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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Slip-slap und
    Kliccklack von Gebetsketten, die durch schwielige Finger glitten, vom Brummein alter Weiber — manchmal erinnerte es an das Gesumme von Fliegen —, die im Heiligtum hockten, weil sie sonst nirgendwohin gehen konnten, vom Rattern der Trommeln und Singsang der Feiernden, die sich alle Mühe gaben, um Sarimbara tiefer in den Schlummer zu singen.
    Umwallt vom Qualm überreichlich entzündeten Räucherwerks, der den Räuchergefäßen entquoll, die die Feiernden bei ihrer stündlichen Prozession durch den Anbetungssaal schwenkten, schimpfte Brann eine Zeitlang bei sich auf Maksim, verwünschte ihn, allerdings nur halb im Ernst. Danach begann sie sich um ihn Sorgen zu machen. Ihm mußte irgend etwas in die Quere geraten sein. Womöglich Jastouk? Der kleine Lump würde die eigene Mutter wegen ihres Zahngolds verschachern. Das Mädchen in Silili? Wie lautete der Name? Kori Sowieso. Aber alle Mutmaßungen hatten keinen Sinn. Und gegenwärtig konnte sie für ihn weder Zeit erübrigen, noch sonst irgendwelche Aufmerksamkeit. Carup. Sie rief sich ein Bild Carups vors geistige Auge. Sah man einmal über das Muttermal hinweg, begutachtete ihren Wuchs, zudem Nase, Mund und Augen, trennte kaum etwas sie vom Schönsein. Sie war schlank, hatte aber breite Hüften und pralle Brüste, die Art von Körper, wie die Männer der hiesigen Völkerschaften sie jeder anderen weiblichen Gestalt vorzogen. Zwar hielt sie sich stets weitgehend bekleidet, doch hegte Brann die Überzeugung, daß die puterrot verfärbte Haut sich über den gesamten Leib erstreckte, wahrscheinlich vom Hals bis zu den Fersen. Ohne diesen Makel nähme ihre Familie sie möglicherweise wieder auf. Ob ich so etwas beseitigen könnte? Nun ja, Jaril und ich müßten jedenfalls gemeinsam dazu imstande sein. Ich kann sie unmöglich, Freie oder nicht, allein so zurücklassen. Genausogut könnte sich sie eigenhändig erdrosseln, das liefe aufs gleiche hinaus. So etwas wie Maks für Kori getan hat, nämlich sie auf eine Schule schicken, kann ich für sie nicht leisten. Sie verfügt ohnehin über keine magische Begabung. Sie hat an solchen Dingen auch kein Interesse. Sie ist dazu geboren, die Gattin eines Mannes zu sein. Mitgift? Soviel kann ich ihr zur Verfügung stellen. Die Haut, die Haut, kann ich irgendwie ihre Haut des Mals entledigen? Jaril und ich haben schon Schwieriges bewältigt. Ja. Den Makel an ihrem Äußeren vermag ich zu beheben. Ihr Herz hingegen kann ich nicht verändern. Es braucht mehr als Magie, um achtzehn Jahre des Kriechens zu überwinden.
    Ein schlaksiges Bürschlein mit geschorenem Schädel betrat schüchtern und verlegen den Anbetungssaal, es schien nur aus Knochen und Knorpel zu bestehen, trug unterm Arm eine Dakadaka, grauer Staub bedeckte die Haut seine Füße und Knie, war in die rückwärtigen Falten seiner weiten, weißen Dhoti gerieben. Es schlurfte in den erhöhten Bereich, in dem Sarimbaras Ikone aufgebaut stand, ließ sich wie ein Sack auf die Dielen plumpsen. Auf dem Gesäß schwang sich der Bursche herum, beschmierte Körper und Kleidung mit noch mehr Staub, schlang die Beine um die Dakadaka und begann aufs doppelte Trommelfell zu wummern, entlockte den straff gespannten Schlangenhäuten ein gedämpftes Gerumse. Mehrere Nachzügler, einige ältere Sarimbara-Anbeter, latschten in lockerer Folge herein, Männer mit rasierten Schädeln, bekleidet mit orangeroten Dhotis; hinter dem Bürschchen setzten sie sich in einem unregelmäßigen Halbkreis nieder und stimmten einen eintönigen Gesang an, ein ausgedehnt-verschlungenes, langweiliges Schlaflied für die Göttin, deren Aufmerksamkeit sie mehr fürchteten als eine Vernachlässigung. Die Tempelbesucher, in der Mehrzahl Frauen, untermalten den Singsang mit ihrem wortlosen Gesumme, erfüllten den Anbetungssaal mit einem andauernden Geräusch, als ob verdorrtes Laub über den Boden raschelte.
    Brann summte mit, verschnaufte dabei von dem vielfältigen Kopfzerbrechen, das ihr die mehrfache Zwickmühle bereitete, in der sie stak. Sie ließ die Perlen der Gebetskette durch die Finger gleiten, Slip-slap, Kliccklack, die dunkelbraunen Samenkapseln waren durch die Finger der Benutzer längst zu sprenkligem Glanz verwetzt worden, um und um wanderten sie, erzeugten eine gedämpfte Begleitung zum Trommeln, Singen und Summen.
    Der Tag verstrich langsam, doch er verstrich, und mit ihm vergingen Branns Zögerlichkeit und Unsicherheit. Sie kehrte mit dem Entschluß in ihr Häuschen heim, ihre

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