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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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stechend-schwarze Augen einen fiebrigen Glanz bekamen. Genug, dachte er, jetzt weiß ich genug, über das ich mir den Kopf zerbrechen kann. Er nahm sich zusammen, wieder erklang machtvoll seine Stimme, gänzlich ohne jedes Gezitter. »Aphistarti, oy yo Rosaper Rospall. Aphistarti entha da rospa.« Und wieder vollzogen seine Hände eine bestimmte Reihenfolge sinnlich-geiler Gesten.
    Die Gestalt des Besuchers fing zu schlottern an, einen Augenblick lang schien es, als wollte er dem Fortgeschicktwerden widerstreben, dann aber zerfiel seine Erscheinung, die Fetzen trieben auseinander und verblaßten.
    Maksim regte sich nicht, ehe die letzten Spuren der Erscheinung vollkommen verflimmert waren; danach erst seufzte er auf, ein Schaudern durchbebte ihn, er hing schlaff im Stuhl, schloß die Lider. Für eine ganze Weile blieb er so, atmete langsam und tief. Am Ende, als sein Schlafbedürfnis ihn zu überwältigen drohte, zwang er sich, die Augen zu öffnen, stemmte sich mit Hilfe seines Stabs aus dem Stuhl hoch. Er richtete sich auf, reckte sich, gähnte gewaltig, dann versetzte er sich hinauf in sein Schlafgemach, um sich einige Stunden des Schlummers zu gönnen, den er so dringend benötigte.
    Todichi Yahzi brachte gurrend Einwände vor, während er zuschaute, wie Maksim sich für die Auslosungs-Zeremonie ankleidete. »Schlaf, Mwahan, jeder kann dir ansehen, wie erschöpft du bist, du brauchst nicht dabei zu sein, es erfreut dich nicht, zugegen zu sein, warum gehst du hin?« Das wiederholte er, bis Maksim ihn anschnauzte und ihm Schweigen gebot.
    Später, während Maksim durchs Blätterrauschen des Gartens unterwegs war zum Yron, bereute er seine Barschheit, nahm sich vor, sich nach der Rückkehr zu entschuldigen. Armer, alter Todich, er konnte dauernd auf ein und derselben Sache herumhacken, natürlich ahnte er nicht, was für einen wunden Punkt er diesmal ausgesucht hatte. Man mußte, so lautete Maksims Ansicht, für seine Taten die Verantwortung tragen, man durfte nicht abseits stehen und so tun, als geschähe nichts. In den wirren ersten Tagen seiner Herrschaft, als Cheonea dicht davor stand, ins Chaos abzurutschen, hatte er sich diese Bürde aufgeladen. Als er erkannte, daß er den BinYAHtii würde benutzen müssen. Um ihn benutzen zu können, mußte man dem Stein Kraft zuführen, oder er speiste sich mit den Kräften des Benutzers. Seit vierzig Jahren führte er dem BinYAHtii Kräfte zu, zehnmal im Jahr, einmal im Monat. Vierzig Jahre lang beschritt er bereits einmal in jedem Monat diesen Gartenweg, setzte sich hinter dem schmucklosen, steinernen Geländer auf den Segensstuhl, sah sich an, wie die Kinder eintraten. Es war eine Art von Selbstbestrafung, es gewährleistete, daß er nicht vergaß, warum er solche Dinge tat. Wenn er duldete, daß Reichtum und Macht — durch das nahezu unbegrenzte Vermögen der menschlichen Seele, Selbstrechtfertigungen zu erfinden — ihn verdarben, dann wurden diese Kinder umsonst von ihren Eltern getrennt, dann starb eines der drei erwählten Kinder für nichts und wieder nichts.
    Am ausschließlich Maksim vorbehaltenen Nebeneingang wartete schon ein Amortis-Diener, öffnete ihm die Pforte und verbeugte sich, als er hindurchtrat.
    »Kori.« Polateas Stimme schreckte Kori aus wirren, von Empfindungen fürchterlicher Beklemmung begleiteten Träumen. Kori regte sich, setzte sich auf, rieb sich die körnig verklebten Augen.
    » Wie spät... ?«
    »Gleich Zeit^ fürs Frühstück. Wasch dich, zieh dich an und komm so schnell runter, wie du nur kannst, ich werde etwas zu essen für dich aufheben. «Polatea strich Kori ein paar Haarsträhnen aus den Brauen. »Wenn du willst, darfst du nach der Auslosung noch etwas schlafen.«
    »Falls mich nicht das Los trifft.«
    Ein gedehnter Seufzer. »Falls dich nicht das Los trifft.«
    Tre musterte Kori. »Deine Skods sind verdreht.«
    Kori schnalzte mit der Zunge, zupfte die eingenähten Bänder zurecht, die ihr Kopftuch hielten. Sie und Tre standen zusammen im Innenhof der Herberge und warteten darauf, mit den anderen Kindern in Einerreihen aufgestellt zu werden. Kori wischte sich mit einem Zipfel des Kopftuchs die Augen, sie war sich keineswegs sicher, ob es ihr gelingen würde, auf den Beinen zu bleiben, bis die Auslosung durchgestanden war; sie fühlte sich, als befände sie sich zwei Fuß unter Wasser, das hin- und herschwappte, sie von den Füßen zu kippen drohte. »Ich habe alles in die Wege geleitet«, raunte sie und bedeckte ihren Mund mit

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