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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Owlyner Tal untergebracht waren und vermutlich den Schlaf der Gerechten und Unschuldigen schliefen, selbst jene, die gegen ihn standen, und bisweilen erkundete er im Spiegel auch die Straßen und Gassen, sah nach den Wachen und Beobachtern, die er rund um die Taverne verteilt hatte, beachtete jeweils kurz etliche Gestalten auf nächtlichen Streifzügen (zufällig bemerkte er dabei einen Einbrecher, der sich gerade am Hintereingang eines Juwelenhändlers am Schloß zu schaffen machte, er ließ ihn in die Luft emporsausen und schleuderte ihn in die Bucht). Wieder der Hafen: Der Mann mit den verschwommenen Umrissen saß noch auf dem Poller, er trank aus einem Weinschlauch und stierte hinaus aufs Wasser, sang vor sich hin und soff sich gemütlich voll; übersah man einmal seine sonderbare Verwaschenheit, ein völlig harmloser Bursche; Maksim setzte sich auf, betrachtete verdrossen die unscharfe Erscheinung, versuchte ein deutlicheres Bild zustande zu bringen. Von dem Mann gingen seltsame Schwingungen aus, und Maksim mochte es nicht, wenn sich in seiner Stadt rätselhafte Personen herumtrieben; schließlich zuckte er die Achseln, wechselte den Beobachtungsbereich. Wieder die Taverne: Er blickte durch die Augen seiner dortigen Stellvertreter-Spitzel, aber in der Schankstube spielte sich nichts ab. Erneut die Herberge. Völlig dunkel, alles schlummerte. Straßen und Gassen. Hafen. Taverne. Herberge. »Na, was haben wir denn da?«
    Im zweiten Stockwerk stieg eine kleine Gestalt aus einem
    Fenster und begann an dem Wein hinabzuklettern, der neben dem Fenster einen Teil der Hauswand überwucherte. Ein Mädchen war es; es hatte den Rock hochgesteckt und kletterte flinker von Ranke zu Ranke, als die meisten Menschen eine Treppe benutzten. Durch bloße Willenskraft machte Maksim das Bild des Spiegels schärfer. Er lächelte, als das Mädchen im Gras stand, die Sandalen anzog, den Rock ausschüttelte, das zerzauste Haar glattstrich. Das Kind lief ins Gesträuch, eilte mit deutlicher Sicherheit durch die Finsternis. Maksim setzte sich aufrecht hin, Lachen kollerte aus seinem dicken, straffen Bauch. »Kleines Frettchen.« Das Mädchen betrat die Straße und strebte gleichmäßigen Schritts in die Richtung der Bucht. »Aaaaah«, machte Maksim halblaut. »Du bist es, du also, wie erfreulich, dir so unversehens auf die Schliche zu kommen. He, Todich, sieh dir das an! Das ist mein gewaltiger Gegenspieler, ein Mädchen, höchstens zwölf Jährchen alt, ein dünnes, kleines Mädchen.« Die Kleine hielt sich im Dunkeln, so gut es möglich war, strebte entschieden vorwärts, wich Betrunkenen aus und rannte einem Mann davon, der nach ihr grapschte, floh durch einige Hintergassen und um ein Halbdutzend Ecken vor ihm, wurde ihn auf diese Weise los. Sie verschnaufte nicht, sah sich lediglich ein paarmal über die Schulter um, während sie den Weg fortsetzte, und schließlich fand sie die Richtung zum Hafen wieder, ein mageres, hochgradig angespanntes Mädchen, mal zu sehen, mal nicht, wie eine Traumgestalt in einem unzusammenhängenden Traum. »Ein Mädchen, ein Mädchen, bei Tungjiis Titten, warum muß es ein Mädchen sein? Es hat mehr Rückgrat als mein halbes Heer, Todich, ach, was könnte für ein Zauberer aus dem Kind werden, wär's ein Knabe und hätte das rechte Maß an Begabung. Blauaugen-Dan, Danni-Liebchen, dieses kleine Frettchen würde dich lebend verschlingen. Wär's kein Mädchen und hätt's Begabung. Was ist denn das?«
    Das Kind bog um noch eine Ecke und prallte gegen zwei Männer. Der größere Kerl packte es am Arm, warf es roh gegen die Mauer, während sein vierschrötiger, stämmiger Begleiter es triefäugig anglotzte. Mit einem Auflachen krallte der Große eine Pranke ins Haar der Kleinen, sagte etwas, riß mit einem Ruck ihren Kopf hoch. Ohne auf ihre Gegenwehr zu achten, blickte er über die Schulter den anderen Kerl an, sein Säufergesicht schnitt eine Reihe von Säuferfratzen. Der Untersetzte begann das Mädchen zu bedrängen, drückte es ans Gemäuer. Er küßte es ab, zerrte am Wickelband des Rocks, preßte mit einer Schulter, als es ihn zu kratzen versuchte, den anderen Arm des Mädchens ans Mauerwerk.
    »Säufer«, knurrte Maksim. »Schmutzige Schufte.« In einem unangenehmen Gefühlsgemisch aus Genugtuung, Mitleid und Scham beobachtete er Widerstand, Furcht und Zorn des Mädchens. »Du kriegst, auf was du's angelegt hast, kleines Frettchen, du hättest bleiben sollen, wohin du gehörst.« Indem es vergaß, wer und

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