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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Mondaufgang war's so geschäftig wie bei Sonnenuntergang, Schiffe liefen aus, ein halbes Hundert Spielhöllen waren ständig geöffnet, ein Schiffsherr konnte eine ganze Flotte gewinnen oder alles verlieren, bis auf die Haut, ob Mann oder Weib. Ein, zwei Frauen waren darunter, ich meine Schiffsherrinnen; mein Großvater sagte, niemand mochte sich mit ihnen anlegen, sie hielten sich nicht an die Regeln, sondern setzten ihren Widersachern zu, so gut sie's konnten.« Er tauchte einen Finger in den Wein und zog dann mit der Fingerspitze ein verwickeltes Zeichen aufs dunkle Holz der Tischplatte. »Ich habe von alldem nichts mehr mitgekriegt. Der da droben im Turm, er hat den Sklavenmarkt abgeschafft, die Wucherer vertrieben und die Preise für Gewürze, Seide, Perlen und dergleichen so stark gedrückt, daß sie fast nichts kosten, deshalb kann ein ehrbarer Schmuggler nicht länger von den Unterschieden in den Preisen leben. Ach, Daniel, in den vergangenen paar Jahren habe ich schon oft erwogen, mich an einträglichere Gestade zu verziehen.« Ein längeres Schweigen ergab sich zwischen ihnen, die Stimmen anderer Gäste und das Geklapper von Porzellan, als die Schankmädchen die Tische abzuräumen begannen, erreichten Daniels Gehör. »Vielleicht tu ich's wirklich. Die Schwierigkeit ist, jene die bereits dort sind, schätzen's gar nicht, wenn Neue nachdrängen, ihre Nase in alles stecken; das kann Ärger geben. Jahrelange Knappheit, alle Aussichten, gemeuchelt oder fortgeekelt zu werden, keine Verbindungen, keine Fracht, ich sag' dir, Mann, es war ein trauriges Jahr, als er den König vertrieb und mit diesen Neuerungen anfing, Jah'takash sei verdammt.« Wieder verfiel Laux in Schweigen, stierte grüblerisch in den Wein.
    Jaril rührte sich. Seine Krallen scharrten über den Fußboden, seine Zähne umfaßten Daniels Bein gerade so fest, daß sie nicht die Haut verletzten. Daniel blinzelte, sah den Hund an. Jaril stand auf und tappte zur Tür.
    Daniel klopfte auf den Tisch. »Ich muß gehen«, sagte er, als Lio Laux aufblickte. »Meine Gönnerin gehört nicht zu den Leuten, die man warten läßt. Wir sehen uns bei Sonnenuntergang.«
    Lio stieß ein Brummen aus, hob eine Hand, ließ sie auf den Tisch fallen. Tungjiis Wein kreiste in seinem Schädel, er hing alten Zeiten und alten Träumen nach.
    Rubinroter Glanz huschte über die durchscheinenden Schuppen eines gewellten Fischschwanzes, blutrot verfärbt durchpflügten lange, weißliche Finger die Wogen: Godalau schwamm der Skia Hetaira voraus, als die Ketsch geschwind und leise aus der Bucht glitt. Auf einer riesigen Hüfte hockte eine zerzauste, kleine Gestalt in zerfleddertem Schwarz und winkte Daniel Akamarino zu. Er winkte zurück, zuckte zusammen, als er auf seiner Schulter eine Hand spürte. Brann. »Ich muß mich«, sagte Daniel, »erst daran gewöhnen.«
    »Was? Ach ja, wo du herkommst, muß man sich seine Götter selbst vorstellen, und sie bleiben rein geistig und einem fern.« Sie lehnte sich neben ihm an die Reling. »Klingt für meine Begriffe wie ein Paradies. Keine Götter, die dir Schnüre ans Bein binden und dich umherzerren ...
    Hmm. Vielleicht werde ich eines Tages hoch genug springen, um die Schnüre zu zerreißen und in so eine Wirklichkeit zu gelangen.«
    Daniel überschattete seine Augen, spähte nach dem halb durchsichtigen Fischschwanz aus, der sich vor ihnen — in einiger Entfernung — gegen das Blau des Himmels abzeichnete, mehr zu erahnen als sichtbar. »Sie hat auch ihre Nachteile. Hier ist zumindest jemand, der davon Kenntnis nimmt, daß man existiert; vielleicht erlebt man allerhand schlechte Scherze, aber das ist besser als völliges Unbeachtetsein. Woher ich stamme, dort ist's dem Universum egal, ob man lebt oder stirbt. Ich werde 'ne Zeitlang abwarten und dann entscheiden, was mir lieber ist.« Er lachte. »Nicht daß ich 'ne großartige Wahl hätte. Erzähl mir was über Tungjii.«
    »Was denn?«
    »Eine Geschichte, Brombeer, erzähl mir eine Geschichte von Tungjii. Heut' ist 'n lauer Abend, wir haben kaum was zu tun, man kann sich betrinken, schlafen, dem Wind nachschauen. Mir wär's am angenehmsten, dich reden zu hören.«
    Brann lachte. »Wie schmeichelhaft. Deine Art von Höflichkeit ist einfach überwältigend, Blauer Dan. Doch warum nicht. Ich werde dir eine Geschichte erzählen, die der Warnung dient, mein Freund. Tungjii ist von freundlichem Gemüt, aber du solltest diesen kleinen Gott niemals unterschätzen. So! Fern im Osten von

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