Brandzeichen
führte ihn daraufhin durch alle Abteilungen und zeigte ihm, wie man Ausstellungen plant und Exponate inszeniert. Einige Leute dachten bereits, er arbeite hier. Er ging wirklich allen gern zur Hand.«
Das glaube ich gerne, dachte Diane. Dieser kleine, heimtückische Gauner. Zuerst gewann er ihr Vertrauen, und dann raubte er sie aus.
»Er war doch ein Student.« Dies war zwar eine Aussage, aber Diane ließ es wie eine Frage klingen.
»Er ist einer von diesen ewigen Studenten, die nie Examen machen.« Juliet seufzte. »Darcy wird am Boden zerstört sein. Sie hat ihn wirklich geliebt.«
»Ich habe den Eindruck, dass Sie ihn nicht allzu sehr schätzten.«
»Nein, ich mag – ich mochte ihn wirklich nicht besonders«, sagte sie. Sie stellte ihr Saftglas auf den Tisch zurück. »Ich glaube, er mochte sie nicht so sehr, wie sie ihn mochte. Wenn ein Junge dich liebt, schaut er dich gerne und oft an, selbst wenn du ihn einmal nicht anschaust. Er dagegen schaute sie nie an. Er schaute anderen Frauen nach, aber kaum jemals ihr.«
Interessante Beobachtung,
dachte Diane.
»Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mir von Darcy erzählt haben«, sagte Diane. »Wir hoffen alle, dass sie bald wieder gesund wird. Ich bin ihren Eltern begegnet. Sehr nette Leute.«
»Darcy liebt ihre Eltern über alles. Es ist ihr unheimlich wichtig, was sie von ihr denken. Einer Menge Leute in meinem Alter ist das völlig egal. Was mich angeht, habe ich weit niedrigere Erwartungen. Mir genügt es schon, wenn sie mich nicht für verrückt halten.« Sie lächelte.
Diane lächelte mit ihr. »Da können Sie ganz beruhigt sein. Es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen Verrücktheit und Stressverarbeitungsstrategien.«
Juliet griff sich ihren Orangensaft und stand auf.
»Das hat Dr. Hillard auch gesagt.«
Sie lächelte erneut, als sie zur Tür ging.
»Vielleicht gibt sie mir ein Zeugnis, das meine geistige Gesundheit bestätigt, das ich dann einrahmen und mir an die Wand hängen kann.«
»Grüßen Sie Darcy von mir«, sagte Diane. »Übrigens, wie geht eigentlich Whitney Lester mit Ihnen um?«
»Sie zeigt mir die kalte Schulter. Damit kann ich gut leben.«
Nachdem Juliet gegangen war, blieb Diane ein paar Minuten auf ihrer Couch sitzen und dachte nach. Jetzt wusste sie, wie Blake Zugang zu den Museumsmagazinen erlangen konnte. Allerdings gefiel ihr die Antwort ganz und gar nicht. Sie stellte sie vor ein neues und noch schwierigeres Problem. Wusste Darcy, was er tat? Hatte sie ihm vielleicht sogar dabei geholfen? Diane wollte Darcy eigentlich nicht befragen, bevor sie nicht wieder ganz gesund war, aber sie wollte auch das Eigentum ihres Museums zurückhaben.
Verdammt.
Natürlich hatte Diane im tiefen Innern gewusst, dass es ein Insider gewesen sein musste, aber sie hatte diese Erkenntnis bisher verdrängt. Sie stand von ihrer Couch auf und ging zum Sicherheitsbüro hinüber.
»Chanell«, sagte sie, als sie an deren geöffnete Tür klopfte.
»Dr. Fallon. Ich wollte Sie gerade besuchen. Wir haben Mrs. Van Ross’ Diamanten gefunden, zusammen mit einigen anderen Steinen aus der Geologieausstellung.« Chanells schwarze Augen strahlten.
Diane schloss die Tür und setzte sich auf den Stuhl neben Chanells Schreibtisch. »Sie haben sie gefunden? Wo?«
»Eigentlich war es ein Viertklässler auf Klassenausflug. Gestern Nachmittag hat er aus Langeweile in der Erde eines Palmenkübels am Eingang gegraben und dabei den Beutel mit den Steinen gefunden. Sein Lehrer hat gesehen, wie er ihn in die Tasche stecken wollte, und ihn dann am Informationsschalter abgegeben. Es stellte sich dann heraus, dass es die vermissten Steine waren. Ich habe keine Ahnung, wie sie dort hingelangt sind.«
Auch Diane konnte nur raten. Hatte Blake kalte Füße bekommen?
»Ich weiß jetzt, wer der Dieb war«, sagte sie dann. »Sein Name war Blake Stanton. Er ist der junge Mann, der ermordet wurde.«
»Dieser Junge?«, rief Chanell aus. »Es tut mir leid, Dr. Fallon, ich weiß nicht, wie er ins Museum gelangt ist. Aber ich werde das gleich überprüfen.«
»Unglücklicherweise weiß ich auch das. Er war Darcy Kincaids Freund.«
»Oh nein, nicht Darcy. Das ist eine Schande. Wissen Sie, ob sie mit ihm unter einer Decke steckte?«
»Ich weiß es nicht, und ich möchte sie eigentlich im Moment auch nicht danach fragen«, antwortete Diane.
»Das verstehe ich. Nachdem wir nun wissen, wer dahintersteckt, kommen wir vielleicht auch bald den anderen gestohlenen Gegenständen auf die
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