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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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zu bringen. Vielleicht weil sie so müde war, machte sie sich diesmal keine sonderliche Sorge, wenigstens nicht um sich selbst; während der beiden letzten Monate hatten sich in ihrem Dasein so viele wichtige Dinge ereignet, daß sie irgendwie vollauf der Überzeugung war, auch diesmal würde sie das Los nicht treffen, noch ein einschneidendes Ereignis wäre schlichtweg zuviel. Sie sah zu, wie die anderen Mädchen an ihr vorbeischlenderten, um sich ebenfalls auf die Bank zu setzen, fragte sich, welches von ihnen das blaue Los erwischen würde und hier im Yron bleiben mußte, und wer das Goldene Los ziehen mochte, ob es dieses Mal ein Mädchen sein würde oder ein Knabe ? Hätte ich die ^ freie Wahl, sann Kori, würde ich das Goldene Los nehmen, wie schrecklich aufregend wäre es, so weit in die Ferne zu dürfen. Havi Kudush. Ein wunderbarer, zauberhafter Name, er weckte bei ihr Wünsche, mit denen sie sich lieber gar nicht erst befassen wollte, die es zu unterdrücken galt. Sie betrachtete die geheimnisvollen schwarzen Eier in ihrer Hand. Jede Kapsel enthielt eine Bleikugel, die Mehrzahl war in ihrem gewohnten Grau, wie man es von Blei kannte, eine war blau gestrichen; das Mädchen, das diese Kugel erhielt, blieb im Yron, um zur Lehrerin gemacht, oder um — falls Begabung und Anlagen dahin neigten — als Tempelhure geschult zu werden. Koris Mund zuckte. Sie bemühte sich um ein unbewegtes Gesicht, verkniff sich ein Lächeln. Polatea hätte sie für die Verwendung des Ausdrucks >Hure< gescholten, aber sie waren ja nichts anderes, die sich Amortis' Äcker nannten; allem zufolge, was Kori gehört hatte — wenn es stimmte —, wurden die Furchen dieser >Äcker< immer, immer wieder gepflügt. Gaah, so etwas war fast so greulich, wie es dem Mädchen erging, das sie in der Taverne am Hafen gesehen hatte. Eine der Kugeln in der Schale der Knaben war rot angemalt, der Bube, der sie in die Hand bekam, mußte ins Heer eintreten und das Kriegshandwerk erlernen oder die Yron-Schule besuchen, um Amortis-Diener zu werden. Das Goldene Los jedoch, ach, das Goldene ...! Jenes Kind, an das es fiel, das Goldene Los, durfte nach Havi Kudush, und dort, davon war Kori fest überzeugt, die wundervollsten Sachen tun. Ihr sollt in euch ein Goldenes Los haben, dachte sie, indem sie die zwei schwarzen Kapseln in ihren Händen ansah, wenn ich das gute, alte, altbewährte, ungefährliche graue Blei nicht noch einmal haben kann, soll es das Goldene Los sein. Mit raschen Blicken schaute sie sich im Saal um, senkte dann wieder die Augen. Hier bleiben zu müssen, könnte ich nicht ertragen.
    Sarana Piyolss, das jüngste der Mädchen, schlenderte an Kori vorüber. Die Auslosung ist für dieses Jahr ausgestanden, dachte Kori. Jetzt werden wir erfahren, wer die farbigen Kugeln gezogen hat. Beiderseits des Segensstuhls wurden zwei Pforten geöffnet, zwei Dreiergrüppchen traten heraus, an der Spitze kam jeweils ein Amortis-Diener in weißem Leinengewand, weißen Ledersandalen sowie kurzen weißen Handschuhen, gefolgt von je einem Mädchen und einem Knaben, alle gleichfalls in Weiß gekleidet; die Kinder trugen zwischen sich einen breiten, flachen Korb.
    Tiefes Schweigen und eine Stimmung beinahe unerträglicher Spannung herrschten im Saal. Ein Amortis-Diener blieb vor Sparran stehen, einer vor Dessi. Mit bedächtigen, gemessenen Gebärden, aufeinander eingestellt wie Krieger beim Drill, nahmen sie Sparran und Dessi die Kapseln ab und brachen sie auf. Wie aus einem Munde verkündeten die Amortis-Diener ein NEIN, ließen die Bruchstücke der Kapseln und die Bleikugeln in die Körbe fallen. Danach traten sie zu den nächsten Kindern in den beiden Reihen, wiederholten ihre Handlung und ebenso das NEIN; dann stand der Amortis-Diener auf der Seite der Mädchen vor Kori. Mit gleichmütiger Miene nahm er ihre schweißfeuchten Kapseln zur Hand, brach die erste Kapsel entzwei. Eine schlichte, graue Bleikugel rollte in seinen weißen Handschuh; er zerbrach die andere Kapsel. Neben die graue kullerte eine blaue Kugel.
    Kori starrte sie an, konnte nicht glauben, was sie sah. Sie blickte hoch. Er schaute sie an. Das warst du, dachte Kori, das hast du mir mit Absicht angetan. Sie machte den Mund auf und klappte ihn gleich darauf fest zu. Was konnte sie beweisen? Nichts. Erhob sie Einspruch, bescherte sie bloß ihrer Sippe Schwierigkeiten. Trotzig blickte sie zu dem großen, dunklen Mann hinauf, der auf dem Thron saß. Irgendwie komme ich da heraus, dachte sie

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