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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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benachbarten Straße ist ein vornehmes Freudenhaus«, erklärte Yaril halblaut. »Verleih dir 'n Hinagesicht und miete dort 'ne Kammer, ich bringe Cathar hin.«
    Brann verzog das Gesicht. »Yaril ...«
    Das Wandelkind kratzte sich am Kopf, vollführte mit der anderen Hand eine Geste der Ungeduld. »Auf die Haustür sind umeinandergeschlungene Schlangen gemalt. Du klopfst einfach an und sagst, du möchtest für den Nachmittag ein Zimmer mieten, gibst der Alten drei Silbermünzen und sagst ihrer Dienerin, es wird nachher jemand gebracht, und läßt dich von ihr aufs Zimmer führen. Wenn das Mädchen fort ist, ziehst du dich aus, legst das Gewand an, das du dort vorfindest, setzt dich und wartest.« Yaril runzelte die Stirn. »Behalt das Hina-gesicht bei. Am günstigsten ist's, du machst's recht faltig, viele alte Weiber bezahlen Jünglinge, damit sie ihnen zu Willen sind. Nur für den Fall, daß 'n Schnüffler es für ratsam hält, dir nachzuschleichen.«
    Brann rümpfte die Nase. »Na so was! Nicht zu glauben.«
    »Es braucht dir nicht zu gefallen, die Hauptsache ist, du machst es richtig.«
    »Laß dir nicht zu lange Zeit. Glaubst du, du kannst ihn zum Mitkommen überreden?«
    Yaril kicherte. »Cathar? Du kennst doch deinen Bruder, nie im Leben würde er eine Gelegenheit versäumen. Halte dich bereit, ich bringe ihn dir mit Gewißheit.«
    Brann saß an einem Tisch am Fenster, als Cathar eintrat, in seinen graugrünen Augen schimmerte Neugierde, sein dunkelbraunes Haar hatte sich zu einem Gewirr kleiner weicher Löckchen gekräuselt. Sie empfand tiefe Zuneigung, als sie ihn sah, hätte fast geweint vor Freude, weil er, trotz allem, was sich ereignet hatte, noch immer wie er selbst wirkte. Er trat näher und betrachtete sie, in den Augen ein Glitzern der Belustigung und des Interesses, verneigte sich. Brann spürte, wie sich in ihrer Magengegend etwas wie ein Knoten zusammenzog, sie wollte nicht, daß ihr Bruder sie so anschaute, selbst wenn er nicht wußte, wer sie war, vielmehr annahm, sie sei irgendein wohlhabendes Hinaweib, das seine Gelüste befriedigte, indem es sich junge Männer vom Marktplatz holte. Sie beugte sich vor, um zu sprechen.
    »Warte«, sagte Yaril hastig. Sie sprang in die Schatten der Bettvorhänge, kam als Lichtfleck wieder zum Vorschein, begann an den Wänden entlangzuschweben.
    Cathar riß die Augen auf, blickte von dem Lichtfleck zu Brann, er wich zur Tür zurück, seine Hand tastete nach dem Türgriff. »Warte, Cathar!« flüsterte Brann.
    »Du kennst mich?« Er blinzelte, stand starr vor Schreck da, während sich Branns Miene wellte, sie das Gesicht erhielt, mit dem sie während der Flucht aus dem Tal eines Morgens aufwachte. Er benetzte sich mit der Zunge die Lippen. »Was ...«
    Brann sah Yaril an, die erneut zu einem kleinen blonden Mädchen geworden war; das Wandelkind nickte. »Gegenwärtig lauscht niemand. Ich werde zur Sicherheit drunten achtgeben. Er hatte«, — Yaril winkte in Cathars Richtung —, »'nen Schnüffler an den Fersen, so wie du's vermutet hast.« Sie grinste ihn an. »Keine Bange, Mann, du wirst nicht aufgefressen!« Sie faßte den Türgriff, öffnete die Tür und schlüpfte hinaus.
    Brann seufzte. »Ich weiß selbst nicht recht, wie ich dir das alles erklären soll, Cathar. Nimm Platz, ja? Deine Zappligkeit steckt mich an.«
    Er verkniff die Augen, zog sich einen Stuhl heran, setzte sich auf die andere Seite des Tischs. »Müßte ich dich kennen?«
    »Ich bin froh, daß du's bist und nicht Duran, er ist dermaßen dickköpfig, er täte mir nie glauben. Ich bin Brann. Deine Schwester.«
    Während er sich vorbeugte, um ihr Gesicht zu mustern, schnitt er eine finstere Miene. »Du ähnelst meiner Mutter. Jetzt jedenfalls. Vorhin nicht.«
    Brann zupfte sich am Haar; es war noch schwarz, sie hatte sich die Mühe gespart, die Farbe nochmals zu ändern. »Ich bin 'n Dutzend Jahre zu alt und fernab der Heimat. Und ich bin eine Art von Gestaltwandlerin geworden.«
    »Aha.«
    »Slya ist erwacht, Bruder, sie hat diese Veränderungen bewirkt. Haben die Temueng euch erzählt, daß sie einen Pimush mit fünfzig Mann ausgeschickt haben, um die Bewohner unseres Tals zu versklaven?«
    »Sie haben's erzählt.«
    »Gingy und Shara sind tot, Cathar. Sie haben alle Kinder unter elf Jahren umgebracht. Und ebenso alle Alten. Ohm Eornis. Die Yongala. Die anderen ...« Brann schloß die Augen. »Wie oft habe ich schon daran denken müssen, Cathar, mich erinnern ... Einiges habe ich beobachtet,

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