Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
schwarzer Seide. Die Haut hatte eine dunkle Brauntönung angenommen, die Wangen waren rosig, die Lippen von warmem Rosenrot, die grünen Augen blickten drein wie große Edelsteine, das Gesicht blieb so reglos wie die Göttermasken im Tempel. An ihrer Seite trippelte eine gefleckte Jagdhündin, die Spitzohren zuckten, in den kristallgleichen Augen tanzten Lichtlein, die bezeugten, daß Yaril ihren Spaß hatte.
    Im ersten Augenblick verspürte Taguiloa angesichts des Dreigespanns einiges Mißbehagen, obwohl er es gewöhnt war, daß Geister umherschwebten und Götter durch die Welt streiften. Gelegentlich sah jemand Godalau in den Wassern der äußeren Bucht schwimmen, die langen Finger die Wellen wie Mondstrahlen durchpflügen, den Fischschwanz wie biegsame Jade durch Luft und Wasser schlagen, beide aufwühlen. Oder Geidranay, wie er, selbst gewaltig wie ein Berg, an einem Berghang saß und die Bäume pflegte. Taguiloa hatte einmal einen Drachen erscheinen und so das Ende einer ausgedehnten Dürre ankündigen sehen, er hatte dem Wogen vielstimmigen Gelächters geglichen, in Rot und Goldgelb gegleißt, weil die Sonne auf seinen Schuppen glitzerte, und dem Jungen, der Taguiloa damals gewesen war, der bei diesem Anblick das Atmen unterlassen hatte, prägte sich ein unvergeßliches Bild strahlender Schönheit ein. Die minderen Götter — Sessa, die verlorene beziehungsweise verlegte Gegenstände wiederfand, Sulit, der Gott der Geheimnisse, Pindatung, der Gott aller Diebe und Taschendiebe, und ihr gesamter Rest
    — hasteten wie lustige Mäuse von einer zur nächsten Person, sie kamen ungebeten und verschwanden ohne Vorwarnung, ein launischer, hinterlistiger und wohl eben deshalb besonders stark umworbener Schwärm von Götterchen. Man konnte mit ihnen Vereinbarungen treffen, und war man schlau genug, hatte man davon sogar einen Vorteil. Erwies man sich als zu blöde, brachte Unheil über sich und die Familie dazu, nun, dann war das des Betroffenen eigene Schuld; war man zu gierig, nahm sich zuviel heraus oder war man ängstlich und versäumte es, auf der Hut zu sein, mochte man zum Schluß Gossen- und Grubenreiniger oder Bettler mit eitrigen Schwären als letzten vorzeigbaren Vorzügen sein.
    Wortlos schritt Taguiloa mit dem Weib, dem Knaben und der Hündin aus. Wenn sich Tungjii großzügig verhielt, empfahl es sich, das Glück zu nutzen, oder das Glück und noch mehr kamen abhanden. Zu der Zeit, da Taguiloa noch dagegen Bedenken gehegt hatte, die Förderung von Temueng in Anspruch zu nehmen, hatte Gerontai ihm diesen Grundsatz erläutert und ihn durchs Erzählen der Geschichte Raskataks unterstrichen.
    Raskatak war ein Fischer mit einem kleinen Boot und wenig Glück gewesen, er brachte gerade so viel Fisch heim, daß er seinen Erwerb nicht aufgeben und sich irgendeine andere Arbeit suchen mußte. Eines schönen Tages schwamm er mit seinem Boot allein auf ruhiger See, hatte die Angelschnüre ausgeworfen, während er das Segel flickte. Der plötzliche Sturmwind, durch den er von den übrigen Booten getrennt und zwischen Wellenbergen hin- und hergeschaukelt worden war, die sich schließlich, als die Böen nachließen, bis die Sonne immer höher stieg, bis sie erbarmungslos aufs Meer herabbrannte, rasch glätteten, hatte das Segel fast mittendurchgerissen. Nichts biß an, die Angelschnüre hingen schlaff übers Dollbord, nicht einmal die gewohnten Geräusche des Boots waren noch zu hören, und der Stich, mit dem Raskatak den Marlspieker durchs Segeltuch bohrte, klang so laut wie ein Fisch, der den Meeresspiegel durchbrach, allerdings war weit und breit kein Fisch zu sehen.
    Hoch am Himmel leuchtete und wallte der Sonnendrache in Weiß und Gold, rollte immerzu mit den riesigen Perlmuttaugen. Und vorn auf seinen Schultern ritt Tungjii, ihren/seinen dicken Arsch in eine vom Drachen eigens für sie/ihn zurechtgedrückte Körpermulde gesetzt. Während sie/er sachte vor ihrem/seinem Gesicht mit einem Fächer wedelte, hatte sie/er auf das jämmerliche kleine Boot herabgeblickt und plötzlich breit gelächelt, in das Gegleiße über dem Drachen gegriffen, mit ihrer/seiner Hand eine gezierte Ausholgebärde gemacht, ihre/seine Faust geöffnet und eine Anzahl Goldmünzen übers Boot ausgestreut, um mit gleichmütigem Interesse zu beobachten, ob sie den Fischer auf den Schädel treffen und erschlagen, das Boot verfehlen und ins Meer klatschen oder mit Geklingel als glänzendes Häuflein Reichtum neben den Mann fallen würden. Tungjii

Weitere Kostenlose Bücher