diane fort, »seht ihr überhaupt keine Schmauchspuren oder Verbrennungen durch Mündungsfeuer. Er wurde also aus größerer Entfernung erschossen. Die Kugel steckte noch in seinem Kopf, was bedeuten