Brann 02 - Blaue Magie
Zuneigung Todichis magere, graupelzige Schulter, ehe er sich in seinen unterirdischen Arbeitsraum versetzte.
Der Blaue Danny gähnte und lächelte Brann übers Feuer zu. Dieser Abend war erheblich finsterer als die vergangene Nacht, am Himmel hatten sich Wolken emporgetürmt, Wind schwoll an und verebbte, die Luftfeuchtigkeit kündigte Regenfälle an, und der Atmosphäre merkte man eine gewisse Eisigkeit an, ein Vorzeichen etwaigen morgendlichen Frosts. Manchmal war Brann sichtbar, bisweilen unsichtbar, Gesicht und Hände leuchteten goldrot, wenn noch einmal Flammen aus dem heruntergebrannten Lagerfeuer flackerten, verschwanden im Schatten, sobald das Auflodern versiegte. Die Gestaltwandler, möglicherweise irritiert durch die Elektrizität des bevorstehenden Gewitters, tummelten sich irgendwo ringsum im Dunkeln, jagten einander als Bergkatzen-Männchen und -Weibchen, um überschüssige Kräfte abzubauen, während sie um den Lagerplatz streiften und Wache hielten. »Anscheinend ist es ihm egal, daß wir jetzt in der Ebene sind.«
Brann hatte die Knie an den Leib gezogen und die Unterarme darauf gestützt; mit beiden Händen hielt sie einen Becher Tee, den sie unverwandt anstarrte; ihr Gesicht war dermaßen ausdruckslos, als wäre sie in Gedanken so weit fort, daß sich hinter den Gesichtszügen niemand mehr befand. Erst als sie antwortete, hob sie den Kopf und schaute den Blauen Danny grüblerisch an. »Was denkst du?«
»Ich? Ich und denken? Wer bin ich, daß ich hier was zu denken hätte?«
Langsam verzog Brann den Mund zu einem Lächeln. »Ahzurdan, glaube ich, hmm?«
»Ahzurdan ist tot. Daniel Akamarino ist auch mausetot. Ich bin Dan Azur der Magier, der Neue Blaue Danny, drei Wochen alt, lebendig und putzmunter, Nabelschnur noch intakt, die Nabelschnur ist mit Ketten verstärkt, kein Chirurg kann daran rumschnippeln, der Angekettete Gott zieht dran, und ich zappele, wie's ihm paßt. Ist das nicht ein hübsches Tänzchen, bei dem ich mich abzapple?«
»Nun erachtest du einen persönlichen Gott mitsamt all seinen Ansprüchen nicht mehr als wünschenswert, hmm?«
»Es ist, als wollte man mit einem Tornado diskutieren, vielleicht überlebt man's, aber heil kommt man nicht davon.
Wenn man's probiert, merkt man, daß man einen Sturm eben nicht am Schlafittchen packen kann.«
Brann lächelte erneut, ein bedächtiges, tiefsinniges Lächeln, das ihn reizte, weil es zu sagen schien: Aber ich kann's, ich habe mehr als einmal einem Gott die Leviten gelesen. Blauer Danny, wenn du von Sturm redest, wessen Sturm meinst du? Doch sie sagte nichts, sondern sah mit einem Anflug von Überraschung ihren Becher an, als hätte sie vergessen, daß sie ihn in den Händen hielt. Sie schlürfte vom kühler gewordenen Tee, blickte in das rätselhafte Wechselspiel von Rot und Schwarz, das über die Glutasche des kleinen Lagerfeuers huschte. Sie erregte den Eindruck von Stärke und Gelassenheit, von Zufriedenheit mit dem, wer sie war und was. Sie hatte ihren Streit mit dem Gott schon gewonnen, von ihm erhalten, was sie wollte, Freiheit für sich und die Gestaltwandler; was sie jetzt unternahm, tat sie nur, um die Gegenleistung zu erfüllen; Wut durchfuhr ihn, erbitterte Verärgerung, er wünschte sich, auf ihrem Körper blaue Flecken und Blut, sie sich vor seinen Füßen im Dreck wälzen und winseln zu sehen; ein Teil seines Innenlebens entsetzte sich über dieses Verlangen, ein anderer Teil genoß es, beide wollten Brann aus ihrer Ruhe scheuchen, irgendwie hervorlocken, was sich hinter ihrer Maske verbarg. »Schlaf heute nacht mit mir.«
»Ich rieche wie ein nasses Maultier.«
»Wer nicht? In Wahrheit meinst du, du willst es nicht in Gegenwart der Kinder.«
»Ich meine, du bekämst genau das, was du siehst.«
»Wollte ich das nicht, würde ich fragen?«
»So?«
»Halte dich von meiner Seele fern, und ich werde mich von deiner Seele fernhalten; was ich will, ist dein Körper.«
Wieder lächelte sie, musterte ihn. »Klingt recht vernünftig. Warum nicht?«
»Ein bißchen Begeisterung könnte ganz vorteilhaft sein.«
»Ein wenig mehr Akamarino in deiner Mischung wäre 'ne Hilfe.«
»Ich dachte, du hättest ihn nicht besonders gut leiden können.«
»Ich mochte seine Hände, aber nicht seinen Mund ... um genau zu sein, mir mißfiel, was herauskam.«
»Akamarino ist tot.«
»Du hast es schon erwähnt.«
»Anscheinend glaubst du's nicht.«
»Doch, Dan. Ich denke nur ungern daran, ich ...« Ihr Mund zuckte. »Warum nicht?
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