Brann 02 - Blaue Magie
Forkkertal, vielleicht kann ich mit einem Schmuggler fahren. Er kennt solche Leute.« Er versuchte zu grinsen, und als es ihm gelang, lachte er vor Freude. »Ich möchte nicht das gleiche wie Harra erleben.«
Kori sah Trago an. Trago nickte. »Am Tag, bevor wir zu Berg gestiegen sind, habe ich noch mit ihm gesprochen. Er arbeitete an einem Sattel, er wollte nicht fort, ehe er damit fertig ist.«
Toma nickte. »Ich werde heute abend hinabgehen. Schläft er noch immer im Stall der Kalathi?«
»Hm-hm. Gewöhnlich reitet ein Paar Krieger die Häuser ab, aber es ist leicht, ihnen auszuweichen, sie sind häufiger betrunken als nüchtern. Hat jedenfalls Ontari erzählt.«
»Du wärst wohl nicht du, würdest du nicht bei jeder Gelegenheit unerlaubt umherstrolchen.«
Trago kicherte und verzichtete aufs Leugnen.
Kori stand auf. »Wir müssen rechtzeitig zurück sein, um die Kühe zu melken, sonst zieht uns Xera Chittar die Ohren lang. Da!» Sie warf das Bündel Toma zu und knotete die Börse mit dem Gold von ihrem Gürtel. »Sei auf der Hut, Vetter.« Sie hielt ihm die Börse hin. »Eichen bieten Schutz, was dir sonst helfen könnte, weiß ich leider nicht, vielleicht wirst du durchkommen ...«
Er lachte und drückte sie, nahm die Börse, drückte Trago. »Kehrt um zu euren Kühen, meine Lieben. Wenn ich's geschafft habe, sehen wir uns wieder.« »... Crimpa, Spatz, Weißauge. Bei den Ketten, Tre, Zweifleck ist schon wieder ausgerissen. Hast du sie irgendwo gesehen?«
Trago schnaubte und hüpfte im Kreis. »Hei ... hopp! Hei ... hopp! Zweifleck ist nicht zu halten. Werd mich mal umgucken ...« Er entfernte sich im Laufschritt.
»Mmf.« Kori stubste Crimpa mit der Gerte und trieb sie in die Richtung des Pferchs; die anderen Kühe schlossen sich als lockerer Haufen an, trotteten friedlich über die Weide, als hätten sie noch nie irgendeinen anderen Gedanken zwischen ihren Hörnern gehabt. Hinter Kori erscholl ein Johlen, dann ein empörtes Muuuuuuuuuuuu! Zweifleck kam unter den Bäumen hervorgelaufen, stieß mit dem Schädel nach allen Seiten, unter ihrem Bauch baumelte der Euter; sie verlangsamte ihren Gang, trabte steifbeinigwürdig zur Herde und schob sich in deren Mitte. Trago gesellte sich zu Kori und ging neben ihr zum Pferch. »Sie ist dort bloß herumgetappt. Ich weiß nicht, was sie sich dabei dachte.« Er gähnte gewaltig, rieb sich die Augen und fing zu pfeifen an. Sein Gepfeife verstummte, als sie den Pferch erreichten; er warf Kori einen Seitenblick zu. »Nun warten wir also ab.«
»Nun warten wir.«
3. Auf einer anderen Wiese bei der Shaynamoshuer Töpferei am Wansheeri, dem Ort des Anschlags.
SZENE: Es ist spät am Abend. Der Wunde Mond erhebt sich im Osten als dicke, schartige Sichel. Ein von getrocknetem Schaum gestreiftes Pferd versucht trotz der hinderlichen Bißstange zu grasen. Ein schwarzgekleideter Knabe liegt in einer Blutlache. Auf ihm liegt verkrümmt eine zweite Gestalt, eine Frau. Eine fahle, geradezu durchscheinend-zarte, elfenhafte Erscheinung ruht auf ihr; daneben kauert eine zweite derartige Erscheinung.
Ein eisiger Lufthauch streifte Branns Nacken. Metall bohrte sich mit Wucht in ihren Rücken. In ihrem Innern ^flammte kalte Glut auf. Sie atmete mühsam, ihr war, als wäre sie mittendurch zerteilt worden. Ein gedämpftes Beben.
Die Knie gaben unter ihr nach, sie sah, wie sie auf die Gestalt des Knaben niedersackte, sah den Messergriff aus seinem Rücken ragen, sah auch noch Blut heraus sprudeln, dann sah sie gar nichts mehr.
Auf ihr ein leichtes Gewicht, Feuer brannte in ihr, Schmerz ... »Wach auf, Brann. Komm zu dir. Yaril braucht dich, sie ist dem Erlöschen nah.« Mit eindringlicher Stimme flehte Jaril sie an.
Sie blinzelte, ihre Augen fühlten sich wund an, verklebt. Einige Augenblicke lang tastete sie hilflos umher, fand dann unter den Händen festen Boden; es gelang ihr, die Arme zu strecken, sich hochzustemmen. Die Arme zitterten. Sie war entsetzlich schwach, das Maß ihrer Schwäche erfüllte sie mit Furcht. Das geringe Gewicht rutschte von ihrem Rücken, Yaril rollte zweimal um ihre Achse und blieb mit dem Gesicht neben der zerfurchten Landstraße im Gras liegen; sie war sehr bleich, fast durchsichtig. Auch Jaril war blaß, besaß aber noch einige Stofflichkeit mehr als sie. Brann schaute an sich selbst hinab. Beinahe all ihr Fleisch war dahingeschrumpft, die Haut hing ihr an den Knochen. Ihre Hände bebten, ein Gefühl der Elendigkeit beherrschte sie so gut wie
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