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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sich gaben, wenn sie im Traum sprachen.
    Schwerfällig schlurften zwei Männer um den Rand der Lichtung, begegneten sich in Abständen von etwa einer Viertelstunde, latschten gelegentlich zwischen die angebundenen Gefangenen, versetzten denen Tritte, die zu laut stöhnten oder schnarchten. Sämtliche übrigen Krieger hatten sich in zwei Reihen am Flußufer in ihre Decken gewickelt, ihr Pimush ein wenig abseits seiner Männer.
    Yaril kroch dicht an Branns Schulter. »Jaril ist unterwegs zur anderen Seite«, flüsterte sie. »Ich sag's dir, sobald er bereit ist. Du brauchst nicht mehr zu tun, als dich nahe genug an diesen Wächter heranzuschleichen, ihn zu berühren, bevor er einen Warnruf ausstoßen kann. Dann erledigen wir den Rest.«
    Brann brach der Schweiß aus. Unvermittelt bar jedes Zorns und aller Trauer, nicht länger von bequemer Benommenheit geschützt, mußte sie sich dem tatsächlichen Dasein jener Männer stellen, denen sie die Lebenskraft aussaugen sollte. In ihren ganzen elf Lebensjahren hatten ihre Eltern ihr Achtung vor Leben eingeschärft. Slyas Gebote forderten die bereitwillige Übernahme der Verantwortung für jedes genommene Leben. Brann entsann sich der Verzweiflung, mit der sich der Malouch ans Leben gekrallt, und an die Leichtfertigkeit, mit der sie es ihm dennoch geraubt, an den Widerwillen, den sie danach empfunden hatte. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Yaril schmiegte sich enger an Brann, auf ihre unheimliche Art durchaus warm und lebendig. »Schau dir das Gesicht des Wächters an, der nun auf uns zukommt!« flüsterte sie Brann ins Ohr.
    Als der Wächter aus dem Schatten trat, erkannte Brann das Gesicht des Kriegers, der Ruan an den Fersen gepackt und zweimal gegen die Eiche geschlagen, sie fortgeworfen hatte wie Abfall auf einen Misthaufen. »Halt dich bereit!« sagte Yaril, ihre Worte glichen lediglich einem Hauch dicht bei Branns Ohr. »Wenn er uns den Rücken zudreht, wird Jaril den anderen Wächter beißen.« Der Wächter stapfte an Brann vorüber. »Vorwärts!« Hochgescheucht von dem einen geflüsterten Wort, rannte Brann zu dem Mann hinüber, klatschte ihm eine Hand auf den bloßen Arm, ehe er eine Gelegenheit zum Aufschreien hatte, faßte ihn dann auch mit der anderen Hand, zog das Leben aus ihm heraus, die Glut strömte mit wahrer Wucht in sie über, unterschied sich in Art und Stärke von der Lebenskraft, die sie kleineren, weniger gefährlichen Wesen ausgesaugt hatte. Dieser Mann war ein Räuber unter Räubern, ein zum Töten geborener und herangezüchteter Mörder, durch den Drill im Temueng-Heer nur geringfügig gezähmt. Soviel erkannte Brann binnen eines Augenblicks, während seine Lebenskraft heftig in sie überfloß. Gleich darauf fiel er tot um. Brann atmete schwer, bemühte sich, ihre Übelkeit zu unterdrücken, schaute hinüber zu dem anderen Wächter. Er lag inzwischen ebenfalls auf der Erde, hatte lautlos das Leben verloren. In ihrer Schlangengestalt konnten die Kinder aus ihren Körperstoffen ein Gift erzeugen, das vom einen zum anderen Atemzug tötete, nur ein winziges Tröpfchen in einem Giftbeutel, aber genug für den Tod eines Dutzends Menschen.
    »Nun gilt's zu handeln«, wisperte Yaril. »Nicht denken, Brombeerlein, einfach tun, was du zu tun hast. Das ist der einzige Weg, um deine Leute zu retten. Diese Mörder haben den Tod gründlicher verdient, als du's ahnst.« Sie tätschelte Branns Arm und lief ihr voraus zu den Reihen schlafender Krieger. Ein bläßliches Schimmern, und schon war sie eine Schlange geworden, glitt durch den Staub, Staubfarben und im schwachen Sternenschein nahezu unsichtbar, außer wenn ihr Natternkopf sich über einem Schläfer in die Höhe reckte und im Zubeißen auf ihn hinabzuckte.
    Brann riß sich zusammen, schloß sich ihr an. Sie huschte von Mann zu Mann, legte die Hände auf jene, denen die Kinder noch kein Ende bereitet hatten, saugte ihr Leben ein wie schier endlose Schwalle eines glutheißen Stroms, dessen Fluten in sie Überflossen. Sie trank und trank, bis kein Leben mehr da war, das sie hätte rauben können, versuchte die Anwandlungen von Häme zu mißachten, die sie, während sie sich über Schlafende bückte und sie berührte, schwül durchschauderten. Sie empfand sie als unrecht. Ihre Rache sollte reiner Natur sein, durch nichts Niedriges besudelt, nur bestimmt von gerechtem Zorn.
    Die Kinder gaben ihre Schlangengestalt auf und gesellten sich zu Brann, ihre Hände vereinten sich mit ihren Händen, sie nahmen und

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