Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
durchfahren. Fünf Tage, vielleicht sechs, wenn wir in Limni Sacca'l mehr Fracht laden als ich erwarte.«
    »Es wundert mich, daß ihr überhaupt Ladung bekommt. Wer wollte denn hier schon freiwillig wohnen?«
    »Ambijaker. Sie sind alle 'n bißchen verrückt.«
    Kori patschte sich die Hand auf die Brust, so daß von ihr ein Staubwölkchen aufwallte. »Ich glaub's aufs Wort. Darf ich fragen, was für Fracht 's hier zu befördern gibt?«
    »Segeltuch. In Jaxin webt man die dichtesten, festesten Stoffe, die man findet. Ich denke mir, sie müssen so sein. Nur dann halten sie den Staub fern. Ich verwende solches Tuch jedesmal, wenn neue Segel hergestellt werden müssen. Die Jaks mischen auch farbechte Farbstoffe, so was kann man stets überall gut verkaufen, vor allem für neue Farbtöne. Arzneien. Opale, 's gibt irgendwo im Hinterland Gruben. Ich frage nicht lang.« Mehr spürte Kori sein gedämpftes Auflachen, als daß sie es hörte. »Die Ambijaker sind mit Worten ohnehin so sparsam wie mit Blut. Mit ihrem, nicht fremdem Blut, letzteres vergießen sie im Zweifelsfalle reichlich. Richtige Verrückte. Aber sie kennen mich, deshalb erlegen sie sich im Umgang mit mir einige Mäßigung auf.«
    »Mmm.« Trotz des Schleiers quollen Kori Tränen in die Augen, und ihre Haut fing zu brennen an. Sie lugte an Karoumangs Kopf vorbei, versuchte die Sonne zu erkennen. Sie sah nur einen stumpf-gelbbraunen Himmel. »Welche Zeit mag's sein?«
    »Dritte Wache rückt näher. Willst du essen?«
    »Allmählich neige ich dazu. Ich glaube, ich werde wieder unter Deck gehen, dieser Wind schält mir die Haut flöckchenweise ab. Besteht Aussicht auf ein Bad?«
    »Du wirst dafür arbeiten müssen.«
    »Dir den Rücken bürsten, hä?«
    »Ganz genau.«
    Kori rieb die Schulter an ihm. »Für 'ne Gelegenheit, mich zu waschen, tu ich alles. Saö Schiffsherr.«
    »Das werd ich mir merken. Vielleicht können wir sogar heißes Wasser haben.«
    »Ach, was für ein Segen, am Leben und mit dir zusammen zu sein.« Kori lachte auf, befreite sich aus der Umschlingung seiner Arme und duckte sich in den Wind, als sie sich auf den Rückweg unter Deck machte.
     
    8 Einen trüben Tag nach dem anderen segelte die Miyachungay flußaufwärts. Der Wansheeri strömte träge dahin, floß durch breite Biegungen und reihenweise vorhandene Schleifen. Er führte Schlamm, ab und zu auch einen Tierkadaver, jedoch nur wenige Baumstämme; in Ambijan betrachtete man Bäume als Gewächse von hohem Seltenheitswert, und jeden Stamm, der aus den Bergen so weit herabtrieb, fischten die Jaks, kaum daß sie ihn erspähten, sofort aus den Fluten und brachten ihn an Land. Unaufhörlich blies der Wind aus dem Osten, ein kalter trockener Wind, der die Gedanken auf Abwege brachte und Schwermut verursachte. Sein Sausen verstummte nie, es dämpfte alles andere, verminderte die sonst gemütlichen Hintergrundgeräusche des Schiffs zu einer Art von Gewimmer; Worte verstand man schon in wenigen Schritten Abstand vom Sprecher nicht mehr; Besatzung und Fahrgäste verständigten sich gleicherweise durch Brummlaute oder laut gebrüllte, einzelne Wörter, nicht anders. Nie erlahmte die Kraft des Winds, ohne Unterlaß wehte er nach Westen, Westen, Westen. Wenn der Fluß ostwärts abbog, mußte man das Schiff gegen den Wind voranbringen; strömte der Fluß westwärts, durfte nicht einen Augenblick lang in der Wachsamkeit nachgelassen werden, weil die Gefahr bestand, daß der Wind das Schiff packte und an ein Ufer drängte, ehe man das Unglück abzuwenden vermochte; es durch die Flußbiegungen zu steuern, erforderte einen gewaltigen Aufwand an Schweiß, Stoßgebeten und Flüchen in gleichen Maßen. Fast am schlimmsten war es, wenn das Schiff gerade nach Norden segelte; dann drohte der Wind es seitwärs vom Kurs zu wehen. Karoumang fand wenig Schlaf, jede Nacht nur ein paar schweißige Stunden wirrer, scheußlicher Alpträume. Wenn er in diesen Nächten Korimenei nahm, geschah es wild und roh, er tat es so, um seine Angespanntheit und Zermürbung zu lindern, die sich während des Tages in ihm stauten und ihn zermarterten.
    Wer sie war, zählte ihm dabei weniger, wesentlich blieb, daß er sie greifbar hatte. Eigentlich hätte sie deswegen verdrossen sein müssen; zu anderer Zeit und unter anderen Umständen wäre sie wütend gewesen, hätte sie ihm womöglich ein bis drei Narben beigebracht, um sich ihm für länger erinnerlich zu machen, doch gegenwärtig dachte und empfand sie nicht so; vielmehr

Weitere Kostenlose Bücher