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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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aber ausschließlich mit dem Verstand, mit dem Herzen begriff sie so etwas überhaupt nicht.
    Einen schlechten Gschmack im Mund, weil sie dabei war, das unglückselige Mädchen ebenso gewissenlos zu mißbrauchen, wie es damals dessen Schurke von Vater getan hatte, beugte sich Brann vor, lächelte Carup zu, bereitete sich inwendig darauf vor, ihr alles an Wissen zu entlocken, das sie über die Kurtisane und ihr Doulahar besaß. »Bist du geradewegs nach Dil Jorpashil gelangt?«
    Carup seufzte, entzog Brann ihre Hand, um vom unterdessen etwas abgekühlten Tee zu trinken. »Ja-ja, der Händler hat uns sofort in die Stadt gebracht.«
    »Und dann?«
    »Ich hatte Furcht... wegen der Äußerungen meines Vaters ... aber nichts derartiges geschah. Der Händler verkaufte mich als Dienstmädchen an die Chuttar Palami Kumindri.« Müde seufzte Carup auf, ließ sich jedoch zur gleichen Zeit einigen Stolz anmerken. »Bestimmt hast du von ihr gehört. Die Chuttar Palami Kumindri ist die begehrteste Kurtisane in ganz Dil Jorpashil.« Sie zog die Mundwinkel herab. »Der Hausverwalter behandelt mich übler als einen Köter. Ich muß schwer arbeiten, jeden Tag vor Sonnenaufgang aufstehen, er spricht kein Wort mit mir, er benimmt sich, als sähe er mich nicht einmal.«
    »Du bist also noch heute im Haushalt der Chuttar beschäftigt?«
    »Ja-ja.« Erneut seufzte Carup; ihre Lider sanken herab. Sie hatte die Aufregung verwunden und hätte sich wohl nun am liebsten hingelegt, um zu schlafen. Eine Gruppe Kaufleute eilte am Tisch vorüber, rempelten sie an; gewohnheitsmäßig duckte sie sich unwillkürlich, schob ihren Stuhl näher an den Tisch, versuchte sich möglichst klein zu machen.
    Brann preßte die Lippen aufeinander, sie ärgerte sich über die Kaufleute, weil sie sich dermaßen überheblich und rücksichtslos benahmen, aber auch über das Mädchen, weil es nicht den Mut hatte, sich dagegen zu verwahren; und ebenso über sich selbst, weil sie sich dazu außerstande fühlte, daran etwas zu ändern. »Wie lange ist das her?« erkundigte sie sich mit betont freundlicher Stimme.
    »Zehn ... Jahre ...« Carup blinzelte, straffte ihre Haltung. Das Blut wich ihr aus dem Gesicht, so daß das puterrote Muttermal sich von der übrigen blassen Haut um so schroffer abhob. Ihre Augen starrten an Branns Schulter vorbei.
    Brann wandte sich um. Die ältere Frau, die sich in der Begleitung des Mädchens befunden hatte — Elissy war ihr Name, hatte Carup gesagt —, lauerte unterm langettierten Saum des Segeltuchdachs und hielt verdrossen Umschau. Kaum schaute Brann hinüber, sah Elissy das Mädchen. Forschen Schritts kam sie an den Tisch. Brann stand auf und begrüßte die Frau mit erhobener Handfläche. »Der Götter Friede sei mit dir, Freundin Elissy.«
    »Ich bin nicht deine Freundin, elende Bettlerin. Carup, komm mit. Bei Sarimabaras Hörnern, was fällt dir ein, hier herumzutrödeln?« Sie heftete ihren bösen Blick auf Brann. »Wer bist du? Was hast du mit diesem Mädchen zu schaffen?«
    »Ich bin die Jantria Bar Ana.« Brann verkniff sich ein Lächeln, als sie plötzlich Bestürzung in der Miene der Frau sah, sie schlagartig ein anderes Gesicht aufsetzte. Im Verlauf der vergangenen zwei Wochen hatte sie anscheinend außerordentliches Ansehen gewonnen.
    Würdevoll nickte sie Elissy zu, richtete ihren Blick zurück auf Carup. Ich muß mehr erfahren, dachte sie, viel mehr, als ich bis jetzt herausgefunden habe. Das Mädchen wohnt seit zehn Jahren in dem Haus. Es ist nicht dumm, das arme Ding, als Blöde wär's womöglich besser dran. Du mußt etwas Entscheidendes unternehmen, Frau ... Sie faßte mit einer Hand Carups Schulter, drehte sich das Mädchen zu. »Carup Kalan«, fragte sie mit ihrer tiefsten Stimme, sprach mit vorsätzlicher Förmlichkeit, »würdest du mir dienen wollen? Mein Haushalt ist klein, aber hungern wirst du nicht müssen. Du müßtest meine Räume und deine Kammer sauberhalten, das Waschen erledigen, für unsere Mahlzeiten einkaufen sowie Speisen nach deinen Fähigkeiten kochen. Zur Gegenleistung werde ich dich deiner gegenwärtigen Herrin abkaufen und dich im Addala als Freie eintragen lassen. Ferner sollst du ein Zimmer mit Bett, Essen und Kleidung sowie je Woche fünf Dugnas bekommen.«
    Carups Gesicht verzerrte sich zu Fratzen, als mimte sie irgendwelche Ungeheuer, während sie Branns Vorschlag erwog, um einen Entschluß rang. Sie hatte Sicherheit, sie wußte, wo sie schlafen konnte, wo sie zu essen erhielt, daß sie

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