Brann 02 - Blaue Magie
mit dir sprechen.«
Toma öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu. Ruckartig vollführte er eine Drehung, stapfte in den finsteren Winkel, in dem er die morschen Bretter aufgestapelt hatte, und starrte hinein. »Wenn's über irgendwas von drunten ist ...« Sein Tonfall wurde scharf, als er den Satz beendete. »... will ich's nicht hören.«
Ruhelos schaute sich Trago um; er wußte über Luftgeister Bescheid, man vermochte sie nur zu sehen, wenn sie zufällig einen von Staub durchwallten Sonnenstrahl durchschwebten, aber er versuchte, weil ihm nichts anderes übrigblieb, trotzdem achtzugeben. Hier wollte er nichts sagen, doch wenn er noch lange herumdruckste, mochten die Folgen geradeso nachteilig sein; die Kindertante merkte es stets, wenn er darauf aus war, etwas zu verheimlichen, und er vermutete, daß der Zauberer sich durch eben solche Klarsichtigkeit wie sie auszeichnete, falls er nicht gar über noch größere Fähigkeiten verfügte. Er hüpfte von der Diele, ging zu Toma, faßte ihn an der Hand und zog ihn zum Ausgang.
Toma befreite seine Hand, zögerte; er sah müde und unglücklich aus, aber schließlich nickte er. »Ich komme, Tre. Und ich werde zuhören. Ein paar Augenblicke lang. Wenn du mich nicht schleunigst davon überzeugst, daß es sich lohnt, wirst du's bereuen.«
Trago brachte ein Grinsen zustande. »Also komm.«
Er führte seinen Vetter von der Weide ins Innere eines Eichenhains. Dort kam Kori hinter einem Baum zum Vorschein. »Hallo, Toma.«
»Kori?« Toma wich einen Schritt zurück und blickte mit grimmiger Miene zwischen den beiden hin und her. »Was ist hier eigentlich los?«
»Zeig ihm deine Schulter, Tre.«
Trago knüpfte die Bänder seines Kittelhemds auf und schob den Kragen hinab, so daß Toma das sternförmige Mal sehen konnte. Kori setzte sich auf eine Wurzel, während sich Toma vorbeugte und das Mal berührte. »Nimm Platz, Vetter. Wir haben eine Menge zu besprechen.«
»... so, das ist es also, um was wir dich bitten möchten.« Kori klopfte auf das Päckchen, das auf ihrem Oberschenkel lag. »Bring das der Seelentrinkerin, und erinnere sie an ihren Eid. Es wird gefährlich sein. Er achtet auf jeden, der sich auffällig verhält. Die Stimme hat uns gewarnt, daß er seine Luftgeister ausgesandt hätte, deshalb wollte Tre im Schuppen lieber nicht viel mit dir reden, sondern dich in der Nähe von Eichenelfen haben, die Luftgeister nicht mögen und sie wegscheuchen, wenn sie aufkreuzen. Ah, Tre hat Gold aus der Höhle des Angeketteten Gottes, weil wir ja wußten, daß du welches brauchst. Äh ... Wir hätten's am liebsten, wenn du bald aufbrechen würdest, denn es dauert keine drei Monate mehr, bis bei Tre die anderen Zeichen auftreten. Wirst du's tun?«
Mit beiden Händen rieb sich Toma das Gesicht, seine Atemzüge gingen rauh und stoßweise. Ohne zu sprechen, stützte er die Unterarme auf die Schenkel; er ließ den Kopf hängen und starrte auf den Untergrund. Sorgenvoll beobachtete Kori ihn. Sie hatte die Nachricht auf das Pergament geschrieben und es um eine Hälfte der Schaumünze gefaltet, zusammengebunden und ringsum mit schwarzem Siegelwachs bestrichen, dann in einen Beutel getan und daran eine Kordel zum Umhängen befestigt, und das Gold hatte sie in einer an den Gürtel geknüpften Börse dabei. Alles war vorbereitet, nun bedurfte es nur noch der Unterstützung Tomas. Während sie ihn musterte, fragte sie sich, was er wohl dachte. Wäre sie einige Jahre älter und ein Junge, hätte sie all das gelernt, was Knaben lernten, sie zu lernen jedoch niemals eine Gelegenheit erhalten würde, dann säße sie nicht da und wartete auf Tomas Entscheidung. Ungeduldig bewegte sie die Hände, sagte jedoch nichts. Entweder machte er sich auf den Weg, oder er tat es nicht; am besten wäre es, er übernähme die Aufgabe vollauf aus eigenem Antrieb, damit er auch mit ganzem Herzen hinter dem Entschluß stünde.
Ein Schaudern ließ ihn von Kopf bis Fuß erbeben, er seufzte, hob den Kopf. Seine Augen zeigten eine glasige, leicht viehisch-stumpfe Mattigkeit, sein Blick war nach innen gekehrt, er sah nur die Bilder in seinem Geist. Er blinzelte, begann zu weinen, stumm und hemmungslos, die Tränen liefen ihm einfach so übers Gesicht. »Ich ...« Er räusperte sich. »Ihr wißt nicht ... Ja, ich tu's. Ja.« Er rollte sich einen Ärmel herunter, tupfte sich damit das Gesicht ab, schneuzte sich in die Finger und wischte sie sich an der Hose ab. »Ist Ontari unten? Ich will zuerst ins
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