Brann 02 - Blaue Magie
Ge'mel ist ein freundlicher kleiner Dämon von der Größe etwa einer Taube, er sieht einer Mischung zwischen einer Fledermaus und einer Sellerie ähnlich und ist außerordentlich geschwätzig. Die größte Schwierigkeit, die du mit ihm haben dürftest, könnte darin bestehen, ihm zum Schweigen und Anhören deiner Weisungen zu bringen. Er kann zwischen zwei Atemzügen überall hingelangen, du mußt nur den Namen desjenigen nennen, den er aufsuchen soll, und dabei an ihn denken. Wenn du den Ge'mel nicht mehr brauchst, sage Pi'yen na, dadurch wird er heimgeschickt. Irgendwelche Fragen?«
T'Thelo besah sich das Ei. Nach langem Schweigen steckte er die Holzperlenkette weg, streckte die Hand aus und berührte den Stein mit der Spitze des linken Zeigefingers. Als es ihn nicht biß, nahm er es in die Hand, sah das verzerrte Spiegelbild seines Gesichts in dem glatten, schwarzen Glas an. »Petom«, sagte er. Er hatte eine fast so tiefe Stimme wie Maksim, nur war sie rauher; diese Stimme konnte heiße Leidenschaft ausdrücken, aber singen könnte sie nie, es war eine Rednerstimme, die Stimme eines gealterten Mannes, die vom Nahen des Greisentums allmählich hohl klang.
Wie aus dem Nichts erschien der Ge'mel, hockte plötzlich auf dem prächtig polierten Holz, seine länglichen Augen glänzten lebhaft von dämonischer Heiterkeit; sein Gesicht war dreieckig, in der Tat dem einer Fledermaus recht ähnlich; er hatte große, jadegrüne Ohren mit zarten Fransen an den Rändern, deren laubgrüne Färbung dem Haarbüschel am Ende seines Schweifs entsprach. Die Schwingen waren knochig und durchscheinend, die Flughäute glichen knotiger Rohseide, grüner Seite mit ungleichmäßiger Umrandung. Der Körper zeichnete sich durch Gestreift- und Gefurchtheit aus, an den Schultern war er fast weiß, wurde bis zur Höhe der Beinansätze abgestuft immer grüner und war vom Unterleib abwärts von dunklem Jadegrün. Seine vier Sprungbeine waren hart und wiesen Greifklauen auf, vergleichbar mit den Beinen einer Gottesanbeterin, während die beiden vorderen Glieder zierliche Hände mit drei Fingern und einem entgegengesetzten Daumen aufwiesen. Diese Vorderglieder hielt er an den Leib, die Händchen gefaltet, als wollte er tatsächlich beten. »Ja-ja, neuer Meister«, sagte er; seine Stimme tönte wie helles Summen, dem Sirren einer Stechmücke gar nicht so unähnlich, aber sonderbarerweise klang sie trotzdem recht angenehm. »Was ist dein Begehr? Ich, Yimna Himmna Lute, werd's ausführen. Oho, das ist ein schöner Tisch.« Er bewegte ein Hinterbein über die Tischplatte und erzeugte dabei ein leises Gleitgeräusch. »Herrliches Holz.« Er legte das Gesichtchen schief und blinzelte T'Thelo an. »Bist du ein wichtiger Mann, Sirrah? Ich diene gerne wichtigen Männern, die wichtige Dinge tun, es macht meine Gattinnen und die Brut froh, sie können damit prahlen, wenn Nachbarn zu Besuch kommen.«
Verhalten lachte Maksim. »Wie könnte ein Mann von Bescheidenheit darauf antworten, Yim? Ich werde es statt seiner tun. Ja, kleiner Freund, er ist ein sehr wichtiger Mann, und die Aufträge, die er dir erteilen wird, werden überaus wichtige Aufträge sein, möglicherweise vermögen sie sein Land und sein Volk vor einer drohenden Gefahr zu retten.«
Yimna Himmna Lute hüpfte auf den Hinterbeinen auf und ab, rieb sich die zarten Hände. »Gut-gut, vorzüglich«, zirpte er. Ungeduld brachte seine Schwingen zum Flattern, er heftete den Blick seiner schwarzperligen Augen erwartungsvoll auf T'Thelo (der wohl etwas Verlegenheit empfand, weil er gegenwärtig keinen Auftrag für Yim hatte und weil er ihn auf den ersten Blick für ein Ungeheuer gehalten hatte, nun aber erkannte, daß es sich bei ihm um ein durchaus gutmütiges kleines Geschöpf handelte; er hatte schon Hühner gehabt, die häßlicher und allemal bösartiger gewesen waren).
»Bleibe gelassen, Yim. Der Mann hat dich nur gerufen, um dich kennenzulernen, dir vorgestellt zu werden. Bauernführer T'Thelo, das ist Yimna Himmna Lute, der schnellste und zuverlässigste Bote aller Wirklichkeiten. Yim, das ist Hrous T'Thelo, Bauernführer der Landbevölkerung Cheoneas.« Maksim wartete, bis T'Thelo genickt und Yim seinen umständlichen Begrüßungstanz vollführt hatte, dann wandte er sich an T'Thelo. »Bauernführer T'Thelo, nachdem die gegenseitige Vorstellung erfolgt ist, solltest du Yim vielleicht vorerst heimsenden, bis du dir die Mitteilungen überlegt und sie niedergeschrieben hast, die er für dich
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