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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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errichten, das qualmen müßte?«
    Branns Blick huschte vom einen zum anderen kleinen bleichen Gesicht; alle Erregung wich aus ihr, sie wandte sich um und kehrte zu Marrans Leichnam zurück, verharrte dort im Stehen und betrachtete ihn eine Zeitlang. »Mama ...« Endlich begab sie sich auf Abstand, um dem Feuer Platz zu lassen, setzte sich mitten auf den Trampelpfad, die Arme krampfhaft auf der schmalen Brust verschränkt.
    Yaril und Jaril kamen aus den Schatten, stellten sich beiderseits der Leiche einander gegenüber auf, bewegten sich dabei so förmlich, als vollführten sie die Schritte eines Tanzes, verwandelten sich jedoch sogleich in Lichtkugeln, die auf- und niedergaukelten, als wären sie Blasen an einem Faden. Abermals vernahm Brann ihr süßes auf- und abschwellendes Singen — Jarils tiefere Töne herrschten darin vor —, sie sah noch einmal Marran an, halb im Schatten, halb vom Mondschein erhellt, schaute am Ende fort, verdrängte ihre Trauer, verschloß sie in ihrem Innern, geradeso wie ihren übrigen Zorn und Schmerz, ohne daß sie merkte, wie oft sie mittlerweile so verfuhr, ohne zu ahnen, was für eine gewaltige seelische Last sie anhäufte, die üble Nachwirkungen haben mußte, war der Wirrwarr der Ereignisse zum Schluß vorüber, lenkte nichts sie länger von Gedanken an das alles ab, was sie verloren hatte, oder vom eisigen Schrecken der Erkenntnis ihrer Ungewissen Zukunft. Immer schnellere Schwingungen durchrasten die Lichtflecken, von oben bis unten wallten Farben — Blau, Grün und Karmesinrot — über sie, stets schneller-schneller-schneller, ihr Summen und Singen steigerte sich zu einem schrillen, durchdringenden Sirren. Dann schossen sie nach beiden Seiten ein Stück weit davon, machten kehrt und zischten aufeinander zu, prallten dann in blendend-hellem Aufflammen zusammen. Wie ein Bündel Blitze knallten Stichflammen, blaues Feuer lohte. Anfangs schwebte es inmitten der Luft, dann jedoch senkte es sich bodenwärts, bis es Marran erfaßte, danach verzehrte, es loderte an dem verkrümmten Leichnam entlang, verschlang Fleisch und Knochen, bis man nur noch Asche sah.
    Die blaue Flamme wurde fahler, zweiteilte sich, ihre Hälften waberten auseinander, und im nächsten Augenblick lagen, müde und blaß, die Kinder auf dem Laub des Waldbodens.
    Y aril setzte sich auf. »Bevor wir aufbrechen, müssen wir auf Jagd gehen.« Jaril wälzte sich herum und nickte, nahm unverzüglich die Gestalt des Jagdhunds an und trottete fort, Yaril schloß sich an, ein Großteil der Sprungkraft war ihr aus den Beinen gewichen. Marrans Einäscherung hatte das Paar ein erhebliches Maß an Kraft gekostet.
    Brann blickte den beiden nach, blieb noch für einige Atemzüge sitzen, dann erhob sie sich, reckte sich zu voller Körpergröße empor und stimmte das Klagelied für Marran an.
    Ungefähr eine Stunde vor Anbruch der Morgendämmerung verlangsamte der Werhengst weitgehend seine Geschwindigkeit, die Hufe wandelten sich plötzlich, einer nach dem anderen, während sie sich vom Erdboden hoben, in krallenbewehrten Pratzen um. Mit einem langsamen Schritt nach dem anderen geisterte das Roß lautlos durch den Sternenschein, bis die Stimme eines Menschen, der ein sinnloses Geklage ausstieß, zum Bergpfad heraufdrang. Brann saß ab, zog dem Pferd die Satteltaschen vom Rücken und trug sie zu einem Wurzelgewirr, verbarg sie in der Höhlung unterm Baumstamm, darum bemüht, Geräusche zu vermeiden. Sie kehrte zurück an die Seite des Pferds, öffnete die Sattelgurte und nahm ihm den Sattel ab, bewegte sich, die Zähne zusammengebissen, so achtsam wie nur möglich, damit nichts klirrte oder klapperte. Als sie den hohen Baum erreichte, war Jaril zur Stelle, um ihr beim Verstecken des Sattels zu helfen.
    Sie umschlichen den Umkreis der Lichtung, auf der sie das Lager entdeckten, bis sie zu einem Pfefferstrauch gelangten, der krüppelig zwischen den Wurzeln eines Edelharzbaums hervorwuchs, so daß sie hinter einem dünnen Geflecht gezahnter Blätter Deckung fanden, sehen konnten, ohne gesehen zu werden.
    Die Gefangenen schliefen in der Mitte der Lichtung, die um ihre Mitte geknüpften Stricke waren an Pfosten befestigt. Vielleicht hatten in den ersten beiden Nächten etliche wachgelegen, zu aufgewühlt durch Furcht und Gram, um schlafen zu können, aber in dieser Nacht schliefen sie alle, schlummerten tief und geräuschvoll, man hörte Stöhnen, Fürze, Schnarchen, Schluchzer und jenes unverständliche Raunen, das Schlafende von

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