Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
angeht: Ihr wißt, wie lang ich gebraucht habe, um den gesamten Umfang der Einkreisung festzustellen, ungefähr eine Drittelstunde. Diesmal wird es erheblich schneller gehen, ich würde sagen, höchstens halb so lang, um die Ringe abzufliegen, und danach werden wir uns die Straßen zur Herberge vornehmen, auf beiden Seiten jedermann niederstrecken, das wird besser sein, falls sich in den Häusern Schnüffler verstecken. Das wird nochmals eine Zwölftelstunde dauern, mehr nicht, die Herberge ist von hier nicht übermäßig weit entfernt.«
    Brann fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, legte sich eine Hand in den Nacken, betrachtete mit ernstem Blick den Fußboden. Ahzurdan räusperte sich, aber als Brann abwinkte, hielt er den Mund. Abwartendes Schweigen. Daniel rieb seine Schulter an der Wand, gähnte. Schließlich hob Brann den Kopf. »Vorwärts, Kinder, erledigt es, so rasch es sich durchführen läßt, wir warten eine Zwölftelstunde lang ab, dann folgen wir euch.«
    Ahzurdan verbreitete zur rechten Zeit Nebeldünste durch halb Silagamatys, und zu viert eilten sie im Laufschritt durch die Schwaden, die die Finsternis der zweiten Nachthälfte nahezu undurchdringlich machte, vorüber an in Hauseingängen und unter Bäumen zusammengesunkenen Gestalten, durch eine Stille, so tief und vollkommen wie in einer Totenstadt. Auf halber Strecke zur Herberge stießen die Kinder zu ihnen, Ohreulen mit Kristallaugen und menschlichen Händen statt Krallen. Eine Eule sauste niedrig über Daniel hinweg, stieß einen Ruf aus, ließ ihm den
    Stunner in die Hände fallen, stieg höher und begann über dem Grüppchen weite Kreise zu ziehen. Sie schwirrten an der Herberge vorbei, und Kori huschte davon. Daniel Akamarino sah sie zwischen Sträuchern verschwinden, empfand noch mehrere Minuten lang um sie Sorge; doch als in dem Herbergsgebäude alles dunkel und ruhig blieb, kein Aufsehen entstand, legte sich seine Besorgnis, er hörte auf, sich ständig über die Schulter umzuschauen.

8. Kori Piyolss hat Schwierigkeiten mit der Kindertante.
     
    SZENE: Ruhige, schattendunkle Flure, beiderseits kleine Kammern ohne Türen; Schnarchen, Seufzen, Stöhnen, Fürze, Wimmern, Quietschen von Betten, das Drehen von Leibern auf Laken, eine Vielfalt solcher und ähnlicher Schlafgeräusche und -laute ergeben den Hintergrund, vermitteln den Eindruck, in einem zeitweilig gedämpften Meer des Lebens zu treiben.
     
    Nach dem letzten Blick in Daniel Akamarinos Richtung schlich sich Kori ins Buschwerk des Herbergsgartens, ertastete sich den Weg zu dem alten Wittliwein, der ihr als Klettervorrichtung aus und zu den Schlafräumen im zweiten Stockwerk diente. Sie schlug ihren Rock hoch, streifte die Sandalen ab und band sie an ihren Gürtel, setzte dann den Fuß in die unterste Gabelung der Ranke und begann zu klettern. Die zerfaserte, pergamentartige Rinde der Stränge bröckelte unter den kräftigen, flinken Griffen ihrer Hände ab, das staubgraue Laub bestäubte sie mit seinem pulverigen Belag, die dünnhäutigen, blauroten Beeren — sie vermied es, sie zu streifen, so gut es ging — platzten bei der leisesten Berührung und hinterließen Flecken, die zu entfernen es mehrmaligen Auswaschens bedurfte; die Rankenstränge knarrten hell, die Blätter rauschten leise, fast verstohlen, wenn sie aneinanderraschelten. All diese Dinge änderten sich nicht, Jahr für Jahr blieben sie gleich wie dem ersten Jahr, in dem man sie (voller Aufregung und Widerwillen war sie damals gewesen) zum Loswerfen hergebracht hatte, jedes Jahr war sie nachts aus der Herberge entwichen und insgeheim eine Stunde lang durch die Gärten gewandert. Von Jahr zu Jahr hatte ihr Wagemut zugenommen, scheu war sie selbst durch die gefährlichsten Straßen gestrebt, hatte von den Gefahren, die ihr drohten, einen nur undeutlichen Begriff gehabt, gerade soweit, daß er ihren abenteuerlichen Ausflügen einigen Nervenkitzel verlieh, nie hatte sich daran etwas geändert, nur sie hatte sich verändert. Jetzt war das Aufregende, das Spielerische dahin, in Koris Gemüt herrschte eine tiefsitzende, schwermütige Beklommenheit, die sie innerlich zusammenkrampfte.
    Sie streckte einen Arm aus und drückte behutsam gegen die Fensterläden der Wäschekammer; ein wenig von ihrer inneren Anspannung schwand, als sie lautlos nach innen schwangen, das Fenster sich ohne Umstände öffnen ließ. Eine Faust um einen Nebenstrang des ausgedehnten Weingewächses geklammert, der leise vor sich hinknarrte, reckte sie

Weitere Kostenlose Bücher