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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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lose, daß sie hätten herausrutschen können; sie knöpfte die Ärmel auf und krempelte sie hoch. Schmiede waren im allgemeinen ehrbare Männer und neigten selten zu Schändungen, aber sie hatte schon vor langem alle Vertrauensseligkeit abgestreift, und die Umstände mußten als etwas ungewöhnlich gelten. Noch einmal holte sie tief Luft, dann tat sie ein paar Schritte, bis sie in sein Blickfeld geriet.
    Er ließ den Hammer ein letztes Mal auf den Gegenstand fallen, den er anfertigte (anscheinend ein großes, kunstvolles Glied für eine schwere Kette, die zu seinen Füßen aufgehäuft lag), hielt inne und betrachtete sie. Seine grau-grünen Augen weiteten sich vor Überraschung. »Tissu, Anash? Opop'erkrisi? Ti'bouleshi?« Er hatte eine tiefe, wohlklingende Stimme, und wenngleich die Frau kein Wort verstand, bereitete ihr schon ihr Klang ein wohliges Schaudern.
    »Ich verstehe dich nicht«, antwortete sie. »Sprichst du kein Kevrynyel?«
    »Ach.« Er machte flink und verstohlen ein geheimes Bannzeichen und schob das Kettenglied vom Amboß, um es dem neugierigen Blick der Besucherin zu entziehen. »Händlerkauderwelsch«, sagte er. »Manche verstehn's. Es hieß: >Wer du, woher du kommen, was du wollen?<«
    »Ich bin Reisende«, erwiderte die Frau. »Von einem Schiff, das an eurer Küste vorbeisegelte. Der Schiffsherr ersann eine Möglichkeit, wie er durch mich zu mehr barer Münze gelangen könnte, als ich ihm für die Überfahrt zahlte, er gedachte mich wohl — nachdem er an mir seine Geilheit befriedigt hätte — im nächsten Hafen als Sklavin zu verkaufen. Ich hatte einen Leibwächter dabei, doch der Kerl betrank sich und ließ sich von den Halunken die Gurgel durchschneiden. Da des Schiffsherrn Absichten bei mir keine Freude auslösten, sprang ich über Bord und schwamm an Land. Aaahmmm, was ich will ... Ich möchte ein Mahl, das aus mehr besteht als rohem Fisch, ein heißes Bad, nein, mehrere heiße Bäder, saubere Kleidung, ein Bett zum Schlafen — allein, wenn diese Anmerkung dich nicht verdrießt —, und eine Gelegenheit, um mir für eine Zeitlang den Lebensunterhalt zu verdienen. Ich beherrsche kleinere Werke der Magie, mein Vater war ein Gelehrter des Volkes der Rukha-Nagg. Meistens musiziere ich. Ich hatte eine Daroud, sie hat nun der Schiffsherr, doch vermag ich nahezu jedes Saiteninstrument zu spielen. Ich kenne die Weisen der rukhaischen Tänze und die Lieder vieler Völker. Sollte der Wunsch bestehen, könnte ich eure Sänger und Musikanten all das lehren. Ich kann weder nähen, sticken oder spinnen, noch weben; meine Mutter starb, bevor sie mich in derartigen Fertigkeiten zu unterweisen vermochte, und mein Vater vergaß, daß es erforderlich sein könnte. Und wenn ich ehrlich sein soll, ist's mir nie in den Sinn gekommen, ihn daran zu erinnern. Wünschst du noch irgend etwas über mich zu erfahren?«
    »Lediglich deinen Namen, Anash.«
    »Ach, verzeih mir, ich bin Harra von den Hazhani, Tochter des Magiers Tahno Hazzain. Wie ich sehe, bist du Schmied, ich kenne die hiesigen Bräuche nicht, wär's unhöflich, nach deinem Namen zu fragen, o Nev?«
    »Gleichsam als Geschenk darf man ihn erfahren. Ich bin Simor vom Piyoloss-Klan im Owlyner Tal. Wenn du ein, zwei Augenblicke lang dort hinter jenen Bäumen warten magst, werde ich dich zu meiner Mutter bringen.«
    Und so führte der Schmied Simor, Priester des Angeketteten Gottes, die Fremde ins Haus der Piyoloss, und als die Ernte eingeholt war und der erste Schnee auf der Erde lag, nahm er sie zur Ehefrau. Zunächst hatten die Talbewohner für sie wenig übrig, aber sie sang ihnen Lieder vor und rettete mit ihren kleineren magischen Künsten — die gar nicht so geringfügig waren, wie sie behauptet hatte — mehr als einen von ihnen vor den Häschern des Königs, und nachdem ihr erster Sohn geboren worden war, schwanden die meisten Vorbehalte. Sie hatte sieben Söhne und eine Tochter. Sie unterrichtete sie alle in dem, was sie gelernt hatte, doch am tüchtigsten lernte ihre Tochter von ihr. Die Tochter heiratete in den Faraziloss-Klan ein, und die Töchter ihrer Tochter (es gab deren drei) in den Kalathim-, den Xoshallar- sowie den Bacharikoss-Klan; sie vernahm von ihrer Mutter die Geschichte Branns und ihrer Irrfahrten, erhielt den Anhänger, das Siegelwachs und das Pergament. Sie ließ dafür das Kästlein machen und vererbte es mitsamt dem Versprechen Branns der gewitztesten ihrer Enkelinnen, einer Xoshallarin. Und sie vererbte ihr noch etwas.

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