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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Das letzte Mal, als Jaril sie sah, stellte sie sich ihren Webstuhl auf.« Brann lächelte. »Du weißt, wie Mutter ist, das halbe Haus kann abgebrannt, alles rundum verwüstet sein, aber solange über den Webstühlen das Dach dicht ist und sie das erforderliche Garn zur Hand hat, zählt alles andere für sie nicht.«
    »Ich werde Vater davon erzählen, vielleicht hilft's ihm dabei, wenn's sein muß, 'n wenig nachgiebiger zu sein. Aber er ist dazu imstande, mit uns zu fliehen, wenn's das ist, was dir Sorge macht.«
    »Schauen die Wächter des Nachts bei euch nach dem Rechten? Nach Sonnenuntergang und vor Morgengrauen?«
    »Nein. Wenigstens haben sie's bisher nicht getan. Kurz nach Sonnenuntergang, ungefähr um die siebte Stunde, ist Wachwechsel, die Wachen bleiben die ganze Nacht und werden erst kurz nach Anbruch des Morgens abgelöst. Ich habe sie über die lange, langweilige Nachtwache nörgeln hören.«
    »Dann wird's, je eher wir euch herausholen, um so länger dauern, bis jemand merkt, daß ihr fort seid. Es sei denn, wir hätten auf einmal 'ne Pechsträhne.«
    »Zu früh dürfen wir nicht abhauen, sonst ...« Cathar verstummte, als ein großer brauner Vogel durchs Fenster hereingesaust kam, die Umrisse des Tiers verschwammen, verfestigten sich neben Brann zu einem zierlichen blonden Mädchen, dessen Gestalt ebenfalls verschwamm, und gleich darauf stand da das Hinakind, das ihn zu Brann geführt hatte.
    »Der Schnüffler ist zu der Ansicht gelangt, genau wissen zu müssen, was du hier oben treibst. Er verhandelt gerade drunten mit der Alten und wird in wenigen Augenblicken oben sein, um durch die Gucklöcher zu glotzen.« Yaril eilte zum Bett, verwühlte flugs die Decken, redete unterdessen schnell weiter. »Cathar, zieh dein Hemd aus, zerzause dir das Haar, du mußt aussehen, wie du immer aussiehst, wenn du dich der Lust hingibst. Brann, du mußt schleunigst wieder das Hinagesicht haben. Und nimm die Haarnadeln aus dem Haar, damit es aussiehst, als wärst du gehörig durchgestoßen worden, ja?« Mit mürrischer Miene blickte sie vom einen zum anderen, ging dann zum Tisch, nahm die Glocke, stapfte zur Tür, beugte sich hinaus und läutete nach der Dienerin. »Sie wird gleich Tee bringen. Ihr hättet sofort läuten sollen.«
    Brann schloß die Augen, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und sammelte sich innerlich; ihr Gesicht, ihr ganzer Körper wellte sich, schien zerfließen zu wollen, und gleich darauf besaß sie Gesicht und Hände eines Hinaweibs, einer Matrone mittleren Alters. Sie öffnete die dunklen braunen Augen, sah Cathar sie reichlich verunsichert anstarren. »Ich kann jede Frage beantworten, die du mir stellst, Bruder. Trotz allem, was mit mir gemacht worden ist, bin ich Brann. Du hast Lionnis umworben, ich habe zu erwähnen vergessen, daß sie auch unter den Überlebenden ist, weißt du noch, wie Maus und ich euch einmal belauert haben?«
    Yaril schwang die Tür weit auf, als das Dienstmädchen ein schweres Tablett mit Tee und Plätzchen brachte; es stellte das Tablett auf den Tisch, verbeugte sich und lächelte, als Brann ihr ein Silberstück zuwarf. Yaril schloß hinter der Dienerin die Tür, kam zurück zum Tisch. »Die Wände haben jetzt Augen«, flüsterte das Wandelkind. Es kauerte sich mit geschlossenen Augen zu Branns Füßen, das spitze Gesicht zu einer maskenhaften Miene der Gleichmütigkeit verzogen.
    Cathar streifte sich das Hemd wieder über, begann die Bändchen zu knüpfen, machte nachgerade eine regelrechte Vorführung daraus, ein Funkeln in den graugrünen Augen. Die Sache fing an, ihm Spaß zu bereiten, nachdem nun klar war, daß es Hoffnung gab, daß er und seine Leidensgenossen eine gute Aussicht hatten, ins heimatliche Tal, an die heimischen Hänge des Tincreals zurückkehren zu können. Diese Hoffnung war es, die seine Schritte beschwingte, ihm ein beglücktes Lächeln ermöglichte.
    Seine Hochstimmung näherte sich einem Ausbruch seiner Gefühle, von dem Brann hoffte, daß er ihn aufschob, bis er sich wieder in der Unterkunft befand. Sie sah zu, wie er die Goldmünze nahm, die sie auf den Tisch gelegt hatte, sie in die Höhe warf und auffing, grinste und aus dem Zimmer stolzierte, sie sah es und wäre ihm am liebsten nachgelaufen, um ihn an sich zu drücken, bis er quietschte. Aber das durfte sie auf keinen Fall tun. Daran waren die Temueng schuld, und dafür sollten sie verflucht sein. Sie goß sich Tee in einen Becher und starrte zum Fenster hinaus, trank von der heißen

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