Brann 02 - Blaue Magie
Verfassung; auf sonderbare Weise schien der Leib um ein Jahrzehnt jünger als das Gesicht zu sein. »Man kann sie nicht mehr vergessen, diese Träume, der Körper lechzt nach dem Rauch, aber das gibt nicht den Ausschlag, deine wahre Gier gilt dem Inhalt der Träume. Du wirst dir selbst zuwider wegen deiner Schwäche, aber nach einiger Zeit magst du's nicht mehr ertragen, wie unfähig oder untüchtig du in der Wirklichkeit bist, und gibst dich abermals dem Traumrauchen hin. Und im Laufe der Jahre rauchst du immer häufiger, bis der Tag kommt, von dem an du nichts anderes mehr machst, und zuletzt stirbst du, während du träumst. Ich weiß Bescheid. Ich habe dergleichen mitangesehen. Dies Wissen sitzt in meinem Geist wie ein Leichnam. Um diesen Leichnam zu verdrängen, verfalle ich dem Rauchen immer stärker, und indem ich so handle, gehe ich auf ihn zu, nähere ich mich meiner vollständigen Demütigung und dem Tod. Ich bin nach Jade-Halimm gereist, um dich aufzusuchen, Brann, um dich zu bitten, mich von dieser Sucht zu erlösen. Lege mir deine heilenden Hände auf, Brann, mache mich gesund. Ich werde dir alles mitteilen, was ich über Cheonea und über Settsimaksimin weiß, ich werde dich begleiten und mit dir gegen ihn kämpfen, und du wirst mich brauchen, sogar du. Reinige meinen Körper und meinen Geist, Brann, tu's im Gedenken an die Freude, die du und mein Vater miteinander hattet und von denen er mir oft erzählte, tu's, weil du mich brauchst, wiewohl du daran nicht glauben magst, tu's aufgrund der Großmütigkeit deiner Seele.«
»Was veranlaßt dich zu der Überzeugung, ich könnte etwas tun, was du nicht kannst?«
Matt lächelte Ahzurdan. »Tungjiis Gelächter in meinem Kopf, Brann.«
»Bei Slyas krummen Zehen! Könnte ich ... könnte ich nur die Lüfte erklimmen ...! Aaah!«
»Was?«
»Diese elendige Horde von Scheusalen, die uns zu ihrem Spielzeug erniedrigt und tanzen läßt, um sich zu belustigen! Hör zu. Die letzten hundert Jahre habe ich als Töpferin verbracht, ich war 'ne verdammt gute Töpferin, manchmal habe ich sogar großartige Arbeit geleistet. Es hat mich völlig zufriedengestellt, Ton zu formen, Holz für die Brennöfen zu hauen, alles zu verrichten, was dazugehört.
Da kommt auf einmal ein Bote der Vergangenheit, die Kinder Harra Hazhanis, die ich einst gut kannte, ersuchen mich um Einhaltung eines vor zweihundert Jahren gegebenen Versprechens. Und gleich liege ich mit einem Messer im Rücken im Gras. Und was geschieht, als ich mich aufmache, um's meinem Gegner heimzuzahlen? Ich schlafe friedlich in einem teuren Zimmer eines kostspieligen Gasthofs, wache auf, weil Hunde heulen, vor meinem Fenster klettert ein junger Dieb über eine Mauer — und schau da, er ist der Enkel eines einstigen Bekannten, und sieh an, er steckt in Unannehmlichkeiten, weil er einem Zauberer die Seelen entwendet hat, der ein Enkel eines früheren Freundes, ja Liebhabers ist. Ich hab's schon einmal gesagt, das sind keine Zufälligkeiten, dahinter verbirgt sich ein Plan. Diese verfluchten Götter haben es wieder einmal auf mich abgesehen.«
»Und was gedenkst du dagegen zu tun?«
»Tja, am liebsten würde ich zu meinen Töpfen und Brennöfen heimkehren.«
»Aber?«
»Welche Wahl bleibt mir denn? Ich habe einen Eid geschworen, und es gibt 'nen Mann, der mich ermorden will. So. Nachdem wir das nun geklärt haben, leg dich hin. Zuerst auf den Bauch. Yaril, du kannst mir helfen, indem du dafür sorgst, daß wir nicht gestört werden.«
Branns Hände waren warm und erstaunlich kraftvoll. Ahzurdan dachte an ihre Bemerkung übers Holzhacken, vermochte sie sich dabei jedoch nicht vorzustellen. Sie hatte weiche Hände. Ohne Schwielen. Kurze, aber gepflegte Fingernägel. Sie arbeitete mit ihren Händen. Eine Töpferin. Er unterdrückte ein Schaudern, doch sie spürte es. »Es ist nichts«, sagte er. »Ich hatte nur einen beunruhigenden Gedanken, sonst nichts.« In engen Kreisen bewegten sich Branns Finger über seinen Kopf, erzeugten längs seiner Wirbelsäule Stränge von Hitze. Kräfte strömten ihm zu, zum erstenmal fühlte er sich im wirklichen Dasein so stark und lebendig wie in den Träumen, nur entspannter. Er brummte, als sie ihn in eine Gesäßbacke kniff. »Nun rede«, forderte Brann ihn auf.
»Mmmm ... Treue ... Wo endet sie? Das ist die Frage, nicht wahr? Er war mein Lehrer ... Arrrg, züchtige mein Fleisch nicht, Brann, das habe ich schon selber zur Genüge getan, in dieser Hinsicht bedarf ich keines
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