Brann 03 - Das Sammeln der Steine
Takk und fünf Dugnas und bekam eine Verkaufsbescheinigung ausgehändigt. Mit der Bescheinigung und Carup Kalan verließ er das Doulahar und begab sich mit ihnen ins Addala, wo man alles amtlich eintrug, beglich die Freilassungsgebühr, während der Tikkasermer dem Mädchen die bronzene Marke durchs linke Ohr stach, die es als Freie kennzeichnete. Er lieferte Carup und die Urkunden bei Brann ab, lächelte in aufrichtiger Freude, als sie ihm dankte und ihm sein Entgelt entrichtete. Dann ging er heim, um zusätzlich die Dankbarkeit seiner Gattin auszukosten.
8 Brann setzte ihre Tätigkeit als Jantria fort, lauschte dem Geschwätz der Weiber des Viertels, aber auch von Frauen aus entlegeneren Vierteln, indem sich ihr Ruf als Heilerin herumsprach, kamen immer mehr Frauen aus weiterem Umkreis zu ihr, sogar ein paar Gattinnen niedrigerer Isun, und sie heilte ihre Körper und tröstete, so gut es ihr möglich war, auch ihre Seelen. Dies Gewerbe strengte an, doch Brann betrachtete es als eine angebrachte Buße für den Betrug an dem Mädchen und für die mittlerweile alle zwei Nächte wiederaufgenommene Pirsch. In den Straßen von Dil Jorpashil ging die Seelentrinkerin um. Gesättigt und bedrückt kehrte sie heim, schwor sich, nie wieder in die Nacht hinauszuschleichen. Aber wenn der Hunger sie plagte, huschte sie doch davon in die Dunkelheit.
Carup blühte gehörig auf. Sie kochte, hielt das Haus sauber, nähte, kaufte von einem Teil ihrer kargen Bezahlung für Brann einen Stuhl, besserte Rücklehne und Sitzfläche aus und rieb das alte Holz blank, bis es nur so glänzte. Sie betätigte sich unentwegt in dem Häuschen, sang munter fröhliche Melodien, putzte überall, bis alles vor Reinlichkeit nachgerade strahlte. Und sie redete. Abend für Abend trank sie kannenweise Tee und redete. Und Brann hörte zu. Bisweilen lenkte sie die Gesprächigkeit des Mädchens in Richtungen, die ihr die Kenntnisse erschlossen, die sie über die Vorgänge in dem Doulahar haben mußte; doch sie brauchte die Unterhaltung nur selten und nie mit Nachdruck zu beeinflussen. Niemand hatte Carup Kalan zugehört, seit sie von der Mutterbrust entwöhnt worden war, kein Mensch hatte ihr je irgendwie Wertschätzung entgegengebracht; nicht einmal ihre Mutter.
Jaril betrug sich während dieser Zeit ruhelos und reizbar, war so zappelig wie ein Hund mit Flöhen. Immer wieder kehrte er — so wie eine Zunge an einen schmerzhaften Zahn — zu dem Doulahar zurück. Er konnte ihm einfach nicht fernbleiben.
»Die Chuttar hat am Nachmittag in ihrer feschsten Sänfte das Haus verlassen«, erzählte er Brann, »der Sänfte aus Ebenholz und mit silbernem Treppchen. Sie hat sich den Hügel hinauf zum Isullata-Sar befördern lassen. Dort ist sie noch immer, sie muß 'ne sehr unterhaltsame Frau sein.« »Gestern abend ist sie zu Hause geblieben«, berichtete er Brann eines anderen Morgens. »Zwei Adals und ein Zauberer haben ihr einen Besuch abgestattet. Nach ungefähr zwei Stunden sind die Adals gegangen. Der Zauberer war noch im Doulahar, als ich mich entfernte.«
»Sie war auf dem Markt, sie hat zwei Sklaven, einen lebenden Ochsen und mehrere Ballen Stoff gekauft. Ich weiß nicht, warum sie selbst hingegangen ist, mag sein, sie litt an Langeweile oder dergleichen.«
Und so ging es ständig. Jaril beobachtete die Chuttar Palami Kumindri bei Tag und Nacht; er flog so hoch über dem Doulahar, daß er keine Entdeckung zu befürchten brauchte, kreiste jeweils längstens eine Drittelstunde über dem Gebäude und ließ zwischen jedem Überfliegen zwei bis drei Stunden verstreichen. Vorsichtig war er, aber fernzubleiben vermochte er nicht.
Mehrere Tage vergingen.
Brann fertigte Grundrisse, Übersichten und Verzeichnisse der Gegebenheiten jedes Stockwerks im Doulahar an, zeichnete sämtliche Räume ein, in denen der Zutritt verboten war, und erarbeitete einen Überblick des Tagesablaufs, sammelte sämtliche Erkenntnisse, deren es bedurfte, um einigermaßen verläßlich zu ermitteln, wo die Chuttar Yaril gefangenhalten mochte, und um mit möglichst sicherer Aussicht ins Doulahar einzudringen, es auch wieder verlassen zu können, aber noch fiel ihr kein Plan ein, wie sich mit den Smiglar fertigwerden ließe. Und sie hatte noch keine Vorstellungen in bezug auf Camps Zukunft. Beides mußte geklärt werden, ehe sie handeln konnte.
Und wieder brach ein Sambar-Feiertag an.
Wie schon gewohnt setzte sie sich mitten zwischen die Bußfertigen und Bittsteller, umtönt vom
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