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Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Brann 03 - Das Sammeln der Steine

Titel: Brann 03 - Das Sammeln der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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schien ihre Antwort zu überhören. »Du hast ein Jahr lang Zeit. Laß mir zwei Monate. Begleite mich zur Verabschiedung Koris von der Schule. Sobald ich dort fertig bin, habe ich die Hände frei. Sowas habe ich noch nicht erlebt, Brann, noch nie hat irgendwer, ob Mensch oder Gott, mich dermaßen gründlich von irgendeiner Stätte ausgesperrt, als wäre ich 'n Zauberlehrling im ersten Lehrjahr.«
    »Nein, Maksi, wir müssen jetzt eingreifen. Es muß unbedingt sofort etwas unternommen werden.«
    »Versetze ich dich nicht mittels Magie zum Ort der Höhle, wirst du bloß fürs Hingelangen zwei Monate brauchen. Ebensogut kannst du mir zwei Monate für die Erledigung meiner Aufgaben zugestehen.«
    »Wäre jenes Fluggerät, das der Blaue Danny gebaut hatte, nicht zerschmettert worden, müßte ich dich heute nicht um deine Unterstützung anbetteln. Es verdrießt mich, Maksim, doch ich habe keine Wahl. Bitte ... Erfülle dein Hilfsversprechen. Ich bitte dich nicht aus Trotz oder Verranntheit.
    Ich stehe auch nicht unter Jays Einfluß. Es ist so ... Ich weiß nicht, wie ich's erklären soll, 's ist ein Gefühl, eine Art von Ahnung. Sie besagt, daß es jetzt zu handeln gilt. Anders kann ich mein Drängen nicht begründen. Bitte, Maksi. Soll ich vor dir auf die Knie sinken?«
    »Nein!« Er schnauzte sie regelrecht an. »Nein«, wiederholte er ruhiger. »Hier.« Er streckte ihr eine Faust entgegen, und Brann hielt die Hand auf. »Das sind die Rufmichs. Benötigst du meinen Beistand, zermalme einen unter dem Fuß. Ich werde bei dir sein, bevor du den nächsten Atemzug getan hast. Falls ich dich finden kann.« In grimmiger Unzufriedenheit ließ er ein halbes Dutzend von Wasser geglätteter Quarzkiesel in Branns Handteller fallen. »Falls 's möglich ist. Solltest du von mir, ähnlich wie die Höhle, abgeschirmt werden, dürft's unmöglich sein.«
     
    8 Die Seelentrinkerin schlich durch Kukuruls Straßen und Gassen.
    Eine Bande halbwüchsiger Diebe huschte durch den Nebel und fand am Treffpunkt ihren Anführer erschlafft und leblos auf den dreckigen Pflastersteinen vor.
    Aus einem Fenster sprang, ein Bündel über der Schulter, ein Kinderräuber. Aus der Dunkelheit fuhr eine Hand, patschte gegen seinen Hals. Eine Dogge jaulte, bis ein Hauswächter zum Vorschein kam, um einen Stein nach dem Tier zu werfen. Der Hauswächter hörte den Säugling schreien, sah das Bündel und den Toten, weckte mit seinen Rufen das ganze Haus.
    Ein Meuchelmörder machte sich daran, das Wohnhaus eines Kaufmanns zu erklimmen. Als am Morgen die Straßenkehrer vorüberzogen, entdeckten sie seinen Leichnam, der zusammengekrümmt an der Mauer lag.
    Im Schwarzen Haus schlug ein Mann einen Knaben, schlug ihn langsam und genüßlich tot. Nachdem er fertig war, verließ er das Gebäude, schlenderte befriedigt zwischen seinen beiden Leibwächtern des Weges. Sein Gärtner fand alle drei tot unter einem Strauch.
    So geschah es, wenn die Seelentrinkerin umging.
    In der naßkalten Morgenfrühe lasen Kukuruls Straßenfeger die Leibeshüllen auf, die sie hinterließ, schmissen sie auf den Schinderkarren, um sie zur Verbrennung zu befördern.
    In der naßkalten Morgenfrühe zogen die Kula-Priester durch die verwundenen Straßen, geboten den neuen Geistern Schweigen. Diese Geister waren höchst aufgebracht und zeigten alle Laune, jedem ringsherum das Leben zu vergällen. Sie widerstrebten den Beschwörungen der Priester, unterlagen ihnen jedoch, wallten davon, indem sie von unterdrückter Wut waberten. Der Wind wehte sie fort, vereinte sie mit dem Nebel über der Bucht und dem Strandgut älterer ausgetriebener Seelen.
     
    9 Am Abend vor der dritten Nacht erstieg Brann in Jarils Begleitung den Berg oberhalb des Gasthofs und wartete droben auf Maksim.
    Der Wunde Mond stand als verschwommener gelber Fleck am westlichen Himmel, und eisige Nebelschwaden umwogten die Bergkuppe; die Felsen hielten in Gestalt etlicher finsterer, schlüpfriger Klüfte und Schrunde für den Fuß des Unachtsamen so manche tückische Falle bereit. Brann hüllte sich enger in den Umhang und verwünschte halblaut die Halsstarrigkeit, mit der Maksim auf gerade dieser Örtlichkeit als Ausgangspunkt ihrer Unternehmung bestanden hatte. Gleichzeitig jedoch empfand sie ein fast abartiges Vergnügen an der Umgebung, das Dunkel befand sich im schönsten Einklang mit der Düsternis in ihrem Innern. Jaril war noch unzufriedener als sie mit dieser Stätte. Er behielt das Äußere einer Dogge bei, hatte aber

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