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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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die Kindertante an, schaute weg. Darauf wußte sie keine Antwort, hätte höchstens erwidern können, daß es ihr immer zuwider gewesen war, andere etwas für sich erledigen zu lassen; seit sie das Laufen gelernt hatte, war ihr keine Mühe zu groß gewesen, um alles zu lernen, was sie wissen mußte, damit sie alles selber machen konnte. Und zudem waren die Leute meistens sowieso dumm, sie redeten dummes Zeug; noch ehe sie zu lesen oder zu schreiben imstande gewesen war, hatte Kori Unsinn zu erkennen verstanden, und dazu war sie bereits mit knapp drei Lenzen fähig gewesen. Andere Menschen brauchten so lange, um irgend etwas zu begreifen, daß sie mit ihnen schrecklich ungeduldig wurde (allerdings lernte sie bald, es zu verheimlichen); Kinder und sogar viele Erwachsene vermochten mit ihren Scherzen nichts anzufangen, nicht nachzuvollziehen, was ihr Vergnügen bereitete, wenn sie mit Worten spielte, starrte man sie nur verständnislos an, außer es handelte sich um eine dermaßen derbe Ulkigkeit, daß sie nicht einmal einem Maultier entgehen konnte. Mit der Kindertante verhielt es sich nicht so, niemand würde sie dumm oder begriffsstutzig schimpfen, doch war sie ein so steifer Mensch, daß man unwillkürlich glaubte, sie erlaubte sich im Leben nie die kleinste Freude. Ohne den Grund richtig zu ersehen, war sich Kori darüber im klaren, daß sie von alldem nichts aussprechen konnte, all die Beweggründe, die sie sich dafür zurechtlegen mochte, warum sie begonnen hatte, was sie betrieb, weshalb sie Tres Bedrohtsein geheimhielt, all diese schlauen, trügerischen Rechtfertigungen würden unter dem kühlen, durchdringenden Blick der Kindertante platzen wie Seifenblasen.
    »Ich denke mir, ich brauche keine ausführlicheren Erklärungen.« Die Kindertante seufzte. »Hör zu, Kori. Du bist klüger als die Mehrzahl, und so etwas verursacht stets Verdruß. Du bist überheblich und schätzt deine Fähigkeiten höher ein, als sie zu bewerten sind. Es gibt sehr vieles, was du schlichtweg nicht verstehst. Ich frage mich, ob du jemals dazu bereit sein wirst, ernsthaft zu lernen. Ich durchschaue dich, Kind, ich bin einmal wie du gewesen. Wenn du im Owlyner Tal leben, wenn du mit dem Dasein zufrieden sein willst, dann mußt du deine Grenzen erkennen und dich innerhalb dieser Grenzen bewegen. Das ist Selbstzucht, Kori. In dir regen sich Anwandlungen, die du unterdrücken mußt. Es wird sich anfühlen, als schnittest du dir bei lebendigem Leibe Fleisch aus dem Körper, aber du wirst andere Mittel und Wege entdecken, um glücklich und zufrieden zu werden. Mehr als alles übrige brauchst du Freunde, Kori, vor allem Freundinnen, und du wirst sie finden, wenn du es willst und dir Mühe gibst. Du wirst sie brauchen, Kori, und wenn die Jahre verstreichen, wirst du sie nachgerade verzweifelt nötig haben. Ich hatte ohnehin vor, nach der Rückkehr mit dir ein Gespräch zu führen.« Sie hob eine Hand, fuhr sich damit über die Stirn, ließ die Hand zurück in den Schoß sinken. »Ich lege noch immer Wert auf das Gespräch, Kori, aber ich will das Zustandekommen dir überlassen, du kannst dich an mich wenden, wann immer du magst. Eines noch: Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie dein Leben wäre, müßtest du uns verlassen?«
    Kori verspürte ein Schaudern, rieb sich die plötzlich schweißigen Handflächen am über ihre Schenkel gespannten Leinen ab, als sie sich an das Mädchen in der Taverne entsann. »Ja«, antwortete sie im Flüsterton. »Ich habe ein Mädchen gesehen, eine Pro... Prostituierte.«
    Die Kindertante lächelte, schüttelte den Kopf. »Du erschreckst mich, Kind. Ich bin froh über deine wohlbehaltene Rückkehr und überrascht, daß das die Örtlichkeiten sind, die du ausgesucht hast.«
    Kori kaute noch ein wenig auf der Lippe, dann rutschte sie an der Bettkante entlang, bis die Hand der Kindertante in ihre Reichweite geriet. Sie nahm die Hand, drückte sie fest, schüttelte den Kopf, schaute die Kindertante an, empfand mit einemmal heftige Furcht, und Schweiß rann ihr in die Augen. Die Kindertante nickte, streichelte mit langen, kühlen Fingern Koris mit Quetschungen übersäte, schweißige Hände. »Ich kann mir denken, wie du dich fühlst. Leider mußt du im Laufe des Morgens am Losen teilnehmen, deshalb kann ich dich nicht länger als sonst schlafen lassen, Kori. Du mußt essen, du wirst bei Kräften sein müssen.« Sie stand auf und entzog Kori ihre Hand. »Wenn ich dir irgendwie helfen kann, Kori, dann gib mir

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